Chronologie: September 2000 – November 2008
September 2000: Während der internationalen Mobilisierung gegen das Treffen des Internationalen Währungsfond in Prag nehmen griechische Anarchisten am Schwarzen Block teil. Sie stellen einige Kontakte her und üben einen wechselseitigen Einfluss auf die anarchistische Bewegung anderer Länder aus. Bei den anschließenden Protesten gegen das G8-Treffen in Genua 2001 spielen sie eine größere Rolle.
Mai 2002: Anarchisten besetzen in Iraklion ein ehemaliges Krankenhaus, Evangelismos, und rufen eine der größten Besetzungen der Geschichte Kretas ins Leben. Das besetzte Haus spielt eine große Rolle bei der in den folgenden Jahren stattfindenden Verbreitung anarchistischer Ideen über die Insel. Die Besetzung hält 2010 noch an.
Juni 2003: Anarchisten spielen zusammen mit ausländischen Genossen eine große Rolle während der Mobilisierung gegen das Treffen der Europäischen Union in Thessaloniki. Während dieser Organisierung wird die Antiautoritäre Strömung (AK) gegründet, die Versammlungen und soziale Zentren in allen wichtigen Städten Griechenlands etabliert. Sie unternehmen auch den Versuch, eine landesweite Organisation zu werden, analog zur früheren Anarchistischen Union.
2004: Die olympischen Spiele kommen nach Athen und mit ihnen die üblichen Begleiterscheinungen: städtische Umstrukturierungen, ethnische Vertreibungen, starke Polizeipräsenz und Technologien gesellschaftlicher Kontrolle. Erste Stadtteilkomitees entstehen, um die Gegend der Akropolis und Exarchia gegen die Auswirkungen der Spiele zu verteidigen. Zudem gibt es Solidaritätskampagnen mit den überausgebeuteten Einwanderern, die den größten Teil der Bauarbeiten leisteten. Diese Kämpfe sind jedoch nicht sehr erfolgreich.
20. März 2004: Anarchisten aus Thessaloniki besetzen eine riesige Fabrik, um ein soziales Zentrum zu gründen, die Fabrika Yfanet.
1. Mai 2005: AK organisiert eine Demonstration: Menschenwürde und Solidarität mit den Arbeitern in den Schiffswerften von Perama, einer von starken ökonomischen Problemen gebeutelten Gegend.
22.-28. August 2005: Auf beiden Seiten der Grenze organisieren bulgarische und griechische Anarchisten ein No-Border-Camp und greifen ein später geschlossenes Gefangenenlager an. Einige der dort festgehaltenen Einwanderer werden während dieses Angriffs befreit.
2006-2007: Studenten überall in Griechenland besetzen ihre Universitäten und bilden eine große Bewegung gegen die Umstrukturierung der Hochschulbildung im Rahmen des Bologna-Plans der Europäischen Union. Dem starken Widerstand zum Trotz wurde 2007 die Umstrukturierung zum Gesetz, auch wenn dieses von den Politikern nur unter dem Geruch von Tränengas und dem Geräusch der vor den Toren des Parlaments explodierenden Feuerwerkskörper verabschiedet werden konnte. Allerdings gaben die Studenten ihren Kampf nicht auf und ihr Druck verhinderte die Durchsetzung der Gesetzesänderungen durch die Universitätsbürokratie.
23. April 2007: Nachdem der eingesperrte anarchistische Bankräuber Yiannis Dimitrakis von den Gefängniswärtern geschlagen wird, revoltieren die anderen Gefangenen im Gefängnis von Malandrinos und anschließend in allen größeren Gefängnissen des Landes aus Solidarität. Außerhalb der Gefängnisse gibt es mehrere Solidaritätsaktionen. Unter anderem greifen Anarchisten auf Motorrädern Polizeistationen mit Molotowcocktails an.
