NICHT MEHR MAGAZIN
Das MAGAZIN war eine Zeitschrift, die in zwangloser Folge von 2004 bis 2010 erschien und seit ihrer Einstellung vollständig online archiviert ist.
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Bartholomäus Edenschläger
Der Coronalist erzählt vom Shotdown (Folge 2)
Ja, die Zeit nach dem Shotdown oder so war echt hart. Aber man wächst ja mit die Herausforderungen. Isso. War immer schon so. Wie hat Steinmeier in seine Osterpredigt so schön gesagt: „Wir Deutsche verlangen uns auch sonst viel ab und trauen uns viel zu.“ Wahrscheinlich hat er damit den Zweiten Weltkrieg gemeint, oder die Wiedervereinigung oder so etwas. Und dass wir auch in diese Krise wachsen werden hat er gesagt. Das war die Aufmunterung zu Ostern, Auferstehung und so, weil Gottesdienste ja praktisch verboten waren. Mir war das aber schon lange vor Ostern klar. Ganz lange!
The Big Shutdown – Aufzeichnungen aus dem Corona-Krieg 01
Prosecco-Laune und die Leidenschaft der Zerstörung
Von Horst Pankow
Nun ist ja nicht alles schlecht unter dem deutschen Corona-Regime. So finden seit einigen Wochen nicht nur im öffentlichen Nahverkehr Berlins so gut wie keine Ticket-Kontrollen mehr statt. Aus Sicherheitsgründen, beeilen sich Corona-Sympathisanten, Angehörige einer neuen Sozialspezies, die es laut Umfragen immerhin auf weit mehr als 80% der Befragten bringt, mitzuteilen. Da könnten doch schlimme Dinge passieren, wenn Kontrolleure und Kontrollierte in erregte Dispute einträten, die, man weiß ja wie das abläuft, stets mit dem wechselseitigen Austausch infektiöser Speicheltröpfchen verbunden wären. Selten hat sich der Corona-Kritiker über eine „Argumentation“ von Corona-Sympathisanten so gefreut wie über diese. Denn, auch wenn man davon ausginge, ein Ende der gegenwärtigen Veranstaltung sei, wenn auch nicht in absehbarer Zeit, so doch immerhin noch zu Lebzeiten der Beobachter, durchaus denkbar, den „Kontrolletis“ würde man so bald und so häufig wie früher nicht wieder begegnen.
Bartholomäus Edenschläger
Der Coronalist spricht (Folge 1)
Ja, natürlich gebe ich Ihnen gerne Auskunft über unsere Quarantäne. Keine Frage! Wenn ich in meinem Alter – also ich werde bald 80 – und ich tue alles dafür, dass ich das auch noch erlebe! – wenn ich etwas zur Aufklärung beisteuern kann, ist das für mich Lohn und Ehre genug. Aber es geht gar nicht um mich, sondern um uns alle. Wir haben jetzt die erste Corona-Welle in Deutschland erstmal mit einem blauen Auge hinter uns. Aber wir sind noch ganz am Anfang der Pandemie, das muss allen klar sein. Das sagt die Wissenschaft, das sagt die Politik. Und das sage ich auch.
Weiter geht’s
(In der Sprache der Verwaltung, nicht der Poesie – zum Zwecke der Publikation der Schmach)
Der Fortschritt der Gesellschaften, in denen kapitalistische Produktionsweise herrscht, erscheint als eine endlose Krisenfolge, die gegenwärtige Krise als ihre Reinform. Die dieser Krisenfolge, zumal in ihrer jetzigen Gestalt, ganz angemessene Funktions- und Verlaufsweise dieser Gesellschaften ist die Einbindung ihrer Einzelelemente, der Menschen, in die Verwaltung, sei es in Form der statistischen oder staatsbürgerlichen Einbindung, der Einbindung durch Betreuung, der Einbindung durch aktive Teilnahme, der Einbindung durch Recht, der Einbindung als Konsumenten immer neuer Waren. Die Verwaltung arbeitet mit den Mitteln der Abstraktion und Verallgemeinerung, historisch betrachtbar am Beispiel der größeren Kriege des letzten Jahrhunderts oder – dies führt näher an das demokratische Heute – an Beispielen wie der Sowjetunion oder dem Nationalsozialismus, sehr früh allerdings auch schon an den Gesellschaften, die sich mit und seit der Französischen Revolution die Verwirklichung der Menschenrechte vorgenommen haben und dazu sich in aller Regel der politischen Form der parlamentarischen Demokratie bedient haben, einer Form, die unter Behauptung der Gleichheit ihrer Elemente, der Menschen, alternativlos diese zur Verwaltbarkeit modellieren muß.
