Riot-20-Epidemie in den USA
Der Direktor des Instituts für vergleichende und evidenzbasierte Riotologie in Minneapolis, Professor Doktor Wittikowski, im Gespräch mit Radio Blubb
Radio Blubb: Herr Professor Doktor Wittikowski, wir alle haben die Bilder aus unseren Städten gesehen. Ganze Viertel sind außer Kontrolle geraten, es wurden Scheiben zerschlagen, Autos angezündet und Geschäfte geplündert. Eine Riot-Epidemie. Inzwischen wurde die Nationalgarde eingesetzt, um das Virus unter Kontrolle zu bekommen. Sie aber sagen: Stop, die Maßnahmen sind überzogen, es handle sich einfach um einen weiteren Riot, wie er zum Kapitalismus dazugehört und wie er periodisch immer wieder ausbricht. Stimmt das?
Wittikowski: Ja, wenn man die Daten von Riotmomo zu Grunde legt, sieht man tatsächlich immer wieder und periodisch starke Ausschläge des R-Index, der den Überriot anzeigt. Erst jüngst 2015 in Baltimore und 2014 in Ferguson. Aber auch 1992 in Los Angeles oder schon 1965 in derselben Stadt. Wir haben es da jedesmal mit einem ähnlichen Vorgang zu tun. Es gibt einen Protestierer Null. Der wird zum Beispiel von der Polizei getötet. Oft handelt es sich dabei sogar einfach um einen unschuldigen Tropf wie jetzt bei George Floyd. Dieser hatte keinerlei Symptome, aber der durchaus fragwürdige Test auf Riot-20 war positiv. Danach kommt es zu ersten Clustern, Leute versammeln sich auf der Straße und es wird eine Phase des exponentiellen Wachstums angestoßen. Jeden Tag verdoppeln sich die Demonstranten, einige überdrehen. Dann antwortet das gesellschaftliche Immunsystem und es geht hoch her. Wenn aber die Leute sich etwas ausgetobt haben, brennt es wieder aus. Hört auf. Ganz von alleine, ganz egal, was man macht. Der Riot hat schließlich gar keine Perspektive und die Alltagsnöte der Infizierten verschwinden nicht einfach, also geht alles in die alten Bahnen zurück. Muß.
Also hätte man gar nichts tun müssen?
Ein Beispiel: Als es in England 2011 zahlreiche Städte im Riot versanken und es zu zahlreichen Plünderungen kam – sogar einfache Leute hatten sich infiziert und man sah Familienmütter mit vollen Einkaufswagen – da war die Sache im Grunde schon gelaufen, bevor die Polizei mit massiven Kräften die Viertel stürmte und danach die Richter in zahllosen Fällen Quarantäne verhängten. Teilweise in sehr milden Fällen übrigens. Ein Bub hatte sich unbefugt Turnschuhe genommen und wurde dafür 1 Jahr sozial distanziert.
Der Hofvirologe Bauci widerspricht Ihnen: Gensequenzierungen hätten gezeigt, dass dieses Virus neu ist, unser Immunsystem ist darauf nicht vorbereitet.
Ach wissen Sie, jedes Virus muss stets aufs Neue mutieren, da die vergangenen Viren bereits Resistenzen ausbildeten. Viele Parolen, die gestern einen Sinn ergaben, wirken heute stumpf, daher sind Viren immer auch neu, haben sich angepasst. Aber grundsätzlich haben wir es einfach mit einer weiteren Mutation aus der Familie der Riot-Viren zu tun, die wir schon lange kennen.
Erinnern Sie sich etwa an den Occupy-Oakland-Ausbruch: Alle sagten, man hätte es mit einer ganz neuen Mutation des Occupy-Wallstreet-Virus zu tun. Baucis war an vorderster Front dabei. Hinterher zeigte sich dann, dass alles übertrieben war. Tonnen von extrascharfem Tränengas mussten auf Kosten der Steuerzahler vernichtet werden.