August 2007: Brandstiftungen lösen große Waldbrände in ganz Griechenland aus. Sehr breite Waldstreifen verbrennen und Dutzende Menschen sterben. Viele Griechen realisieren, daß diese Feuer von Bauunternehmern gelegt werden, die das Land für Baumaßnahmen roden wollen, da nach griechischem Gesetz Baumaßnahmen in bewaldeten Gebieten verboten sind. Vor dem Parlament sammeln sich mehr als 5.000 Personen verschiedener ökonomischer Klassen und kultureller Hintergründe um allen politischen Parteien zuzurufen: „Schmeißt sie alle raus!“.
18. August 2007: In Thessaloniki stirbt der nigerianische Einwanderer Tony Onoya nach einem Konflikt mit der Polizei, die ihn zuvor verprügelt hatte. Offiziell starb er, weil er beim Versuch zu flüchten von einem Balkon gefallen sei. Migrantische Augenzeugen sagten aber, daß er gestoßen wurde. Anschließend sammeln sich Hunderte Nigerianer und andere Einwanderer, unterstützt von örtlichen Anarchisten und Antiautoritären, und randalieren.
30. Januar 2008: Einwanderer organisieren zusammen mit AK Patras und dem Netzwerk zur sozialen Unterstützung von Flüchtlingen und Einwanderern Proteste. Diese bringen 1.500 hauptsächlich afghanische Migranten zusammen, die für Asyl und für die Respektierung ihre Menschenrechte demonstrieren.
2. Februar 2008: Über sechzig Mitglieder der griechischen Neonazigruppe ‚Goldener Morgengrauen‘ (Chrysi Avgi) versuchen, in Athen zu marschieren. Sie werden von 400 Anarchisten und Linksextremen angegriffen, die Polizei geht aber dazwischen, um die Neonazis zu schützen und attackiert die Anarchisten. Während der resultierenden Ausschreitungen arbeiten die Faschisten und die Aufstandspolizei bei der Bekämpfung der Anarchisten auf der Straße zusammen. Diese Kollaboration wurde auf Video aufgenommen und breit ausgestrahlt. Der griechischen Gesellschaft wurde so die Verbindung zwischen Polizei und Faschisten bewiesen. Am selben Tag greifen etwa 10 Anarchisten auf Motorrädern eine Polizeistation mit Molotowcocktails an und am nächsten Tag schmeißen etwa 20 vermummte Anarchisten zu Fuß Molotowcocktails auf eine Gruppe der Aufstandspolizei, die die Büroräume der Sozialistischen Partei bewachten.
Juni 2008: Der reiche griechische Industrielle Giorgos Mylonas wird gekidnappt, nachdem er geäußert hatte, die griechischen Arbeiter sollten einfach ihre Gürtel enger schnallen, um die Sparmaßnahmen zu überleben. Seine Frau zahlt 12 Millionen für seine Freilassung. In ihrem Kommuniqué schreiben die Entführer, daß die Arbeiter jeden Tag ihres Lebens entführt und erpreßt werden. Später wird bekannt, daß sich unter den vier Kidnappern die Anarchisten Polikarpos Georgiadis und Vaggelis Hrisohoides befinden sowie der legendäre Gesetzlose Vassilis Palaiokostas, der mit seinem Bruder schon jahrzehntelang Überfälle und Gefängnisausbrüche durchgeführt hat.
29.-31. August 2008: In Patras halten Antiautoritäre zusammen mit Linksextremen ein No-Border-Camp ab. Sie demonstrieren ihre Solidarität mit den Einwanderern in der Hafenstadt, einem der wichtigsten Zugangspunkte auf dem Weg nach Italien und dem Rest Europas.
November 2008: Achttausend über ganz Griechenland verstreute Gefangene nehmen an einem Hungerstreik teil und stellen sechzehn Forderungen. Antiautoritäre außerhalb und innerhalb der Gefängnisse unterstützen diesen Kampf stark. Die Gefangenen können die meisten ihrer Forderungen durchsetzen.
5. Dezember 2008: Die Normalität regiert. Keiner erwartet etwas Außergewöhnliches. Die Horoskope kündigen die Fortsetzung dieses Zustandes an.