Contre le dictat de la peur
Déclaration de médecins au sujet de la crise du coronavirus
Le texte ci-dessous est la traduction d’une déclaration écrite par un collectif de médecins et soignants berlinois, praxiskollektiv reiche 121, publiée sur leur site internet en mars 2020 (dernière actualisation le 31/03/2020): https://www.praxiskollektiv.de/aufruf-gegen-die-angst Leur site donne également les références de plusieurs professionnels de la santé et scientifiques qui estiment différemment voire de manière opposée la situation actuelle, en comparaison du «worst-case-scenario», nourri par «la rhétorique de la guerre, la submersion de la population avec des chiffres épidémiologiques, qui sans comparaison avec les chiffres de la «situation normale» ont justement tendance à produire des visions apocalyptiques et surtout ceci: la propagation de la peur et de la panique».
Horst Pankow: Von Caligari zu Corona
Erstaunliche Tiefschürfung auf den Bahamas
War eigentlich der Doctor Caligari ein Philanthrop? Noch vor einigen Jahren hätte diese Frage unter Cineasten, Psychohistorikern und diskurskritischen Entrümplern eines vermeintlich repressiven Humanismus als Gegenstand wissenschaftlicher Arbeiten, von Seminaren und Kongressen Spitzenwerte in der Publikumsbeurteilung erzielt. Inzwischen dürfte man auch dort etwas gelassener sein. Ja, selbstverständlich, würde man sagen, war er das, denn man wisse doch längst, dass die schlimmsten Dinge den besten Absichten entsprängen.
Gerade nochmal gut gegangen…
Ein Märchen aus urneuen Zeiten
Jemand musste sie verleumdet haben, denn ohne dass sie etwas Böses getan hätten, mußten die Menschen eines Morgens feststellen:
Somebody changed the lock on my door to the world!
Rede des französischen Staatspräsidenten
Die Welt ist aktuell in Aufruhr. Allgemeiner Lock Down. Gigantischer Drill. Etwa der französische Präsident führt seine Nation gegenwärtig in einen großen Krieg gegen einen Virus. Lassen wir ihn ein wenig zu Wort kommen, da er vielleicht einige Aspekte dieser Krisis etwas zu klären vermag:
Die internationale Ordnung ist stärker denn je ins Wanken geraten. Vor allem, wenn ich das so sagen darf, treten tiefgreifende Veränderungen zum ersten Mal in unserer Geschichte in nahezu allen Bereichen auf und nehmen historische Ausmaße an. Es ist vor allem eine geopolitische und strategische Neuordnung.
KNUTSCHT WEITER!
NACH RONALD M. SCHERNIKAU
Im Jahr 1984 hatte der schwule Kommunist und Dichter Ronald M. Schernikau einen Text veröffentlicht, der auf die Panik vor dem Horrorvirus seiner Zeit reagierte: HIV. »Fickt weiter!« empfahl er seinen Mitmenschen – entgegen der allgemeinen Stimmung. Nun gibt es wieder ein vermeintliches Horrorvirus und eine in keinem Verhältnis stehende Panik, die den Ausnahmezustand der Regierungen zu legitimieren hilft. Weil unsere Zeiten weitaus prüder sind als die Schernikaus, tritt das Knutschen an die Stelle des Fickens. Von beiden rät die Regierung einer der modernsten Städte der Welt mit dem Hinweis auf den medizinischen Nutzen der Masturbation inzwischen ab. Allerorten wird die soziale Distanz geübt. Kommunisten werden mehr und mehr gemieden wie eine ansteckende Krankheit, insbesondere auch in linken Kreisen. Die eigene Meinung ins Internet zu schreiben, dürfte alsbald für gesünder erklärt werden als politische Versammlungen. Wer aber das bessere Leben will, wird es auch riskieren müssen. Die Verführung der Macht liegt darin, eine Existenz ohne Risiko zu versprechen, die folgerichtig auf das Opfer hinausläuft. Die Entscheidung über Leben und Tod wird an die Verfügenden delegiert, die das Leben selbst kassieren. So verlieren wir die Vorstellung, dass es noch etwas zu gewinnen gäbe. Und dann haben wir alles verloren.
Wessen Krise?
Ein Gespräch zwischen einem Nachdenklichen und einem Besorgten über das Corona-Virus und die Gesundheitskrise – auch als Selbstgespräch ein und derselben Person vorstellbar
A: Alle reden übers Virus. Wir nicht.
B: Wir nicht? Doch, auch wir. Bekommst Du denn nicht mit, was los ist?