Es war schon bedrohlich. Die Hafenblockade, die Schlacht um das Kongresszentrum – wenn sich dieses Virus ausgebreitet hätte…
Hat es aber nicht. Wie wir vom Institut für vergleichende und evidenzbasierte Riotologie immer gesagt haben, blieb diese leichte Mutation in der Familie der harmlosen Occupy-Viren. Wenige Arbeiter und wichtiger: wenige grundsätzliche Infragestellungen, die über den Moment hinausgingen.
Sie leugnen also auch den besonders gewalttätigen Charakter der Oaklandvariation?
Sehen Sie: Der Riotvirus ist immer zu 15% in den periodischen Protesten dabei. Er gehört dazu, wir haben uns an ihn gewöhnt. Normalerweise reden wir gar nicht groß darüber, sequenzieren nicht den speziellen Typ. Das machen höchstens die Geheimdienste und Polizeibehörden, die ein besonderes Interesse daran haben. Diese Viren sind ganz normal und die Reichen brauchen sich nicht fürchten: Die Epidemie verschwindet von selbst. Sie hat gar keinen ideologischen Nährboden, auf dem sie weiter gedeihen könnte. Selbst die großen Unruhen in Ägypten 2011 führten nur zu einer Rochade des Herrschaftssystems. Und der dort grassierende ursprüngliche Occupy-Virus war dann in den USA, aber auch etwa auf den Plätzen Spaniens bereits zu einer harmloseren Variante mutiert.
Aber Riot-20 ist wahrscheinlich nach einer verrauchten klandestinen Versammlung von irgendwelchen Anstiftern auf die normale Bevölkerung übergesprungen. Die Geschwindigkeit der Ausbreitung ist ebenfalls beachtlich. R0 wird auf 3 geschätzt. Jede eingeschlagene Scheibe führt zu 3 weiteren kaputten Scheiben und – noch fataler – 100 eingeschlagene Scheiben führen zu einem geplünderten Laden. Wenn jetzt noch ein geteilter revolutionärer Aufruf hinzutritt… Jeder kann dann potentiell zum Plünderer werden.
Ach, die Theorie, dass das Virus deshalb neu war, weil er von radikalen Gruppen auf die Bevölkerung übergesprungen sei, ist doch sehr weit hergeholt. Es gibt doch gerade gar keine Avandgardegruppen wie etwa die Situationisten vor dem Ausbruch der im Rückblick doch auch eher harmlosen 68er-Grippe in Paris. Von den Variationen älterer, radikaler Virenfamilien – Marxismus, Anarchismus – gar nicht zu reden: Das verfängt gar nicht und existiert nicht. Alter Käse, auf den unser Immunsystem gründlich vorbereitet ist. Eher glaube ich, dass der Virus einem Forschungslabor einer Nichtregierungsorganisation entsprungen ist, die ganze Epidemie ist doch twitterinduziert. Aber selbst das ist unsicher, die Sache könnte sich auch spontan ausbreiten und die Slogans der NGOs nur oberflächlich annehmen, da sie als spontane Ansteckung gar nicht in der Lage ist, eigene ideologische Ausdrücke zu erzeugen und deswegen den nächstbesten Unsinn übernimmt. Das alles ist jedenfalls nichts, wofür man die Nationalgarde bräuchte.
Es gibt auch gemäßigtere Kritiker der Maßnahmen. Herr Breeck sagt z.B., dass es gut war, dass etwas getan wurde. Der Einsatz der Nationalgarde – obwohl er ihn verhindern wollte – war richtig, weil wir nicht wussten wie weit es geht, wie gefährlich das neue Virus ist. Aber jetzt sollten wir mit kühlem Kopf reagieren und evaluieren, eventuell einige Sozialprogramme auflegen, aber auch die Polizeiarbeit filigraner gestalten, um nur wirklich oppositionelle Gruppen zu isolieren, gerade weil die meisten Infizierten doch normale Protestanten sind. Insbesondere der Blick nach Schweden lohne.
