Anmerkungen zum diesjährigen ersten Mai
Nebst Dokumentation eines Flugblatts
Das bemerkenswerteste Ereignis diesen ersten Mai war, dass mittags in Lichtenberg 300 Linke gegen 300 Linke standen. Die Berliner Kommunarden, die Freien Linken, irgendein DJ und einige andere linke Gruppen hatten zu einer Demonstration gegen den Ausnahmezustand aufgerufen. Die Gegendemonstranten wollten ihnen dafür zwangsweise mRNA spritzen. Die offizielle Linke muss die Kritik am Coronaregime abwehren, da sie jeden inneren Konflikt über dieses Thema ausschließt und nur Meinungen zwischen Zero Covid und Wirtschaftslockdown zuläßt. Sie plädiert für irgendein illusionäres alternatives Covidregime und akzeptiert das zentrale Seuchenparadigma der sich entfaltenden Krise und damit auch die Krise. Unabhängig von den konkreten ideologischen Positionen aller Beteiligten ist es immerhin ein kleiner Fortschritt, dass sich dieser Widerspruch nun auf der Straße äußerte und der offiziellen Linken ist nur zu wünschen, dass ihre momentan stummen und stumm gemachten Abweichungen lauter werden, damit der hier äußerlich erscheinende Streit in ihrem Inneren ausbricht und diesen Verein durch alle ihre Grüppchen und Subszenen hindurch läutert.
Die Auftaktkundgebung der Demonstration gegen den Ausnahmezustand war komplett von Zäunen eingegrenzt, mit Polizei an allen Zugängen. Wer kein Attest hatte, mußte die Partikelmaske aufsetzen. Die mit Attest bekamen einen Passierschein. Interne Ordner, die die Maskenpflicht durchsetzten, gab es anders als etwa auf einem Punkkonzert in der Rigaer Straße nicht, dafür patrouillierten Teams der Polizei ungehindert durch die Kundgebung und nahmen maskenlose Gesellen ohne Passierschein fest. Im Grunde ließ sich so die ganzen Versammlung unter die Maske zwingen, die sie andererseits ablehnte. Eine eher surreale Veranstaltung, bei der beispielsweise jemand unsanft abgeführt wurde, weil er an einer albernen Polonaise teilnahm.
Die große Demo am Abend in Neukölln wiederum wurde brutal aufgelöst. Die beiden organisiertesten Blöcke wurden getrennt und zerstreut. Der Frontblock versuchte friedlich, aber doch standhaft zu sein, aber gegen die von der Polizei eingesetzte Gewalt war kein Ankommen. Der autonome Block andererseits war stolz darauf, wenigstens eine Zeit lang durchgehalten zu haben. Man griff ihn direkt bei einer Baustelle an und so konnte man einige Bauzäune zwischen sich und Polizei schieben und einigen Krawall machen. Die Zerschlagung der Demo wurde damit begründet, dass die Hygiene nicht gewahrt war. Im Grunde hat die Linke dagegen kein Argument, solange sie das Seuchenparadigma akzeptiert. Der Mindestabstand wurde nun wirklich nicht eingehalten und so dürfte ein schlechtes Gewissen unter den Demonstranten vorherrschen, die Worte der Kanzlerin im Ohr, dass man sich durch die eher symbolische Maske nicht in trügerischer Sicherheit wiegen dürfe, um dann den gebotenen Abstand zu vergessen. Nachdem die Demo zerstreut war, wurde in diesem Areal ab 22:00 Uhr ruppig die Ausgangssperre durchgesetzt und Leute, die vielleicht durch einen Spruch aufgefallen sind oder sich zu langsam entfernten, wurden in Gewahrsam genommen, mitunter davor zu Boden geworfen und verprügelt. Am Ende gehörte die Straße der Besatzungstruppe und nur noch einige bleiche, weitgehend unschuldige Gefangene saßen in den Transportern und wußten gar nicht, wie ihnen geschieht. Durchaus ein Hauch von Faschismus, aber immerhin keine Königsgrippe mehr, sondern direkte Repression.
Ansonsten wurde das hier dokumentierte Flugblatt verteilt. Eher an Passanten, weit ab von den Demonstrationen. Interessant ist immerhin, dass es leicht verteilbar war und die Leute gerne etwas über die gegenwärtige Situation erfahren hätten. Im Grunde hätte also ruhig etwas anderes auf dem Zettel stehen können. Aber was? Stattdessen ein eher subjektiver Essai über und gegen die Linke, mitunter auch nur über und gegen ein Traumportrait von ihr …
14.5.2021
Flugblatt: Erster Mai in Berlin? Da war doch mal was? Zur Friedhofsruhe in der Maskenrepublick