» Anarchistisches
Lockdownverlockungen
Gedicht von John Locke, nebst Verweis auf eine hübsche Rezension einiger Versuche, die nun schon seit 2020 im Aufbau befindliche neue Normalität zu kritisieren
Auf der Seite des DJ Superspreader findet sich eingebunden in die 5. Folge von Virus Radio folgendes sogenannte Gedicht. Außerdem findet sich dort aber auch eine hübsche Rezension einiger Versuche, die nun schon seit 2020 im Aufbau befindliche neue Normalität zu kritisieren, „ohne dass dabei etwa das altnormal verteidigt worden wär.“ Unter anderem dreht es sich um die Websweite Ausnahmezustand 2020, den Zündlumpen, die Magazinredaktion.tk, die Aktion 4.0 und die Zeitung „In der Tat“ sowie um schöne Sachen wie die Giftmischerin, bei der sich „Geschmacklose und obszöne anarchistische Provokationen und Interventionen gegen Medizin und Wissenschaft“ finden oder um einige schöne Rosen und um noch einiges mehr. „Diese Kritik aus verschiedenen Kreisen hat natürlich weniger Öffentlichkeitsaufmerksamkeit erhalten als bürgerliche Oppositionsbewegungen, wobei deren altmodisch reaktionärer Teil als Buhmann sogar medial sehr beworben wurde, da eine falsche Opposition den Herrschenden allemal lieber ist als die radikale theoretische und praktische Kritik aller herrschaftlichen Verhältnisse.“
Zündlumpen stellt erscheinen ein
Der Zündlumpen gab einige Jahre lang dem ehrlichen Anarchismus eine Stimme. Insbesondere während des Autoritarismus der letzten 1 1/2 Jahren blieb er stabil, nicht ohne ins Kreuzfeuer einiger Linker, inklusive sozialverträglicher Anarchisten zu geraten. Die Herausgeber haben nun keine Lust mehr und stellten das Erscheinen ihrer Zeitung ein. Mögen die an diesem Projekt Beteiligten an anderer Stelle ins Geschehen eingreifen. Viel Glück!
Freunde und Liebhaber dieses Flügels seien einstweilen auf den Giftschrank verwiesen.
Zur Auflösungserklärung des Zündlumpes.
Julien Coupat et al.
Wir haben gesehen
Im September 2020 zeitgleich von Terrestres und Reporterre veröffentlichter Text unter anderem von Julien Coupat, der schon vor einigen Jahren einige Bekanntschaft erlangte, da man ihn einige Zeit verdächtigte, Mitverfasser des Pamphlets ‚Der kommende Aufstand‘ zu sein. Der Text wurde im Oktober 2020 von Olaf Arndt, Janneke Schönenbach und Wolfgang Löbert ins Deutsche übersetzt und erschien in der 13. Ausgabe der online erscheinenden Aktion 4.0.
Avis de tempêtes
An die Krone gekettet
Exemplarisch für eine Fraktion des Anarchismus sei hier die Übersetzung eines Textes dokumentiert, der am 15. März in Avis de tempêtes #27 erschien. Übernommen von non.copyriot.com
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«Die furchterregendste Tyrannei ist nicht die, die den Anschein von Willkür erweckt, sondern die, die mit der Maske der Legalität bedeckt zu uns kommt.» – A. Libertad, 1907
Angesichts der sich weltweit ausbreitenden Covid-19-Epidemie und der drastischen Maßnahmen, die von China bis Italien nacheinander folgen, stellt sich als erstes die Frage, wer zwischen der Henne der Autorität und dem Ei der Unterwerfung derzeit den größten Schaden anrichtet. Diese abrupte staatliche Beschleunigung von Kontrollen, Verboten, Schließungen, Militarisierung, Verpflichtungen, Medienbombardierungen, roten Zonen, Priorisierung von Toten und Leiden, Beschlagnahmungen, Einsperrungen aller Art, die typisch für jede Kriegs- oder Katastrophensituation sind, fällt nämlich nicht vom Himmel.