Klar, die Schweden sind viel besonnener, wobei man auch hier mit Vergleichen vorsichtig sein muss. Die gesellschaftlichen Widersprüche Schwedens sind einerseits nicht so krass wie die in den USA und andererseits haben auch die Schweden in der Vergangenheit bei einzelnen Unruheherden durchaus reagiert. Aber stets maßvoll.
Es kam dort anders als bei uns eben auch nicht zu massenhaften Brandstiftungen und Plünderungen. Das spricht doch für das harte Durchgreifen unseres Staates.
Aber es könnte sich auch, wie mein Kollege Professor Ionaditis gesagt hat, um das größte Evidenzfiasko aller Zeiten handeln. Es wurden groteske Vergleiche mit Lenin-17 und der Situation nach dem ersten Weltkrieg in Europa gezogen. Aber damals hatten wir es mit dem viel stärkeren Virus des Kommunismus zu tun. Die Kämpfe gingen letztlich um die Produktionsmittel, um die Reorganisation des gesellschaftlichen Gefüges. Außerdem haben die amerikanischen Arbeiter gegen Lenin-17 traditionell eine weitgehende Grundimmunität. Es war doch ein sehr russisches Virus.
Dabei handelt es sich ja nur um das zu verhindernde Worst-Case-Szenario, daß eintreten hätte können, wenn man gar nichts getan hätte. Wir wußten nicht viel über das Virus und da war es doch besser, eine Nummer zu vorsichtig zu sein. Und bei Lenin-17 wusste man damals auch nicht, wie weit das Immunsystem darauf vorbereitet war. Wenige erinnern sich an den Gruben-Virus von 1903, auch Big-Bill-Virus genannt. Das war zwar zum Glück ein lokaler Ausbruch und konnte mit der Nationalgarde von Colorado verhältnismäßig leicht eingedämmt werden, aber immerhin gab es Hot Spots in Colorado City, Cripple Creep, Idaho Springs, Telluride, Denver und Durango. Damals war die Molekularbiologie noch nicht so weit wie heute, aber man geht davon aus, dass es sich um eine Mutation des Haymarket-Virus handelte und man weiß inzwischen, dass es danach in den One-Big-Union-Virus mutierte, durch einige besonders bizarre Reproduktionsfehler. Dieser führte beinahe in ein Desaster und machte eben die Anfälligkeit für Lenin-17 immerhin wahrscheinlich.
Auch da hätte man bequem auf einige Forderungen der Arbeiter eingehen können, der Staat war damals noch etwas ungeübt in Sachen mehrstufiger Virusbekämpfung. Daher hat er viele Arbeiter pauschal interniert, die Repression war enorm. Heute hat man doch viel bessere Instrumentarien. Vieles spricht dafür, dass der IWW-Virus, der fälschlicherweise oft One-Big-Union-Virus genannt wird, gerade aus der falschen Behandlung des Grubenvirus resultierte. Bismarck in Deutschland hat sein Land auch nicht durch Quarantäne allein geheilt. Es gab auch seine Sozialgesetze.
Und trotzdem wurde Deutschland 1918/19 vom Rosa-Virus heimgesucht, der sich von Lenin-17 teilweise unterschied, weniger brutal war und dadurch im Ergebnis nicht durchsetzungsfähig, aber dafür umso verführerischer. Kaum einer hat sich damals an das gebotene social distancing gehalten. Ohne den Bluthund hätte das schiefgehen können. Zum Glück hat Dr. Noske damals einen Impfstoff erfunden.
Gucken sie sich diese Sache doch genauer an. Heute weiß man, dass der Rosa-Virus harmlos war und eher der Gesellschaft zu einer neuen Blüte verhelfen hätte können. Seine brutale Beseitigung hat dann Platz für schlimmere Epidemien geschaffen. Der zunehmend verwendete BluBo-Impfstoff ging gelinde gesagt nach hinten los.
