Karl Rauschenbach
Gegen Attac – Über den Fetischismus in der Politik
I.
Bevor ich über Attac rede, möchte ich ein paar Sätze zur Herangehensweise vorausschicken. Man weist hier in Freiburg gerne darauf hin, daß Marx eine Kritik der politischen Ökonomie geschrieben hat und nicht etwa einen weiteren Versuch unternommen hat, die Volkswirtschaftslehre voranzubringen. Dies ist völlig zutreffend, aber die Kritik, die Marx an der politischen Ökonomie üben konnte, taugt heute ganz generell nicht mehr, und für einzelne Phänomene der Zeit wie Attac schon gar nicht. Die Art, Kritik zu üben, hat Marx von Hegel. Dieser legte Wert auf die Vernünftigkeit des Gegenstandes selbst, ohne die Reflexion diesen nicht nachvollziehen könne. Kritik erkennt ihren Gegenstand immer als zumindest partiell vernünftigen an, und beinhaltet damit ein affirmatives Moment. Anders ausgedrückt, verwirft die auf Wahrheit zielende Kritik nicht einfach ihren Gegenstand, wie man die Schlacke vom Eisen wegwirft - sie negiert ihn und geht immanent über ihn hinaus. Ohne die Ideologen Hegel und Ricardo hätte das Kapital nie geschrieben werden können. Dies ist der Grund, warum Marx immer wieder positiv auf die beiden zu sprechen kommt. Nach landläufiger Definition haben Ideologen ein notwendig falsches Bewußtsein. So auch die Theoretiker der politischen Ökonomie, die bei dem Versuch, den Gegenstand zu rationalisieren dabei seine Widersprüchlichkeit entfalten. Mit den Vulgärökonomen oder den sich besonders kritisch gebenden durchgeknallten Hegelianern konnte Marx nicht so verfahren wie mit den Ideologen. Der Kritik nicht würdig, blieb für jene die bloße Denunziation. Denunziation setzt aber die Kenntnis der Welt voraus, die nicht dem mit aller Kunst der Polemik verächtlich gemachten Müll derer entnommen werden kann, die sich bewußtlos in den objektiven Widersprüchen herumtreiben müssen.
Daß die Kritik der politischen Ökonomie heute untauglich geworden ist, liegt nicht an ihr, sondern am sich ändernden Gegenstand. Der Weltlauf führte dazu, daß der modernen Gesellschaft die beschränkte bürgerliche Vernunft entwich. Ende des 19. Jahrhunderts betrat der Staat als Gesellschaftsplaner die Bühne, die selbst immer ideologische freie Konkurrenz machte der monopolistischen Konkurrenz Platz, und statt dem Anbruch des ewigen Weltfriedens erschütterte ein Weltkrieg Europa. All diese Entwicklungen ließen den Ideologen keine andere Wahl, als die Welt zu verdrängen, bzw. sie auf primitive Formeln zu reduzieren, wie die, alles sei 'Kampf ums Dasein'. Zu simpel wäre die Einsicht in die Notwendigkeit des Kommunismus gewesen, so daß man überhaupt keinen Gedanken mehr hätte zulassen dürfen, und sei er auch in mystischer Weise vorgetragen. Selbst solch einer hätte leicht zur Einsicht in die Abschaffbarkeit von Eigentumsverhältnissen führen können. Die Welt entledigte sich daher sowohl des objektiven Idealismus als auch der objektiven Wertlehre, und was blieb, ist der Irrationalismus, der heute als Postmoderne auftritt. Marx hatte es bereits mit solchen Dummheiten zu tun, die selbst die opportunistischen Führer der Arbeiterbewegung betrieben. In einen berühmten Brief an Kugelmann schreibt er:
"Mit der Einsicht in den Zusammenhang stürzt, vor dem praktischen Zusammensturz, aller theoretischer Glauben in die permanente Notwendigkeit der bestehende Zustände. Es ist hier absolutes Interesse der herrschenden Klasse, die gedankliche Konfusion zu verewigen. Und wozu anders werden die Schwätzer bezahlt, die keinen anderen wissenschaftlichen Trumpf auszuspielen wissen, als daß man in der politischen Ökonomie überhaupt nicht denken darf."
Marx war bekanntlich ein strenger Determinist, auch in der Frage der Weltrevolution. Dieser Determinismus wird von postmoderner Seite gerne angefeindet. Marx aber hatte recht: Aus der Einsicht in den Zusammenhang folgt die Revolution, die dank Entfesselung der Produktivkräfte erfolgreich sein könnte, anders als etwa der heroische Aufstand unter Spartakus im alten Rom oder die Bauernunruhen zu Beginn der Neuzeit. Man kann diesen Determinismus nur für falsch erklären, wenn man selbst die Logik außer Kraft setzt. Nicht die Beziehung zwischen Ursache und Wirkung hat sich als falsch erwiesen, sondern die Menschheit hat kollektiv beschlossen, der Kausalität ein Schnippchen zu schlagen, indem sie sich völlig dumm stellt. Diese gedankenlose Konfusion ist tatsächlich die einzige Möglichkeit, die bestehenden Verhältnisse aufrecht zu erhalten. Die Niederschlagung der Pariser Kommune oder der Novemberrevolution war sicher probates Mittel, diese Dummheit zu erzwingen, aber als präventive Aufstandsbekämpfung ist es vom Herrschaftsstandpunkt aus äußerst praktikabel, allen Leuten Fernseher vor die Nase zu setzen und sie dazu zu zwingen, dies als ihre eigene, freiwillige Tat zu halluzinieren. Marx schreibt, dies sei das absolute Interesse der Bourgeoisie. Nicht das Interesse der einzelnen Trusts, hier und dort Profit realisieren zu dürfen ist gemeint, sondern das überlebensnotwendige, gemeinsame Interesse des Gesamtkapitals. Dies ist nicht notwendigerweise ein bewußt artikuliertes und ausgeführtes Interesse, aber eines, dem unbedingt gefolgt werden muß, soll die Freiheit verhindert werden. Daß die Beherrschten selbst sich dieses Interesse in übereifriger Identifikation mit der feindlichen Macht zu eigen gemacht haben, ändert nichts an dem Umstand, daß es das absolute Interesse der herrschenden Klasse ist.
