15.11.2015, 15:00
Nieselregen in Neukölln – Kombidemo für Kurdistan und Palästina

Es nieselt. Ein Haufen Leute, zusammengesetzt aus einigen trotzkistischen Attrappen, einigen Pseudostalinisten, einigen kurdischen, türkischen und palästinensischen Linken und vielleicht sogar einigen Sympathisanten, sammelt sich am Rathaus Neukölln. Mit dabei auch einige Postautonome der Radikalen Linken Berlin. Insgesamt ein elender Haufen für elende Ziele. Kurdistan und Palestina sollen frei sein. Insbesondere geht es darum, jede politische Bewegung auf eine Feindschaft gegen Israel festzulegen, diesen Juden unter den Staaten. Das erscheint diesem Subspektrum der Linken vor dem Hintergrund notwendig, daß die PKK nicht mehr uneingeschränkt gegen Israel ist und umgekehrt auch einige Israel nicht feindlich gesinnte Genossen durchaus einige Sympathie für die PKK hegen, wenn auch mit Vorbehalten und meist ohne persönliche Kontakte. Praktisch und damit jenseits der hiesigen Befindlichkeiten kämpfte die PKK bei der jüngsten Rückeroberung Sindjars zusammen mit den protürkischen irakisch-kurdischen Perschmerga gegen den Islamischen Staat. Die Luftunterstützung erfolgt durch die US-Armee, die dem nordsyrischen Ableger der PKK außerdem gerade 50 Tonnen Waffen abwarf. Bei solchen Turbulenzen gerät das alte Koordinatensystem ein wenig durcheinander; dessen sture Aufrechterhaltung war das erklärte Ziel dieses Umzugs.
Dann der Anpfiff. Vom Lauti wird verkündet, dass die Polizei das Rufen von „Kindermörder Israel“ und „Tod den Zionisten“ verboten hat. Spontan wird eine Variation angestimmt: „Meuchelmörder Israel“, dann „Intifada bis zum Sieg“ und ein müdes „Türkei Terroristen“. Der Umzug setzt sich in Bewegung, auf der gegenüberliegenden Straßenseite wird kühn eine Fahne Israels hochgehalten. Sofort setzen sich einige Schläger aus dem Umfeld der legendären neuköllner Kleinbande „Zusammen Kämpfen“ vom Demozug ab, gehen auf Angriffsmodus und rennen auf die Fahnenschwenkerinnen zu. Die uniformierte Schlägertruppe wiederum reagiert schnell, geht ihrerseits auf Angriffmodus und rettet die Angegriffenen vor der aggressiven Minimeute, indem sie sie in Gewahrsam nimmt – die, die die Israelfahne geschwenkt hatten. Verdacht auf Landesfriedensbruch. Nach über einer Stunde wird der Vorwurf dann fallengelassen, die Bullen haben nochmal mit einem Juristen telefoniert und herausgefunden, daß das Schwenken der Fahne Israels noch nicht den Frieden der BRD bricht und das wars dann auch: אֵין כָּל חָדָשׁ תַּחַת הַשָּׁמֶשׁ. Die Demo selbst krakeelte noch ein wenig in Neukölln und Kreuzberg rum. Am Kotti wurde dann scheinbar doch noch von einem Verzweifelten „Kindermörder Israel“ angestimmt, wofür er – von seinen Genossen isoliert – von der Staatsmacht eine kurze Erinnerung an die Demoauflagen erhielt.