Womit wir bei Impfstoffen sind. Der Betriebssystemadministrator Gill Bates will 7 Milliarden Menschen gegen Riot-20 impfen lassen. Natürlich nicht durch das altmodische BluBo-Serum. Vielmehr könnte man an bestimmten Testosteronrezeptoren angreifen. Man will dann einfach keine Scheibe einschlagen, selbst wenn der beste Freund von der Polizei erschossen wurde. Das wäre doch sehr gut.
Für seine Kasse vielleicht. Anders als die konstanteren Enteignungsviren mutieren die Riot-Viren so schnell, dass der Impfstoff längst veraltet sein würde, wenn er zum Einsatz käme. Impft man gegen eine Parole, findet sich die nächste. Ist der Walmart geschützt, geht der McDonald’s kaputt. Im schlimmsten Fall impft man gegen Scheibenbruch und bekommt dann gleich eine Plünderung ins Haus.
Dagegen sprechen doch die Erfahrungen mit der gedehnten 68er-Grippe? Halb Amerika auf LSD und auch damals die Schwarzen in Aufruhr. Der Panthervirus ist ja sogar mit Riot-20 verwandt. Aber die berühmte Vaccination Integralis konnte sie für Jahre eindämmen.
Das war im Grunde keine Impfung. Dieses Virus richtete sich eher nach innen, lockerte die Sexualmoral und war dadurch weniger bedrohlich. So konnte man das Virus in angepasster Form sogar für das gesellschaftliche Gefüge nutzen, gerade ohne zu impfen. Woodstock konnte stattfinden und Dr. Martin Luther King gilt heute nicht mehr als Superspreader, sondern als anerkannter Arzt.
Mit Verlaub: Mundnasenmasken wären dort nach heutigem Stand der Hygiene angebracht gewesen. Was aus gelockerter Sexualmoral werden kann, sah man doch später beim Ausbruch des Stonewall-Virus. Und wenn auch Martin Luther King eher Antikörper verbreitete, Malcom X war doch ein gefährlicher Spreader. Was aus dieser Grippe hätte werden können, wenn sie sich ausgebreitet hätte, sieht man doch am Italien der Siebziger: das Autonomiavirus! Sämtliche Gesundheitsinstitute denken mit Grauen an diese Periode zurück. Der Bevölkerung wurde beinahe das Gedächtnis daran ausgetrieben, mit dem schnell und ohne die üblichen Kontrollverfahren entwickelten Serum Oblivionis.
Hier war die Seuche dem Lenin-17-Virus sicherlich am nächsten, zumal es in Italien auch den anarchistischen Virenverbreiter Malatesta gegeben hat. Eine brisante Mischung. Die Nato hatte ein eigenes Programm gegen diese Seuche und auch die PCI konnte für ihre Eindämmung genutzt werden. Hunderte Arbeiter mussten dennoch in Quarantäne gesteckt werden. In diesem Fall habe ich immer für regelmäßige Auffrischimpfungen plädiert und bin auch dafür, dass Kinder zwangsweise mit dem Serum Oblivionis geimpft werden. Nur Dr. Boodarg ist dagegen.
Nochmal zum Evidenzfiasko. Was meinen sie damit?