II.
Attac ist ein Verein, der diesem Interesse dient, indem er dazu beiträgt, jeden Zweifel an den Eigentumsverhältnissen oder an der kapitalistischen Produktion im Keim zu ersticken. Völlig ohne jede Passion, ohne Bezahlung und ohne ausdrücklichen Auftrag arbeiten die Mitglieder von Attac daran, die falsch eingerichtete Welt zu verewigen. Sie sind nicht kritisierbar. Kein Irrtum ist zu korrigieren, wo der Irrtum zum Prinzip gemacht wurde. Kein Gehalt ist durch Negation zu bewahren, anders als selbst bei der alten Religion, der man zugute halten kann, daß die Emanzipation des Menschengeschlechts als außerhalb von Raum und Zeit gedachte, jenseitige Erlösung immerhin vorhanden war. Mit Leuten von Attac können Marxisten nicht reden, sie verstehen einander so wenig wie einst die Menschen in Babylon.
Es gibt bei Atttac keine Theoretiker, sondern nur Ideengeber. Ein eigens gegründeter wissenschaftlicher Beirat, in dem z.B. der Volkswirt Elmar Altvater sitzt, soll nur die Fähigkeit zu echter Politik demonstrieren, keine Einsicht in die Probleme der Welt gewähren. Es sei das Pamphlet zitiert, das die Gründung der Vereinigung nach sich zog. Der Chefredakteur von le Monde Diplomatique, dessen Namen ich erspare, weil man eh ein schlechtes Namensgedächtnis hat, schrieb es im Dezember des Jahres 1997:
"Der Wirbelsturm, der die asiatischen Geldmärkte verwüstet, bedroht die ganze Welt. Die Globalisierung des Anlagekapitals schafft universelle Unsicherheit. Sie verhöhnt nationale Grenzen und schwächt die Macht der Staaten, die Demokratie, den Wohlstand und das Glück ihrer Völker zu sichern. Die Globalisierung des Finanzkapitals stellt ihre eigenen Gesetze auf. Sie hat einen separaten, übernationalen Staat errichtet, mit einem eigenen Verwaltungsapparat, eigenen Einflußgebieten und eigener Politik: dem Internationalen Währungsfond (IWF), der Weltbank, der Organisation für Ökonomische Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und der Welthandelsorganisation (WTO). Diese machtvollen Institutionen singen einstimmig das Lied von den 'Marktwerten', und die großen Medien der Welt sind ihr getreues Echo. Dieser künstliche Weltstaat ist eine Großmacht ohne gesellschaftliche Grundlage. Er ist allein den Finanzmärkten und den Herren der Fonds und der Multis verantwortlich. Und die wirklichen Staaten der wirklichen Welt werden zu Gesellschaften ohne Macht degradiert. Und das wird von Jahr zu Jahr schlimmer."
Der von meiner Quelle als „feuriges Manifest“ bezeichnete Leitartikel endet im Aufruf, eine Organisation zu gründen, die nicht regiert, aber vortrefflich Druck auf Regierungen ausüben kann, damit diese eine neue Steuer auf Wirbelstürme einführen. Die NGO mit dem Namen 'Aktion für eine Tobinsteuer zum Nutzen der Staatsbürger' bzw. im Kürzel Attac, wurde gegründet. Das Gründungspamphlet ist schwer zu entwirren. Offenbar entstammt der erste Gedanke halb der Realität. Tatsächlich gab es die Krise in Asien, und wenn man so will, hatte sie das Resultat eines Wirbelsturmes, weil größere Teile der Produktion eingestellt werden mußten. Die als Naturmacht vorgestellte kapitalistische Krise aber, hier fängt der Quatsch schon an, wird nicht als Überproduktionskrise benannt, sondern als Verwüstung der Geldmärkte oder, wie es besser heißen sollte, als Verwüstung durch die Geldmärkte. Solche Finanzkrisen bedrohen, so endet der erste Satz, die ganze Welt. Dies die Diagnose. Wenn man höflich wäre, könnte man finden, daß eine Krise in der Weltproduktion tatsächlich nicht ausgeschlossen werden kann. Der Schluß aus dieser finsteren Diagnose ist die Forderung nach einer neuen, global eingeführten Steuer. Zu konstatieren ist völliger Realitätsverlust, der aus den Zeiten der Friedens- und Ökologiebewegung stammt, als man aufgrund der realen Gefahr eines Atomkrieges eine Kette aus Menschen bildete.