Lundi Matin
Der Coronavirus und der Ausnahmezustand in jedem Einzelnen
Exemplarisch für eine Fraktion des Anarchismus hier die Übersetzung eines Textes, der am 4. März auf Lundi Matin erschien
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„Der Körper ist das Ziel schlechthin der souveränen Macht.“
Wir wollen denen, von der extremen Rechten bis zur Linken, die vorgeben, daß unsere Imperien sich tatsächlich um ihre Bevölkerung sorgen – „dieses Mal wollen sie wirklich unser Bestes“ –, anders formuliert: daß unsere Imperien frei von Interesse in dieser Gesundheitskrise sind, antworten, indem wir ein paar Anmerkungen zu der hervorragenden Darstellung von Agamben in Il Manifesto vor drei Tagen hinzufügen.
» Wertkritisches
Nachtrag zur neuerlichen Wertabspaltung
Als Beispiel für die nun etwa 2 Jahre zu spät innerhalb der linksradikalen Restbestände auftretenden Spaltungstendenzen wurde hier der Text Haben Sie „Gesundheitsdiktatur“ gesagt? von Anselm Jappe dokumentiert, der von der Zeitschrift Exit abgelehnt wurde. Der Vollständigkeit wegen sei noch darauf hingewiesen, dass diese Spaltung zunächst von einem Referat auf einem internen Seminar dieser Gruppe ausging, aus dem ein zweiteiliger Text hervorging. Der erste Teil versucht den Linken ein wenig die Datenlage näher zu bringen, die sie bislang erfolgreich verdrängt hat und eignet sich für Leute, die gerade anfangen, Halbschwurbler zu werden. Der zweite Teil versucht sich einer theoretischen Deutung der letzten zwei Jahre und eignet sich für Leute, die lange theoretische Texte lesen.
Andreas Urban & F. Alexander von Uhnrast: Corona als Krisensymptom? Thesen zu Ursachen und historischen Bedingungen eines globalen Nervenzusammenbruchs
• Teil 1: Auf der Suche nach dem „Killervirus“
• Teil 2: Pandemischer Nervenzusammenbruch
Außerdem von Andreas Urban der Versuch, diese Spaltung etwas nachzuzeichnen: Ein Gespenst geht um in der Wertkritik. Anmerkungen zur wert(abspaltungs)kritischen Corona-„Debatte“
Haben Sie „Gesundheitsdiktatur“ gesagt?
Ein Text von Anselm Jappe nebst Anmerkungen von Karl Rauschenbach
Erfreulicherweise fängt die radikale Linke ein wenig an, sich zu streiten. Exemplarisch sei hier ein Anfang Januar 2022 geschriebener Text von Anselm Jappe aus dem Milieu der sogenannten Wertkritik gespiegelt, der sich insbesondere deutlich gegen die Impfpflicht und Gesundheitsdiktatur richtet. Die Wertkritik als verdinglichter Terminus einer Subsekte der deutschen Linken geht auf den ehrenwerten und leider zu früh aus dieser Welt geschiedenen Robert Kurz zurück, der sich Anfang der 1990er im Rahmen der Zeitschrift Krisis zusammen mit einigen Verbündeten wie Ernst Lohoff, Norbert Trenkle, Claus Peter Ortlieb oder Roswitha Scholz einer grundsätzlichen Kritik aller Momente moderner kapitalistischer Herrschaft widmete. Es wurde eine kleine Schule daraus, mit den üblichen Schulspaltungen. Die Hauptlinie vererbte sich in die Zeitschrift Exit. In dieser sollte der Artikel von Anselm Jappe erscheinen, nur dass die Redaktion das ablehnte, was zu einer weiteren Spaltung führte. In der Begründung der Exit-Redaktion heißt es, dieser Text hätte „eine offene Flanke zu Coronaleugnern und Verschwörungsphantasien“. Da es keine offene Flanke ohne eine ordentliche Breitseite geben darf, dazu einige aus Anlass des Texts von Anselm Jappe geschriebene und im Internetmagazin MagMa erschienene Anmerkungen für halbschwurbelnde Linke, die künftige Gesellschaftskritik betreffend von Karl Rauschenbach.
Außerdem der Verweis auf einen Nachtrag zur Spiegelung des Texts von Anselm Jappe, zwecks Verweis auf einen anderen, längeren Text derselben Strömung, der vielleicht noch mehr zu dieser Spaltung beitrug.
» Andere Autoren
Adelheid von Stösser
Lockerung der Pflegehaftbedingungen
Eine der frühen Gegnerinnen der Cornoahysterie war in Deutschland Adelheid von Stösser. Im Besonderen schreibt sie über die Situation in den Pflegeheimen, nachdem man die Alten dort eingesperrt hatte. Daher sei hier einer ihrer Artikel gespiegelt, geschrieben nach der teilweisen Aufhebung des Besuchsverbots in diesen Verwahranstalten.