Es fällt doch auf, dass jetzt bei Riot-20 sehr stark auf die Macht der Bilder gesetzt wird. Plündernde Menschen hier, protestierende Menschen dort. Alle Kriterien eines evidenzbasierten Vorgehens wurden missachtet: Wieviele Scheiben wurden zerbrochen, wieviele Geschäfte wurden geplündert? Es fehlen sogar die absoluten Zahlen, geschweige denn, dass man sie ins Verhältnis zu den vergangenen Riotausbrüchen setzte. Und wenn man die Zahl der TV-Kameras über einen Zeitraum stark erhöht, steigt auch die Zahl der gemessenen Plünderungen, während die Plünderungsrate konstant bleiben kann. Dann werden beständig die Case Fatality Rate und die Infection Fatality Rate durcheinandergebracht. Viele etwa durch Twitter nur leicht infizierte Menschen wurden niemals auf Riot-20 getestet, da sie nie Symptome zeigten, eben nicht geplündert haben. Ionaditis schätzt, dass die IFR dadurch um den Faktor 10, wahrscheinlich sogar um den Faktor 35 niedriger ist als die CFR. Sie liegt mit 0,1 bis 0,35 im Bereich einer saisonalen, möglicherweise starken Aufstandsinfektion. Ich wage mal zu behaupten, dass es in der Plünderungskurve über das Jahr gerechnet keinen besonderen Ausschlag geben wird. Hätten wir nicht auf Riot-20 getestet, wir hätten kaum etwas bemerkt, wir hätten einfach die periodische Plündersaison. Man darf nämlich auch nicht vergessen, dass zahllose Leute auch ohne Riot-20 geplündert hätten. Sie plünderten mit dem Virus, aber nicht wegen des Virus.
Dr. Pfosten hat aber gesagt, dieser Virus verbreite sich besonders schnell, da er durch das Augenlicht übertragen wird. Herdenimmunität sei daher erst erreichbar, wenn 70% der Bevölkerung mit Riot-20 infiziert sind, aber das führe schnell zu einer Überlastung der Polizeistationen. Daher müssten wir die Plünderkurve flach halten und auf einen Impfstoff hoffen und warten.
Das vermittelte Glotzen solcher Ansammlungen von Infizierten auf Youtube kann manchmal kurz eine Verstörung hervorrufen, manchmal sogar eine eigenwillig gute Laune. Aber selten wird derjenige, der auf diese Weise mit dem Virus in Kontakt kommt, selbst plündern gehen. Dazu braucht es eine allgemeine Frustration, ein auslösendes Moment und dann auch noch zusätzliche Energie. Der Riot ist ja in einigen Darstellungen auch eine Überreaktion des individuellen Immunsystems, jedenfalls – wie Dr. Rüschel richtig bemerkt hat – kein Killervirus.
Aber es stimmt natürlich: Wer den plündernden Leuten direkt in die Gesichter sieht, wird feststellen, dass diese oft gelöst sind. Viel Verkrampfung ist weg, im Grunde ist eine Wirkung des Virus, dass die Schockstarre aufhört und dass die Leute dann erst merken, wie stark sie von einer allgemeinen Angst beherrscht sind. Das steckt ungemein an und es gibt zahllose Fälle, bei denen Leute plünderten, die vorher nie geplündert hatten. Aber in der Regel muss man schon im direkten Kontakt mit den Infizierten sein, auf derselben Demo etwa.
Es sind schon in erster Linie Männer, die besonders stark erkranken und von denen dann die Gewalt ausgeht? Sind Männer anfälliger für das Virus?
Man muß davorsichtig sein. An den Frontlinien, wo die Virendichte erfahrungsgemäß am höchsten ist, sind sie sicher in der überwältigenden Überzahl, wenn auch nicht ausschließlich unter sich. Man denke an die mit dem Londonvirus infizierte Olympiabotschafterin Chelsea Ives, die ein Polizeiauto zerschlug und das auch noch als den besten Tag ihres Lebens feierte. Und sobald ein gewisses Terrain vollständig infiziert ist, sind schnell auch viele Frauen dabei. Berühmt wurde vor einigen Jahren das Beispiel der beiden Teenies, die sich unterhielten, ob sie erst Hosen oder Schminke klauen gehen sollen.
Völlig von Sinnen. Aber das spricht doch wirklich für beherzte Maßnahmen. So weit soll es nicht kommen. Darf es nicht.