Der Versuch, die Ursache der Krise zu benennen, scheitert im zweiten Satz. Schuld hätte die Globalisierung des Anlagekapitals. Eine großartige Bestimmung des hinreichenden Grundes! Diese Globalisierung des Anlagekapitals nun verhöhnte die nationalen Grenzen und hielte die Staaten von ihrer eigentlichen Aufgabe ab, die darin bestünde, den Wohlstand und das Glück ihrer Völker zu sichern. Als ob nicht die objektive Aufgabe und der Zweck der Zentralisation der Gewaltmittel wäre, die Bedingungen für die Verwertung der mystischen Substanz Wert zu schaffen, wird unterstellt, dies sei die entfremdete Funktion des Staates, dem es eigentlich um das Glück seines Volkes gehe. Dieser eigentliche Volksstaat ist entmachtet durch die Globalisierung, die einen uneigentlichen, einen separaten Staat gründet hat, einen Überstaat. Damit gemeint sind übernationale Institutionen, die Staaten gründen müßten, weil irgendwie der Welthandel zu organisieren ist. Diese selbst erscheinen dem Leitartikler als ein Staat, obwohl der IWF nicht einmal Pässe druckt oder eine Polizei bezahlt. Dann heißt es: "Dieser künstliche Weltstaat ist eine Großmacht ohne gesellschaftliche Grundlage". Er ist demnach eine Großmacht außerhalb von Raum und Zeit, eine intellegible Großmacht, die durch keinerlei sinnliche Wahrnehmung erkannt werden kann, sondern einzig dem schwärmerischen Geist durch Eingebung erscheint. Sofort aber das Dementi: Der abstrakte Weltstaat sei zwar ohne gesellschaftliche Grundlage, aber er sei allein den Finanzmärkten und den Herren der Fonds und der Multis verantwortlich. Als Multi darf sogar die Produktion thematisiert werden, die sonst einem strengen Tabu unterworfen ist. Abgesehen davon, daß hier ein gesellschaftliches Verhältnis, nämlich die Finanzmärkte und gesellschaftliche Charaktermasken, die Herrn der Fonds und Multis, in der Aufzählung aneinandergereiht, also Äpfel zu Birnen addiert werden, behauptet der Attac-Gründer mit diesem Satz, daß auch die großen Kapitalisten keine gesellschaftliche Grundlage hätten. Ihre Funktion und Stellung folgt also nicht etwa notwendig aus bestimmten Eigentumsverhältnissen und menschlichen Verkehrsformen, vielmehr befänden sich die Kapitalherren ebenfalls im Nirwana, außerhalb von Raum und Zeit, wie ihr künstlicher Staat. Der abstrakte Staat wiederum führe dazu, daß die Gemeinwesen der wirklichen Welt zu Gesellschaften ohne Macht degradiert werden. Die abstrakte Macht hat tatsächlich Einfluß auf die konkrete Welt. Eventuell sind die Herren der Fonds Inkarnationen des bösen Prinzips.
Ich hoffe, niemanden zu langweilen, dies steht aber tatsächlich dort. Daß Produktion keine wirkliche Produktion sei, wenn sie von einem multinationalen Konzern befohlen wird. Es steht dort nichts weiter, als daß irgend ein heiliger Geist die konkreten Könige mit ihren Untergebenen unterjocht. Diese Usurpation des Konkreten unter ein wahrscheinlich vom Mars stammendes Allgemeines ist Leitmotiv aller Globalisierungsgegner. Ihre ganze Weisheit liegt darin, zu sagen, die Welt an sich schon vernünftig eingerichtet sei, und nur durch graue Herren, die mit ihren globalen Transaktionen Wirbelstürme auslösten, das harmonische Ganze gestört würde. Letztlich ist es die Verderbtheit der Sitten, die durch die von Attac so getauften „Finanzjongleure“ und Herren der Multis ausgelöst wird, denen trotzdem die ganze Welt nachläuft. Die Herren der Welt sängen das ewige Lied der Marktwerte und die großen Medien sängen es nach.
Oberflächlich sieht die Analyse von Attac wie ein kleinbürgerliches Autarkieprogramm aus. Tendenziell ist schon der Warenexport von Übel. In einer Analyse wird genörgelt, daß ungehindert Joghurt und Traktoren von Westeuropa nach Rußland gebracht wurden, und damit die unproduktive russische Wirtschaft überflüssig wurde. Zunächst sieht es so aus, als ob Attac die unmodernen Produktionsstätten vor den modernen schützen wollte, also schlechte Traktoren, die mit viel Handarbeit gefertigt werden, den guten Traktoren, die mit moderner Technologie gebaut werden, vorzöge. Aber alle Institutionen sollen nur demokratisiert werden. Man ist nur gegen den Mißbrauch an sich guter Kategorien und Einrichtungen. Erst schimpft man über Geld, dann will man besseren Gebrauch der Geldware. Erst schimpft man über die Weltbank, dann möchte man sie demokratisieren, sodaß nicht mehr schlimme Finger regieren, sondern der Allgemeinnutz, das Volk, der konkrete Klärschlamm. Nicht die Spekulation will Attac unterbinden, sondern nur die kurzfristigen Entwicklungsstrategien der Tages- und Wochenzocker. Es geht um rustikale Seriösität. Es wird nicht der im Kapitalismus unauflösbare Widerspruch konstatiert, daß der individuelle Kapitalist nur seinen eigenen kurzfristigen Gewinn anpeilt, weil er als isolierter Produzent notwendig nicht gesellschaftlich handelt, zugleich aber derselbe Bürger als Gattung, als Gesamtkapitalist, objektive Interessen hat, die von seinem bornierten Individualinteresse untergraben werden. Die Schizophrenie des Bürgers, zugleich egoistischer Marktteilnehmer und ums Gemeinwohl besorgter Staatsbürger sein zu müssen, wird verdrängt. Stattdessen stellt Attac sich das ganze Gemeinwesen als eigentlich aus lauter vollkommen uneigennützig handelnden Staatsbürgern bestehend vor, das nur von außen durch den Egoismus verseucht wurde. Sämtliche Formen der Gesellschaft will Attac vom Egoismus befreien und dem Volke zurückgeben. Bezeichnenderweise besteht Attac darauf, jenseits sowohl des Kommunismus, als auch des Liberalismus zu stehen, also einen dritten Weg zu repräsentieren.