Weitere Artikel zum Thema von Adelheid von Stösser:
Marianne Gronemeyer
Corona
Exemplarisch für eine Fraktion des Feminismus hier ein Text von Marianne Gronemeyer, der in der Juni–Ausgabe der Zeitung Streifzüge erscheinen wird, aber zuvor schon von einem Feministischen Zusammenschluss gegen den Corona–Lockdown im Internetz veröffentlicht wurde. Dort finden sich zudem auch einige Texte von Giorgo Agamben. Außerdem verfaßte diesert Zusammenschluß einen Aufruf: Wir fordern die Kritikfähigkeit zurück!
Rede des französischen Staatspräsidenten
Die Welt ist aktuell in Aufruhr. Allgemeiner Lock Down. Gigantischer Drill. Etwa der französische Präsident führt seine Nation gegenwärtig in einen großen Krieg gegen einen Virus. Lassen wir ihn ein wenig zu Wort kommen, da er vielleicht einige Aspekte dieser Krisis etwas zu klären vermag:
Die internationale Ordnung ist stärker denn je ins Wanken geraten. Vor allem, wenn ich das so sagen darf, treten tiefgreifende Veränderungen zum ersten Mal in unserer Geschichte in nahezu allen Bereichen auf und nehmen historische Ausmaße an. Es ist vor allem eine geopolitische und strategische Neuordnung.
Kleine Rechtsgeschichte für Spätgeborene (23. März ff.)
Viele Menschen, insbesondere Medienschaffende, kamen erst am oder nach dem 23. März 2020 auf die Welt. Für sie ist eine „Kontaktsperre“ und „Ausgangsbeschränkung“ die normalste und selbstverständlichste Sache auf der Welt, denn sie sind ja mit ihr aufgewachsen. Eine Ausgangssperre? Was ist das, Boomer? „Es gibt in Deutschland keine Ausgangssperren“, hört man immer wieder – gerade auch aus den öffentlich-rechtlichen Medien jener sechs Bundesländer Bayern, Berlin, Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und dem Saarland, in denen die gesamte Bevölkerung seit dem 23. März 2020 nur noch unter staatlich überwachtem Vorbehalt ihre Wohnungen verlassen, bzw. den öffentlichen Raum betreten darf.
Contre le dictat de la peur
Déclaration de médecins au sujet de la crise du coronavirus
Le texte ci-dessous est la traduction d’une déclaration écrite par un collectif de médecins et soignants berlinois, praxiskollektiv reiche 121, publiée sur leur site internet en mars 2020 (dernière actualisation le 31/03/2020): https://www.praxiskollektiv.de/aufruf-gegen-die-angst Leur site donne également les références de plusieurs professionnels de la santé et scientifiques qui estiment différemment voire de manière opposée la situation actuelle, en comparaison du «worst-case-scenario», nourri par «la rhétorique de la guerre, la submersion de la population avec des chiffres épidémiologiques, qui sans comparaison avec les chiffres de la «situation normale» ont justement tendance à produire des visions apocalyptiques et surtout ceci: la propagation de la peur et de la panique».
Gegen das Diktat der Angst
Erklärung Eurer Hausarztpraxis zur Coronakrise
Das Praxiskollektiv in der Reichenberger Strasse 121 hat eine Sonderseite zum Coronavirus eingerichtet. Dort findet man auch Links zur im weiteren Sinne liberalen Opposition innerhalb des medizinischen Sektors. Nämlich unter anderen Wolfgang Wodarg, Prof. Sucharit Bhakdi, Prof. Ioannidis, Prof. Mölling, Prof. Streeck und Prof. Dr. Stefan Hockertz. Dazu ein sogenannter Risikoforscher, Prof. Gerd Gigerenzer, zwei Wirtschaftsprofessoren, Prof. Margit Osterloh und Bruno S. Frey, sowie den Statistikprofessor Gerd Bosbach.
Außerdem hat dieses Kollektiv eine gute Erklärung abgegeben. Verantwortungsbewußt. Lest und verbreitet sie.
» Tote Autoren
Shakespeares Cäsar über Todesangst
»Der Feige stirbt schon vielmal, eh’ er stirbt,
Die Tapfern kosten einmal nur den Tod.