Gruppe Z: Der ultimative Corona-Guide
Zur (Selbst-)Heilung von Phobien empfohlen
Ein komisches Volk, diese ewigen Studenten, zumal die kritischen. Gerade zurecht aber erfolglos gegen die Legalisierung der Sterbehilfe protestiert, von der Adorno-Lektüre noch nie mehr verstanden, als dass da etwas über „die Abschaffung des Todes“ geschrieben steht, und schon bietet Corona die Erlösung, mit professioneller Stubenhockerei und bravem In-die-Armbeuge-Husten das Leben alter und kranker Menschen doch noch zu retten und gegen die Sterblichkeit des Menschen Amok zu laufen, die eine Erfindung von Truthern und Aluhutträgern sei. Das ist zwar schon irgendwie peinlich, aber harmlos: Eine Woche freiwillige Quarantäne und sie sind so kindisch geworden, dass man ihnen die einfachsten Dinge der Welt höchstens noch begreiflich machen könnte, indem man zu ihnen wie zu Erwachsenen spricht, die die Embryonalstellung eingenommen haben und ohne Unterlass am Daumen lutschen.
Kleine Rechtsgeschichte für Spätgeborene (23. März ff.)
Viele Menschen, insbesondere Medienschaffende, kamen erst am oder nach dem 23. März 2020 auf die Welt. Für sie ist eine „Kontaktsperre“ und „Ausgangsbeschränkung“ die normalste und selbstverständlichste Sache auf der Welt, denn sie sind ja mit ihr aufgewachsen. Eine Ausgangssperre? Was ist das, Boomer? „Es gibt in Deutschland keine Ausgangssperren“, hört man immer wieder – gerade auch aus den öffentlich-rechtlichen Medien jener sechs Bundesländer Bayern, Berlin, Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und dem Saarland, in denen die gesamte Bevölkerung seit dem 23. März 2020 nur noch unter staatlich überwachtem Vorbehalt ihre Wohnungen verlassen, bzw. den öffentlichen Raum betreten darf.
Dokumentation einer ausgefallenen Veranstaltungsreihe
100 Jahre „Märzrevolution“ im Ruhrgebiet
Einige Anarchistinnen und Kommunisten wollten mit einem Aktionswochenende an ein weitgehend vergessenes Kapitel der alten Arbeiterbewegung erinnern, die sogenannte „Märzrevolution“ 1920 im Ruhrgebiet. Leider fielen fast alle geplanten Veranstaltungen, wie so vieles andere, dem Seuchenschutz zum Opfer. Zumindest einen Teil der Inhalte gibt es jetzt ersatzweise online.
Bagatellen einer Zeitenwende
Der neue Verordnungsstaat war gerade im anrollen und die offiziellen Dementis kündigten die Aktion an. Keine Ausgangsperre, hieß Ausgangsperre morgen oder übermorgen. Wir schließen die Bars nicht, nämlich erst ab Dienstag, hieß dann, wir schließen sie heute, also am Sonntag den 14.3.2020. Da das Gerücht schon rumging, ab in die Kneipe. Irgendwann kommt die Ordnungsmacht. Ohne Dekret, nur mit einem völlig unspezifischen Auszug aus dem Seuchengesetz und mit der Anordnung, innerhalb einer Stunde, den Laden zu räumen. So begann hier die sanfte Quarantäne. Die Tage drauf wurde eine umfangreiche Kontaktsperre verhängt, die Gesellschaft in den Gips gelegt, also spricht man einer Freundin gegenüber von Diktatur.
Von linken Waschzwängen und schmutzigen Methoden
Nebst einer ersten Skizze zu einer Metzgeroperette
Der kommunistische Tresen hatte das Glück, die Coronakrise schon ohne Corona durchgemacht zu haben. Social Distancing wurde in diesen Kreisen konfus betrieben, bevor es als Hashtag überall verbreitet wurde. Einfach, weil man einander plötzlich nicht mehr riechen mochte. Insbesondere trat die Frauenantifa Nemesis in Erscheinung, den Kommunistischen Tresen unter denjenigen zu verschreien, die eben noch gut gelaunt ihr Bier auf eben diesem Tresen tranken. Und so konnte man in diesem Kreis schon über Waschzwang reden, bevor er als staatlich befohlenen Neurose endgültig allgemein wurde.
(Der folgende Betrag einer Genossin, erschien zunächst auf diesem Facebook, nachdem dort die den Tresen bislang lose organisierenden Individuen aufgefordert wurden, den Text der Fantifa zu kommentieren. Allerdings wurde er mitsamt des Threads von einem selbsternannten Miniwächter der Ordnung gelöscht.)
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