In scheinbarem Widerspruch zu dieser Utopie eines organischen Volksstaates und einer kapitalistischen, von staatsbürgerlichen Egoisten betriebenen Wirtschaft im Dienste des Volkes steht ihre Tagespolitik. Seichte Forderungen nach Schließung der Steueroasen. Andere sind daweiter: Die Islamisten sprengen ganz andere Oasen in die Luft, und die deutsche Regierung bereitet die Arbeitsfront praktisch vor: Wenn ein Fluß über die Ufer steigt, ist freiwilliger Arbeitsdienst angesagt. Der eventuell schon auf den Listen der roten Brigaden stehende Mister Hartz will die totale Mobilisierung der Ware Arbeitskraft, die überall dorthin kommandiert werden soll, wo sie gebraucht wird. Attac ist aktuell keine praktische Bewegung, sondern eine, die den ideologischen Boden bereitet für das, was die herrschende Klasse in Europa schon durchführt. Wenn diese sich einen Dreck um Attac scheren würde, dann hätten die Pseudorebellen keine Daseinsberechtigung, und würden als Organisation ohne gesellschaftliche Grundlage verschwinden.
III.
Weil Attac keine Praxis entwickelt, ist die Organisation eine religiöse Sekte. Die Druckmittel, die sie haben, um auf die Regierungen Einfluß zu nehmen, bestehen in infantilen Aktionen. Gewalt lehnen sie ab, dafür kollaborieren sie in Italien mit der Staatsgewalt, deren Büttel sich zum Führer bekennen. Auch eine reformistische Praxis aber müßte realen Einfluß auf die Welt nehmen und sie tatsächlich verändern, nicht nur das Bewußtsein der Welt. Das einzige, was die Gegner der Globalisierung machen, sind aber Aktionen wie dämliche Transparente malen, goldene Kälber durch die Straßen ziehen, Steueroasen aus Pappmachée basteln und sich mit Anzug und Zigarre hineinsetzen. Es geht darum, die Öffentlichkeit aufzurütteln, ein Zeichen zu setzen. Auch hier beweist die Organisation für eine Volkssteuer gegen Spekulanten, daß sie angetreten ist, jeden Unsinn der aktuellen Modephilosophie wahr zu machen. So wie der Verein gerade dadurch, daß er hanebüchenen Quatsch als Alphabetisierungskampagne verkauft, die gedankenlose Konfusion und damit die haltlose Herrschaft verewigt, so verhindert er jede richtige Praxis, indem er postuliert „aktionsorientiert“ zu sein, aber in Wahrheit nur Pseudopraxis anzubieten hat. Attac predigt den Kultus des abstrakten Menschen, der, so wie er ist, in den Mittelpunkt gehört. Sie nennen ihre Anhänger zwar Konkret, aber in Wahrheit verdoppeln sie nur die reale Abstraktion von aller konkreten Leiblichkeit, von allen konkreten Eigenschaften, die aus den Einzelnen tatsächlich ein bloßes Exemplar der Gattung Mensch macht, das dann wahlweise als isoliertes Individuum oder als Menschen überhaupt affimiert werden kann. Daß sie damit nur den Trend der von ihnen gehaßten Kulturindustrie mimetisch nachvollziehen, ist außerhalb ihres Bewußtseins. Das affirmative Verhältnis zu den niedergeschlagenen Massen drückt sich schon darin aus, daß sie diese nur als Volk kennen, sich also in abstraktesten Begriffen die Gesellschaft denken, innerhalb derer die hochindustrialisierte Klassengesellschaft allein in Volk und Regierung zerfällt, die ihrerseits von irgenwelchen Schattenregierung überformt sind. So wie RTL und andere Fernsehmonopole den von ihnen abhängigen Einzelnen vorgaukeln, sie wären schon wer, wenn der Kulturbetrieb sie nur ins Scheinwerferlicht rückt und ihnen im besten Fall eine Million schenkt, so verkündet die neue Religion, freilich ohne Hauptgewinn: "Im Mittelpunkt stehen bei Attac die Menschen, die vor Ort aktiv werden".
Statt die reale Ohnmacht der Massen auch nur zu streifen, soll das Bewußtsein der Ohnmacht verhindert werden, indem immer mehr abstrakte Menschen die Dienste der selbsternannten Seelsorger annehmen und gerade so verhindern, daß eventuell so etwas wie wirkliche Individualität im Aufstand sich bilden könnte. Stolz präsentiert man seine Erfolgsbilanz und wirbt für sich mit dem eigenen Erfolg, wieder ganz der so verderbten Werbung abgelauscht: "Attac wird für immer mehr Menschen zum Hoffnungsträger, die vermeintliche Ohnmacht zu überwinden". Mittendrin in der Diskurswelt und trotz des Sturms, der Asien verwüstet hat und angeblich die ganze Welt bedroht, sei die Ohnmacht nur eingebildet, ein Konstrukt des Hirns. Sie wird überwunden durch die geistlose Pseudopraxis des Hoffnungsträgers. Das Prinzip Hoffnung ist auch, wovon eine wichtige Ideengeberin von Attac, eine Frau mit dem Namen Susan George, lebt:
"Ich weigere mich einfach, an den Menschen zu verzweifeln. An diesen Grundinstinkt, nicht zu töten, nicht mit der Macht gemeinsame Sache zu machen. Es geht mir nicht um Optimismus oder Pessimismus, sondern um Hoffnung. Davon lebe ich."