Wissen Sie, viele der geplünderten Geschäfte wären im nächsten Jahr eh pleite gegangen, denn sie waren sehr klein. Und jeder verschwundene kleine Laden macht Platz für einen neuen, wenn es auch sein kann, dass der ehemalige Ladenbesitzer in der nächsten Riotwelle selbst infiziert wird. Bei den großen Ketten muss man außerdem berücksichtigen, dass sie versichert sind und durch das involvierte Kapital Verluste besser abschreiben können. Viele der geplünderten Geschäfte waren außerdem voller Ramsch und wir haben latent eine Überproduktion: Die Regale füllen sich hinterher fast von alleine wieder. Dann profitiert die Baubranche. Sperrholzverschläge, neue Scheiben oder gleich ein ganzes neues Haus, wenn es niedergebrannt wurde. Man soll das gegeneinander abwägen. Außerdem sprechen erste Indizien dafür, dass der Gegenriot den Riot erst so richtig angeheizt hat.
Das klingt zu sehr nach Verschwörungstheorie.
Ach sehen Sie, es ist doch ein leichtes, einige Cluster in gewissen Arealen gewähren zu lassen oder einzelne Riot-20-Ausbrüche aufzubauschen, um dann eine Rechtfertigung für große staatliche Maßnahmen zu haben. Insbesondere die großen Medien sind doch in der Hand der Bauindustrie und haben ein Eigeninteresse an dramatischen Meldungen. Die WPO ist von den Impfherstellern bestochen etc. Und bislang weigert man sich sogar, die Plünderer zu obduzieren, aus Angst man würde sonst selbst ein Plünderer. Man macht ihnen nicht einmal einen ordentlichen Prozess, die kommen einfach in den Bau und die Angehörigen werden dann nur noch informiert. Nicht nur wird verschwiegen, wieviele und welche Waren ohne Bezahlung genommen wurden, es gibt kaum qualitative Interviews mit gefangenen Riot-Infizierten. Dabei gäben die vielleicht Aufschluss über die Wirkung und Funktionsweise von Riot-20. Mortui vivos docent.
Dr. Rüschel hat gegen die Empfehlung der WPO einige der Gefangenen befragt und herausbekommen, dass es den Riot-20-Patienten nicht gibt. Es waren ganz verschiedene Leute. Einige nahmen eher Elektrogeräte, andere Lebensmittel. Einige zündeten Barrikaden an, andere neigten zum Trommeln. Manche waren einfach nur mitgelaufen und aus Versehen in die Hygienemaßnahme gerutscht. Außerdem fiel auf, dass fast alle tödlich Infizierten eh an irgendeinem Rand der Gesellschaft gestanden haben. Teilweise sogar an drei Rändern.
Eben. Das häufige Pfeffersprayen war oft einer Fehlindikation geschuldet. Ganz harmlose Menschen, die nur etwas krakeelen wollten oder irgendwie tatsächlich sich in eine Art Rage hineingesteigert hatten, wurden dann prophylaktisch besprüht und die Krankheit dadurch erst zum Ausbruch gebracht. Oft hätte da ein Stoß oder ein einfacher Schubser genügt.
Aber man kann doch nicht leugnen, dass Tränengas dafür sorgt, dass ganze Plätze schnell desinfiziert werden und sich Viruskonzentrationen zerstreuen. Dieser Virus scheint ja im Verbund erst so richtig aktiv zu werden. Außerdem dosiert die Polizei gut. Die Tränengasgranaten werden nur in verschärften Fällen angewendet, wenn eine Menge schon restlos infiziert ist. Gerade um Letzteres zu vermeiden, kombiniert man normalerweise den gezielten Einsatz von Pfefferspraydosen mit einzelnen Hieben, mal mit der Faust, mal mit dem Knüppel oder mit Tritten. Außerdem werden statt Tränengasgranaten auch Blendschockgranaten eingesetzt, um das Virus zu erschrecken. Dann gibt es akustische Waffen und Taser. Da ist die Polizei doch schon sehr weit.