Von allen Wundern, die ich je gehört,
Scheint mir das größte, daß sich Menschen fürchten,
Da sie doch sehn, der Tod, das Schicksal aller,
Kommt, wann er kommen soll.«
William Shakespeare: Julius Cäsar
Ausschnitte aus Überwachen und Strafen von Foucault – 1975
Nach einem Reglement vom Ende des 17. Jahrhunderts mussten folgende Maßnahmen ergriffen werden, wenn sich die Pest in einer Stadt ankündigte. Vor allem ein rigoroses Parzellieren des Raumes: Schließung der Stadt und des dazugehörigen Territoriums; Verbot des Verlassens unter Androhung des Todes; Tötung aller herumlaufenden Tiere; Aufteilung der Stadt in verschiedene Viertel […] Der Raum erstarrt zu einem Netz von undurchlässigen Zellen. Jeder ist an seinen Platz gebunden. Wer sich rührt, riskiert sein Leben: Ansteckung oder Bestrafung.
Peter Hacks: Über Corona
»Ich bringe noch das Beispiel des Corona-Virus bei. Da sind Leute, die vorgeben, im Zeitalter von Corona anders schreiben zu müssen als in präpandemischen Zeitaltern. Warum bloß? Daß, was sie mit dem Coronavirus meinen, in Wirklichkeit eine gesellschaftliche Sache ist, zeigt das unterschiedliche Verhalten von Ost- und Westdeutschen dem Coronavirus gegenüber. Hier in der DDR geht das Interesse an Corona über das Interesse jedes denkenden politischen Menschen an der Frage von Kapital und Arbeit nicht hinaus. Hier geht kein Mensch mit Corona zu Bett. Hier sagt kein Mensch, wenn er sich einen Schrank kauft: ›bald kommt sowieso das Virus, ich nehme den billigeren‹. Aber das ist eine typische Haltung eines Bürgers der Bundesrepublik. Für die Westmenschen ist Corona ein Symbol, an dem sie ihre gesellschaftlich verursachte Angst und Unsicherheit aufhängen. Das Coronavirus ist das Unvorhersagbare, Schlimme, also das, was jedes Mitglied einer anarchischen, krisengeschüttelten Gesellschaft stündlich erwartet; nun endlich haben sie für dieses unerklärliche Grundgefühl einen faßbaren Anlaß, einen Fetisch. Die Angst kristallisiert sich an Corona; das Virus ist nicht Ursache der Angst. Die Angst ist ja viel älter. Die Angst interessiert die Kunst sehr, Corona überhaupt nicht.«
Peter Hacks: Literatur im Zeitalter der Wissenschaften (das Wort »Atombombe« durch »Corona« ausgetauscht, genommen von Lyzis Welt)
KNUTSCHT WEITER!
NACH RONALD M. SCHERNIKAU
Im Jahr 1984 hatte der schwule Kommunist und Dichter Ronald M. Schernikau einen Text veröffentlicht, der auf die Panik vor dem Horrorvirus seiner Zeit reagierte: HIV. »Fickt weiter!« empfahl er seinen Mitmenschen – entgegen der allgemeinen Stimmung. Nun gibt es wieder ein vermeintliches Horrorvirus und eine in keinem Verhältnis stehende Panik, die den Ausnahmezustand der Regierungen zu legitimieren hilft. Weil unsere Zeiten weitaus prüder sind als die Schernikaus, tritt das Knutschen an die Stelle des Fickens. Von beiden rät die Regierung einer der modernsten Städte der Welt mit dem Hinweis auf den medizinischen Nutzen der Masturbation inzwischen ab. Allerorten wird die soziale Distanz geübt. Kommunisten werden mehr und mehr gemieden wie eine ansteckende Krankheit, insbesondere auch in linken Kreisen. Die eigene Meinung ins Internet zu schreiben, dürfte alsbald für gesünder erklärt werden als politische Versammlungen. Wer aber das bessere Leben will, wird es auch riskieren müssen. Die Verführung der Macht liegt darin, eine Existenz ohne Risiko zu versprechen, die folgerichtig auf das Opfer hinausläuft. Die Entscheidung über Leben und Tod wird an die Verfügenden delegiert, die das Leben selbst kassieren. So verlieren wir die Vorstellung, dass es noch etwas zu gewinnen gäbe. Und dann haben wir alles verloren.