Die Religion wird nötig, wenn man die Metaphysik verdrängt, die die Verkehrsformen der auf sich selbst zurückgeworfenen Individuen notwendig hervorbringt. In Einigkeit mit den Modephilosophen lehnt man alles Dogmatische ab. Theorie, die auf Wahrheit und damit auf revolutionäre Praxis geht, ist a priori aus dem Diskurs ausgeschlossen. Man nennt sich aufgeschlossen, bunt und tolerant. Attac wirft allen vor, binär zu denken, die an verbindlichen Ausdrücken festhalten. Ihre Welt hingegen sieht aus wie in einem drittklassigen Weltraumfilm: die Gemeinschaft der guten Erdenbürger ist in sich widerspruchsfrei und wird durch böse Außerirdische bedroht.
IV.
Noch einmal soll die Ideengeberin mit dem Namen Susan George zu Wort kommen, die wieder die abstrakten Menschen huldigt, denen der momentan zweckentfremdete Staat eigentlich dienen soll:
"Die Menschen fühlen, dass ihre Stimmen nichts mehr zählen. Denn hinter jeder Regierung, die sie wählen, steht eine Schattenregierung, der die Hauptsorge der Regierung gilt. Deshalb Demokratie! Uns alle Rechte wiederholen, die wir schon gewonnen hatten"
In diesen Worten ist das unbewußte Ziel von Attac angedeutet. Ihre primitive Sicht der Welt teilt diese in drei Epochen auf: Erst war die liberale Phase, in der das Eigeninteresse herrschte. Dann haben die Menschen durch den Staat sich ihr Recht erkämpft. Der Staat war dann nicht mehr ein Staat, hinter dem eine Schattenregierung steht, sondern ein Volksstaat. Jetzt herrscht wieder Neoliberalismus, also ein dem Volke entrissener Staat und entfesselte Raubtiermärkte. Von Nationalsozialisten und Antisemiten reden sie nicht, sie sind ihnen zu ähnlich. Der dritte Weg, jenseits des Liberalismus und des Kommunismus, tarnt sich zwar zunächst als zivilisierte Variante des globalen Kapitalismus, läuft aber unabhängig des Friedenskitsches in seiner Frühphase notwendig auf die deutsche Krisenlösung hinaus. Dies ist der Grund, warum die Globalisierungsgegner so wenig Probleme mit dem durch die sanfte Hegemonie Deutschlands geführten Europa haben. Natürlich werden auch die Regierungen Europas gescholten, jedoch nur dafür, daß sie Vasallen der USA seien, und diesen politisch wie ideologisch hörig. Die Linderung der Qualen in der Welt interessiert „die Menschen“ von Attac wenig, deshalb haben sie kein Argument gegen Schröder, wenn dieser in Sachen Frieden die Weltbewegung anführt und wie in Johannesburg die USA etwa wegen deren angeblicher Vergiftung der Welt anpflaumt. Attac mag Europa nicht, solange es Schattenregierungen duldet. Das sich formierende und offen antisemitisch agierende Europa dagegen ist der natürliche Hoffnungsträger für den Hoffnungsträger Attac. Wenn sich Europa kraft innerer Dynamik eh in die Richtung bewegt, die Attac vorgibt, so wertet die NGO dies als Zeichen des Erfolgs ihrer eigenen Scheinpraxis. Das traditionelle Bündnis Europas mit der arabischen Welt, speziell mit dem antisemitischen Diktator des Iraks, wird sich im Bewußtsein der Globalisierungsgegner als die von ihnen geforderte Achse des Friedens entpuppen. In Rom finden bereits Fackelmärsche für Palästina statt, die nicht von Attac, sondern vom römischen Senat organisiert werden. Diese Tendenz hat der Spürhund Daniel Cohn-Bendit gefühlt und ist Attac beigetreten. Er ist realistischer als andere und möchte das Ressentiment konkreter organisieren. Attac ist schon der politische Flügel der Globalisierungsgegner, und wird deshalb von den Fundamentalisten unter diesen wegen Wurzelverrats mißtrauisch beäugt. Während aber bei Attac alles diffus durcheinander geht, weshalb man das Wahnsystem nicht in wirkliche Politik umsetzen kann, sieht Cohn-Bendit hinter der Phrase die Moral, die Europa für den Konkurrenzkampf mit den USA rüsten kann. Er schlägt vor, daß Globalisierungsgegner und Staat kooperieren. Während Fischer, wer hätte es gedacht, zum Herrschenden mutiert ist, gilt es, moralische Politik von unten zu machen; eine Politik, in der Herrschaft verschleiert wird:
„Um dem moralischen Impetus dieser Bewegung zu begegnen, sollte Europa als erstes eine Schuldenstreichung für die vierzig, fünfzig ärmsten Länder beschließen - einseitig und sofort. Es handelt sich dabei um eine Geste, denn die Argumentation, dass das nicht hilft, mag ja richtig sein, aber die Entschuldung ist moralisch notwendig.“