Aber es bleibt dabei, dass die große Mehrheit selbst in Minneapolis gegen das Virus immun ist, sie schimpfen auf das Virus oder hocken bang zuhause. Und auch die Infizierten sind oft völlig symptomlos und ereifern sich höchstens beim Tee oder Bier über solche Sachen. Bei denen mit Symptomen bleiben auch 90% der Verläufe völlig harmlos. Ein Schild, ein dummer Spruch, ein geteilter Tweet. Die meisten Illusionen der bürgerlichen Gesellschaft bleiben doch vollständig erhalten. Das gute an diesem Virus ist doch, dass er in den meisten Fällen im Kleinhirn bleibt. Das macht ihn zwar recht ansteckend, da viele geneigt sind, sich auf die eine oder andere Blödelei einzulassen – man denke an die Menge vor der CNN-Zentrale –, aber es geht vorbei. Erst wenn das Virus sich ins eigentliche Hirn einnistet, kann es die nötige Konstanz entwickeln, die es braucht, um das Gefüge ernsthaft zu bedrohen.
Aber Studien haben doch ergeben, dass es oft mit einfachem Trommeln anfängt, mit Megaphonen oder Transparenten. Aber obwohl diese Symptome isoliert betrachtet harmlos erscheinen, fungieren die Träger solcher milden Symptome als Infektionsherde. Auch in Verbindung mit Twitter. Außerdem bilden sich abseits der milder infizierten Virenansammlungen aggressivere Zentren. Die Immunpolizei weiß gar nicht immer, mit wem sie es zu tun hat, und so können die aggressiven Virenträger sich quasi im Schatten der ungefährlichen Virenträger vermehren. Manchmal verstecken sie sich auch in der milden Versammlung, nutzen diese als Deckung.
Deswegen müssen wir ja die Risikogruppen schützen, Leute mit sozialen Problemen und wenig Vertrauen in Staat und Kapital, auch indem wir einzelne Virenschleudern in Quarantäne schicken oder in Härtefällen sogar eliminieren. Erinnern Sie sich an Fred Hampton? Dieser Mann war während der 68er-Grippe voller sozialistischer Fieberträume und musste von einem Hazard-Team des FBI gezielt aus dem Feld genommen werden, da diese spontane Mutation beinahe übergesprungen wäre. Sie war wirklich frisch und hoch ansteckend. Aber es ergibt deswegen doch keinen Sinn, alle zu Schwerkranken zu erklären. Die meisten sind eben sehr naiv und im Grunde nur scheininfiziert. Vielleicht etwas verrückt, aber jedenfalls kaum dem Aufruhr geweiht.
Aber das Virus ist teilweise organisiert oder könnten sich organisieren. Außerdem gibt erste Anzeichen einer Pandemie, die WPO denkt schon darüber nach, sie auszurufen. Nach Einschätzung des deutschen Gesundheitsministeriums etwa „könnte im Sinne einer ‚Kernschmelze‘ das gesamte System in Frage gestellt werden. Es droht, dass dies die Gemeinschaft in einen völlig anderen Grundzustand bis hin zur Anarchie verändert.“ – Ihnen wird vorgeworfen, dass sie das alles in Kauf nehmen.
Nicht auszuschließen, dass es in Frankreich, Italien, Chile oder Mexiko zu Infektionsherden kommt. Das jüngste Gelbfieber in Frankreich hat Dr. Macaron schon zu düsteren Worten über den Gesundheitszustand seines Land angeregt: Die „beispiellosen Ungleichheiten“ stellten „die Legitimität dieser Wirtschaftsorganisation selbst in Frage“. Und er fragte sich, wie „wir unseren Mitbürgern begreiflich machen, dass dies die richtige Organisationsform ist“. Aber auch da ist der Nährboden für aggressive Enteignungsviren überall schwach und die beschworene Krise wird dramatisiert, um einen Choc zu erzeugen und neue Polizei- und Sparmaßnahmen zu legitimieren. In keiner Weise bedrohte etwa das Gelbfieber die gesellschaftliche Ordnung, die sich eher in einer immanenten Krise befindet.
Was die sogenannten organisierten Viruskonzentrationen angeht: Die Anarchisten, die Antifa und was jetzt alles bemüht wird, die glauben in der Regel selbst nicht an das, was sie sagen und selbst wenn – es gibt schon viele ehrliche Anarchisten –, es fehlen ihnen die Mittel und eben auch ein gewisser positiver Inhalt: Die selbstbewusste Aneignung der Produktion.
