Ad Imperialismus
Nebst Spieglung eines Beitrags der Gruppen gegen Kapital und Nation und Verweis auf einen anderen Blog
Die Linke ist seit Jahren von einer Sprachlosigkeit gegenüber den Geschehnissen der internationalen Politik geprägt. Allenfalls hat sie eine gewisse Moral auf ihrer Seite. Aber so sehr letztlich die Moral einen Faschisten von einen Humanisten unterscheidet, sie ist ein schlechter Ratgeber in politischen Fragen. Man denke nur an die im Namen der Moral und vorgeblich gegen die neurechte Gefahr gerichtete Propaganda für die Europawahl seitens vieler auch radikaler Linken, die in ihrer naiven Form doch einfach nur auf die Unterstützung des deutsch-europäischen Imperialismus hinausläuft. Selbst noch die gerechte Sympathie für Kapitän Rackete und die Abscheu vor der Regierung Salvini in Italien erzeugt einen bitteren Beigeschmack, wenn man den zu Grunde liegenden wirtschaftlichen Konflikt zwischen Zentrum und Peripherie Europas hinzunimmt, der immerhin erklärt, warum sich dieser Solidarität auch Steinmeier angeschlossen hat. Dann wieder die neu aufgeflammte Solidarität der Linken mit der PKK, da diese nun einige Gebiete Nordsyriens regiert: Man stand dort Seite an Seite mit Obama, der die Kurden in Kobane bis zuletzt zappeln lassen hat, um dann die nach Unterstützung bettelnde PKK als imperialistische Fußtruppe zu missbrauchen. Die Folge: Die Landverbindug nach Afrin wurde nie erkämpft und schließlich sogar Afrin selbst an die Djihadisten der Türkei verloren. Dafür wurde das arabische Raqqa zerstört und eingenommen und da hockt die PKK nun, von vielen Sunniten, gelinde gesagt, misstrauisch beäugt. Derweil droht der Abzug ihrer momentanen Schutztruppe und damit der vollendete Einmarsch der von der Türkei protegierten Gotteskrieger in die verbliebenen Kantone Nordsyriens. Oder aber schon die Androhung dieses fortgesetzten Einmarsches führt zu einem Schwenk der Kurden unter die Schirmherrschaft von Assad, mit dessen Truppen die PKK bislang den offen Krieg fast vollständig vermieden hat. Die PKK immerhin war und ist durch ihre Lage gezwungen, sich gut und oft moralfrei in den objektiven imperialistischen Gegensätzen auszukennen, so dass die Linke von ihr nur lernen kann und teils auch lernt.
Jedenfalls haben die sich am Rande der hiesigen Linken befindenden Gruppen gegen Kapital und Nation schon vor einiger Zeit eine Schrift zum Thema Imperialismus veröffentlicht, die hier gespiegelt sei. Sie hebt sich von vielen linken bis liberalen Positionen dadurch ab, dass sie von objektiven ökonomischen wie politischen Interessen ausgeht und von jeder Moral in der Außenpolitik abstrahiert. Man findet dort daher nicht das übliche Ressentiment gegen Trump, Putin, Orban oder Salvini und genauso keine Parteinahme für Trump, Putin, Orban oder Salvini. Nicht einmal für die alten Lieblinge der Linken von den Kurden, Basken, Iren bis zu den Palästinensern. Der Text ist äquidistant wie es sich für eine kommunistische Zelle in Abwesenheit einer kommunistischen Bewegung oder gar Partei ziemt. Während die Fischsaurier und die Flugsaurier mit großem Getöse auf einander losbissen, waren die kleinen Säuger längst im Besitze der Zukunft. Sie hörten die Saurier brüllen und sprachen unter sich: wovon reden die Leute? Die Kämpfe der Echsen gingen sie insofern an, als sie Ursache hatten zu achten, daß ihnen keine auf den Fuß trat, in anderer Hinsicht nicht. (Peter Hacks)
Dann wieder ist die Äquidistanz ein wenig steril, da man nicht genau weiß, was man aus der gleichmäßigen Ablehnung aller politischen Akteure für einen Schluss ziehen soll, gerade wenn eine politische Parteinahme geboten ist, wie im Fall der PKK. Ein Thema, dass der Essai geflissentlich auslässt. Aber auch im Allgemeinen führt der Versuch, die übliche Melodramatik durch nüchterne Analyse zu ersetzen, hier dazu, die tektonischen Verschiebungen im Weltgefüge nicht in ihrer Tiefe zu begreifen. So werden die diversen außenpolitischen Eskapaden Trumps gedeutet, als „sein Versuch die Weltordnung wieder auf Kurs zu bringen. Damals wie heute soll sie einfach den Zweck haben, die eindeutige Überlegenheit der USA zu sichern.“ Ein wenig so, als ob im Grunde alles beim Alten bliebe. Diese eindeutige Überlegenheit der USA ist aber allein die Illusion der Gegner Trumps. Die USA haben den 20-Jährigen Krieg gegen den Irak verloren und gleich danach ihre Leading-from-Behind-Operation gegen Syrien. Dabei geht ihnen die Türkei verloren. An einen Krieg gegen den Iran glaubt niemand und auch nicht daran, dass sie den Pazifik den Chinesen noch streitig machen könnten oder wollten. Der chinesische Marshallplan treibt diese Länder eher in die Shanghai Cooperation Organisation und was ist eigendlich mit dem gegen China gerichteten Freihandelsabkommen CTIP passiert? Selbst in der Ukraine geht der Weg tendenziell wieder Richtung Ausgleich mit Russland, zumal ihr Deutschland den Gastransit abnehmen könnte und dieses Land dann endgültig betteln gehen muss. Aber seien wir fair: Das Fracking funktioniert, wenn auch zum Verdruss vieler Indianer, und immerhin England könnten sie bekommen, da Trump die Queen jüngst mit seinem Trade Agreement becirct hat und wenn Johnson seinen Job macht. Aber selbst das ist alles andere als ausgemacht, zumal der Plan Johnsons demnächst Labor aus der Defensive locken dürfte, die eigentlich keinen solchen „neoliberalen“ Brexit wollen. Aber viele Briten sind anscheinend recht stur in dieser Sache. Und dann mal sehen, ob die USA wenigstens ihren ureigenen Hinterhof behalten dürfen. Der treibt aber inzwischen eifrigen Handel mit China und selbst Maduro sitzt eigentlich weiter unbehelligt im Amt. Aber Mexiko immerhin ist in Sachen Grenzschutz eingeknickt. Auf diese Weise wird jedenfalls der Dollar nicht mehr ewig Weltwährung bleiben. Fragt sich eher, wer die Schulden am Ende noch bezahlt bekommt. Weit entfernt also, die ursprüngliche Größe wieder herstellen zu können, handelt es es bei der Trump’schen Außenpolitik darum, die USA zunächst mal auf ihre wirkliche Größe zu reduzieren. Das ganze Tamm-Tamm der Trump’schen Twittereien übertüncht dabei den dafür absolut notwendigen strategischen Rückzug aus der weiten Welt nur notdürftig. Man missversteht viele der politischen Vorgänge momentan grundsätzlich, wenn man Trump die Parole abnimmt, er wolle die USA wieder groß machen.
Neben dem nüchtern-neutralen Text der Gruppen gegen Kapital und Nation sei daher noch der sehr informierte und für Russland nüchtern-parteiische Blog analitik.de angeführt, der die gestreckte Reduktion der USA auf eine Großmacht unter vielen mit mehr Häme und dadurch klarer analysiert.
12. August 2019