In einem Interview blökt er, es käme nicht auf die Abschaffung des Hungers an, sondern der Punkt sei vielmehr: "Sind wir auf diese Armut sensibel genug?" Wie im Besinnungsaufsatz. Die Globalisierungsgegner will er zu erwachsenen Politikern formen. Er stört sich selbst an so harmlosen Köpfen wie Elmar Altvater. Er will, wie Attac, die Demokratie jenseits von Kapitalismus und Sozialismus, aber nicht abstrakt, sondern konkret in Europa erschaffen. Deshalb Realpolitik: "Man muß klar machen, daß man für den Markt ist und gegen die traditionelle sozialistische Ideologie einer wie auch immer gearteten Planwirtschaft." Von Menschen geplante Naturbeherrschung, darf nicht einmal in ihrer verdinglichten Form, der staatlichen Planwirtschaft, vorkommen, die Rede vom Kommunismus ist zu wahr und damit für das Chamäleon Danny Ideologie. Cohn-Bendit raubt Attac vieles von ihrer naiven und radikalen völkischen Ideologie. Er will, daß sich Europa als ein Projekt versteht, als "sozial-ökologisches Projekt, das dem amerikanischen Projekt etwas entgegenstellt". Europa soll nicht so und so sein, sondern sich so und so verstehen. Die Ökofront ist hohle Phrase, um sich als aktuell gegen die USA militärisch unterlegene Konkurrenzmacht eitel zu überhöhen. Europa muß deshalb, so der Moralist, "wirklich eine Macht" werden. Nachdem Attac in großen Teilen noch in den Achtzigern hängen geblieben ist, im Wesentlichen also noch für den Weltfrieden kämpft, statt, wie es nun opportun wäre, die Friedensromantik durch die Kriegsromantik zu ersetzen oder auch organisch zu ergänzen. Reif dafür ist Attac; ihre Bereitschaft, für den Schlächter Saddam Hussein einzutreten, und mit dem Friedenskanzler Schröder "Hände Weg vom Irak" zu fordern, zeigt, daß Cohn-Bendit innerhalb des Wahnsystems die Fähigkeit entwickelt hat, immanent Schlüsse zu ziehen. Er sagt über die durch und durch konformistischen Rebellen: "Auch wenn sie es vielleicht nicht zugeben: Die Europäische Union hat für sie eine andere Legitimität."
V.
Die Globalisierungsgegner sind der außerparlamentarische und internationalistische Flügel der EU gegen die USA. Der Kampf um die Weltmacht ist keiner zwischen zwei Konkurrenten, die das selbe wollten. Europa knüpft traumwandlerisch und im vorauseilenden Gehorsam an alte Krisenreaktionsmuster an, die von Deutschland in der letzten großen Weltwirtschaftskrise avantgardistisch durchgeführt wurden und die erneut in die Katastrophe münden könnten, wenn sich die permanente kapitalistische Krise in eine Zusammenbruchskrise wandelt und der demokratische Lack verschwindet. Die Bündnispartner Europas sind, anders als die Propaganda glauben machen will, nicht die USA, sondern die arabischen Staaten und der politische Islam. Also genau jene Mächte in der Welt, die schon heute einen aggressiven Antisemitismus propagieren und umsetzen, der erahnen läßt, was der Welt blüht, wenn das gedrückte Menschengeschlecht sich nicht schleunigst eines Besseren besinnt. Oder genauer: Solange das Kapital prozessiert, solange verfechten die Vertreter der Industrie einen amerikafreundlichen Kurs der Politik; solange erscheinen die antiamerikanischen Übergriffe Schröders als Abweichung vom Verwertungsinteresse des Kapitals. Solange die Aktien steigen, ist man philoamerikanisch. Sollte der Weltmarkt zusammenbrechen, wovor die Gazetten eifrig warnen, dann ist es schnell vorbei mit diesem Schein, und des Pudels Kern wird sich als der deutsch-arabische Blutsbrüderbund erweisen. Das ideelle Gesamtinteresse des Kapitals, bzw. der Herrschaft überhaupt, würde dann total. Dieses bestand nach dem eingangs zitierten Brief von Marx an Kugelmann darin, die gedankenlose Konfusion zu verewigen. Daß die gedankenlose Konfusion in der Krise auf nichts anderes als auf aggressiven Antisemitismus hinausläuft, dies ahnte Marx nicht.
Daß auf die nächste Krise des Kapitals nicht weniger fürchterlich reagiert werden wird als 1929 folgende, zeigt der gegenwärtige Kurs Europas. Die Verlautbarungen von Attac versprechen als Radikalisierung das Angebot an den Staat, die individuellen Interessen zu dessen Gunsten aufzugeben, sich restlos mit dem Aggressor zu verbünden, wenn dieser es nur wünscht. Natürlich sind Attac und auch die sonstigen Friedensseeligen keine Gefahr für den gegenwärtig durchaus toleranten autoritären Staat. Die Radikalisierung ist in ihrer Ideologie angelegt, und wenn das volle Potential im Falle einer Stillegung größerer Teile der Produktion freigesetzt werden sollte, so müßte sich wohl ein anderer Hoffnungsträger finden, der für die Massen eine bessere Möglichkeit der Identifikation bietet, als naive Ökologen es könnten, die wie im Kindergarten Kälber und Oasen basteln. Selbst Cohn-Bendits Bemühungen, den politikförmigen Haufen auch politikfähig zu machen, taugen nur für den demokratische Krisenstaat samt seiner Zivilgesellschaft, nicht aber für die Zukunft, die mindestens einen Mussolini benötigen wird. wie schon heute gefordert, aber wahrscheinlich auf nichts anderes hinauslaufen wird, als eine mit dem italienischen Faschismus verglichen wesentlich aggressivere, sich wie auch immer konkret gestaltende Neuauflage des deutschen Nationalsozialismus. Es soll anhand des Abschlußdokuments, das die Fußtruppen der europäischen Untergangsbestrebungen in Porto Alegre verabschiedeten, dies Potential demonstriert werden. Ohne daß dies die Weltöffentlichkeit auch nur zur Kenntnis genommen hätte, verfaßte die internationale Verschwörung der Völker ein Manifest gegen Israel und die USA, welche immer dann als Schurkenstaaten ausgemacht werden, wenn die abstrakten, alles beherrschenden Mächte einer Konkretion bedürfen, ohne die sich der Wahn nicht in Praxis übersetzen läßt.