Der Direktor des Imperialen Instituts, Dr. Dergosun, hat doch aber gesagt, dass das Virus das ganze System angreifen kann. Erst glaubte man, es „nur“ mit schwerem Glasbruch zu tun zu haben, dann kamen die Plünderungen und das Feuer. Und einzelne Riot-20-Stränge wurden durchaus in der Produktion nachgewiesen, selbst Kinder sind keineswegs immun.
Natürlich können Riot-20-Viren auch das Herz des Systems befallen. Alle Viren können das, aber das sind Ausnahmen. Normalerweise schafft das nur der seltene Virus Exproprius, dem sich die versammelte Immunabwehr des ausgehenden 19. und des 20. Jahrhunderts widmete und den man durch vielerlei Maßnahmen fast ausrotten konnte. Neben der erwähnten BluBo-Impfung gab es etwa den Feldzug von Dr. Franco gegen die spanische Grippe von 1936ff. Der Virus Exproprius produziert dabei inzwischen zunächst eine gewaltige Immunabwehr bei den Infizierten selbst, da es deutlich schwieriger und auch kühner wäre, die Planung der Produktion und der Verteilung der Güter in toto zu übernehmen, als die schon fertigen Waren einzusacken oder die Schuld dem Präsidenten zuzuschieben. Schon der Gedanke an Enteignung bedeutet nun Schmerz. Das ist durchaus ein Erfolg der Gesundheitspolitik des 20. Jahrhunderts, aber nach allen Fehlern und teils krassen Auswüchsen genügt hier inzwischen in der Regel die Behandlung mit Kaugummi, dem Serum Demokratis.
Sie glauben also, der Virus Exproprius kehrt nie wieder zurück?
Es müsste zunächst eine spontane Mutation dieses Virus stattfinden, damit er sich wieder verbreiten kann, wobei die Bedingungen einer Wirtschaftskrise hier einen guten Nährboden bereiten. Es braucht aber dafür noch viele andere, recht unerforschte Umstände und gegenwärtig befürchtet nicht einmal Dr. Pfosten diese Mutation. Er rudert eher etwas zurück, schon was Riot-20 angeht. Auch würde eine solche tiefere Infizierung mit dem Virus Exproprius nur als Pandemie Sinn ergeben und es gibt immerhin über 7.000.000.000 Leute mit ganz unterschiedlichen gesellschaftlichen und individuellen Immunsystemen. Eine solche Pandemie könnte zwar wirklich einen Notstand rechtfertigen und den Einsatz des Militärs, ist aber momentan sehr unwahrscheinlich. Die Gegenwärtige Politik des staatlichen Ausnahmezustandes folgt wirklich anderen Triebkräften. Riot-20 ist nur ein Vorwand. Übrigens genauso für die republikanische wie für die demokratische Partei, da letztere darauf schielt, dass gerade die leicht Infizierten sie am Ende wählen.
Zur Klarstellung: Die Radio-Blubb-Redaktion betont, dass der Virologe und emeritierte Professor und Direktor des Instituts für vergleichende und evidenzbasierte Riotologie, Prof. Dr. Wittikowski, hier eine Einzelmeinung vertritt. Der Virologe lässt bei seinen Einschätzungen außer Acht, dass mit den beschlossenen Maßnahmen die Zunahme von exponentiell ansteigenden Plünderungen verlangsamt werden und insbesondere besonders gefährdete ärmere und chronisch frustrierte Menschen geschützt werden sollen. Das Aufrechnen von kaputten Scheiben anderer Krankheiten mit den Riot-20-Schäden erscheint zynisch. Sofern das Interview den Eindruck erweckt hat, dass die Redaktion die Riotkrise verharmlost, möchten wir uns ausdrücklich dafür entschuldigen.
11.6.2020