Es ist ein völkisches Manifest zur Verteidigung der Eigentumsordnung; ein Manifest für die Dummheit, das vergessen machen soll, daß die Menschheit objektiv in zwei Klassen gespalten ist und die Ausbeutung von der Staatsgewalt garantiert werden muß. Der Kapitalismus kommt nur als ominöses System vor. Ein gleichmachendes System, gegen welches die Völkischen das bunte Ornament setzen und ganz idiotisch ausrufen: "Wir sind verschieden!" So zufällig die Einzelheit, so repressiv das Ganze. Zur Entsprechung auf gesellschaftlicher Ebene hat das abstrakte Individuum die Völker der Erde, die von der usurpatorischen abstrakten Macht unterdrückt sind. Den Grund ihrer Zusammenrottung benennt das Abschlußdokument in der, wie es heißt, "fortwährenden Beschädigung der Lebensbedingungen der Völker". Das Kapital erscheint nicht als dasjenige gesellschaftliche Verhältnis, das zweifellos schlecht, aber doch die Lebensbedingungen überhaupt erst schafft, weil es schließlich kapitalistische Unternehmungen sind, die produzieren - sondern es beschädigt in der Vorstellung der Globalisierungsgegner die Lebensbedingungen der Völker, die wie die braven Schweizer bei Wilhelm Tell unschuldig geblieben wären, wenn nicht von außen das Kapital sie gestört hätte. Besonders schlimm findet Attac, was sie die "Dämonisierung des Islams" nennen. Wieder ganz postmodern werden die realen Selbstmordattentate und die Scharia als bloßes Konstrukt der Herrschenden entlarvt, welche realen Terror gegen ganze Völker wie das irakische oder afghanische ausüben. Dabei könnte jeder sehen, daß die Vereinigten Staaten in Afghanistan keinen Terror verbreiteten, sondern den Terror der dort herrschenden Cliquen gegen die Bevölkerung verringerten, indem sie zumindest die schlimmste Bande abgesetzt haben. Bezüglich des Irak ist zu hoffen, daß die US-Army den gefährlichen Antisemiten Saddam Hussein zum Teufel jagen, nachdem sie dies 1991 leider nicht taten, was das wirkliche 'Kriegsverbrechen' war. Leute wie Attac können sich Volk und Führung nur als eine Einheit a priori vorstellen, die von Multis und anderen internationalen Banditen zersetzt würden. Dabei lassen sie die Tatsache ungeachtet, daß sowohl zahlreiche Afghanen sich über die neue Freiheit freuten, als auch die Irakis 1991 einen Aufstand wagten, und genau die den Irak angreifende USA um Unterstützung baten, welche die Weltmacht ihnen kaltschnäuzig versagte. Diese Einheit des Volkes mit dem Aggressor, dem Staat und der Arbeit, wird als organisch verklärt und kann in dieser Vorstellung nur von Außen gestört werden. Dieses Außen erscheint denen, die das Glück verdrängen und verachten, als Angriff der entäußerten Triebe. Das Ziel der Rebellen ist Entsagung, passend zur ihre säkularen Pfaffenmoral. Die aktuelle, der Art angeblich fremde Weise, die Natur umzuformen, bezeichnet die Resolution als eine "Ökonomie des 'Freudenhauses'". Die Propaganda vom entfesselten Raubtierkapitalismus meint die entfesselten Triebe, die der Spießer so fürchtet wie die Anarchie. Wenn auch sexuelle Revolutionen etwas Lebensreformerisches haben, so ist es doch bezeichnend, daß im Gegensatz zu den wesentlich sympathischeren Unruhen 1968 der verkrüppelte Sexus heute nicht nur keine Rolle spielt, sondern sogar noch mehr unterdrückt werden soll. Die Denunziation der Steuerparadiese und der Finanzjongleure hat ebendiese Versagung zum Inhalt. Man fordert sie von den Spekulanten, denen Glück ohne Arbeit nachgesagt wird. All dieses geht völlig konform mit nationalen Bestrebungen, das Menschenmaterial besser zu organisieren. Die Dynamik erzeugt die Sorge um die Identität der Völker. Auch um die sprachliche Qualität des Manifestes zu beleuchten, ein Auszug: "Saatgut und Identität der Völker sind Allgemeingut der Menschheit, der augenblicklichen und zukünftigen Generationen." Die Stammeseinheit als Allgemeingut, welche den Menschen so wie das Saatgut enteignet ist. Da die Identität in einer in sich zerrissenen Gesellschaft sich nicht positiv herstellen kann, enthält solcherlei Gefasel die Drohung grenzenloser Barbarei gegen die, denen die Zersetzung der Werte vorgeworfen wird. Dies sind momentan Staaten, auf die zum Glück noch kein Zugriff besteht, außer man verwandelt sich in eine lebende Bombe und ermordet die Besucher einer Diskothek. Zu erkennen, daß die Antiglobalisierungsbewegung ein politischer Arm des Kampfes der Palästinenser gegen den Judenstaat samt seiner Bürger ist, dazu braucht es keine Ideologiekritik, das ist Programm:
"Die Situation des Krieges hat nunmehr den Mittleren Osten destabilisiert und den Vorwand für die neuerliche Repression gegen das palästinensische Volk geschaffen. Angesichts der brutalen Besatzung Israels, besteht eine dringliche Aufgabe unserer Bewegung darin, zur Solidarität mit dem palästinensischen Volks zu mobilisieren und seinen Kampf um Selbstbestimmung zu unterstützen. Das ist lebenswichtig für die kollektive Sicherheit aller Völker dieser Region"
Es handelt sich hier nicht um den sogenannten „Israel-Palästinakonflikt“, sondern um den zentralen Frontabschnitt der antisemitischen Weltbewegung, um den Versuch derselben, den Staat zu zermürben, der revolutionär die überlebenden Juden vor der Vernichtung rettete und einen antifaschistischen Schutzwall errichtete, der mehr taugt als die Berliner Mauer. Es geht um den Versuch, die umzubringen, die durch ihre staatliche Organisierung dem Weltlauf sich widersetzen. Es geht gegen den einzigen Versuch nationaler Befreiung, der Erfolg hatte, da inzwischen selbst Fidel Castro auf der Seite der Regression mitkämpft, und der rote Riese im Osten zusammengebrochen ist. In Israel hat man nicht versucht, sich von der Ausbeutung zu befreien, sondern sich der Vernichtung entzogen.
Nicht der permanente Krieg, den Israel von seinen Feinden aufgezwungen bekommt und ihm keine Wahl läßt, als die eigene Emanzipation als Wehrstaat mit Waffengewalt zu verteidigen, ist den Antisemiten die Begründung für das recht vernünftige Vorgehen des Staates Israel. Stattdessen wird behauptet, Israel würde unter einem konstruierten Vorwand das palästinensische Volk knechten, aus Eigennutz oder purer Grausamkeit. Glücklicherweise irren die Konstrukteure der anderen, der bunten Wahrheit, und Israel bemüht sich, Zivilisten zu schonen. Der palästinensische Kampf um Selbstbestimmung wird wesentlich mit Nadelstichvernichtungsaktionen geführt. Dieser Kampf sei, das sagt das Abschlußdokument der Globalisierungsgegner, "lebenswichtig für die kollektive Sicherheit aller Völker dieser Region". Israel wird unterstellt, es wolle allen Arabern an den Kragen, sofern es nicht durch die Hamas gestoppt würde. Zu konstatieren ist die völlige Übereinstimmung mit der öffentlichen Propaganda der arabischen Staaten. Man weiß, daß Attac alles umgekehrt meint, als es gesagt wird. Alphabetisierungskampagne meint Verdummung, Selbstbestimmungsrecht meint das Zwangskollektiv, und die Huldigung des konkreten Menschen nur die Verewigung des von der Welt isolierten abstrakten Menschen. Die unterstellte Vernichtung der Araber durch Israel hat den eigenen zukünftigen Massenmord zum Inhalt. Kaum verhüllen Attac und Konsorten dies. Sie können nicht einmal einen Trennungsstrich zwischen sich und der Hamas ziehen.
Wie man weiß, sind die Globalisierungsgegner nur Epiphänomen einer Entwicklung, deren negatives Ziel dem Weltgeist eingeschrieben scheint. Sie sind Epiphänomen des Bündnis der Völker unter Führung der EU gegen den Judenstaat und seine Garantiemacht. Man kann nur wünschen, daß die Vereinigten Staaten den Islam tatsächlich so verachten lernen, wie man es ihnen andichtet, man kann nur wünschen, daß der kalte Krieg der USA gegen Deutschland in den USA ernst genommen wird. Es ist keineswegs ausgemacht, daß die Regression überall gleichzeitig stattfindet. Aktuell sind es die USA, die in ihrer Außenpolitik mit Restvernunft operieren.
Wie man weiß, bemüht man sich aktuell nicht um die Assoziation freier Individuen, die die Probleme der Welt einzig adäquat lösen könnte. Wer die USA in den ihr gebührenden Rang einer konterrevolutionären Macht zurückgebannt wissen will, der sollte sich bemühen, den Kommunismus als würdigen Gegner praktisch ins Leben zurückzurufen. Solange die Gegner der USA Djihad, Schröder und Attac heißen, solange sind die USA eine objektiv progressive Macht. Wer wirksam Attac bekämpfen will, wie solch eine Bande bekämpft gehört, kommt nicht umhin, dies den Reaktionären um die Ohren zu schlagen. Oder anders ausgedrückt, so unsinnig die Phrasen der Gegner der Globalisierung sind, so wählen sie ihre Gegner doch nicht zufällig, sondern identifizieren in den USA und in Israel genau die Mächte, die dem heiligen Krieg und ihrer unbewußt anvisierten, deutschen Krisenstrategie praktisch entgegenstehen. Die Ideologiekritik ist nicht so leer zu haben, wie es die linken Philister etwa von der Jungle World oder von Konkret gerne hätten: diese meinen, den Antiamerikanismus der Gegner des Liberalismus kritisieren zu können, ohne den Inhalt des Ressentiments - also Israel und die USA - zu verteidigen. Im Gegenteil stehen sie in ihrer immer differenzierten Gefühlskritik an den USA den Feinden der Aufklärung wenig nach, als welche ich hoffentlich in der notwendigen Einsichtigkeit den Haufen Attac darstellen konnte