Erklärung der Occupy Oakland’s Move-In Assembly
The Battle of Oakland – Kurzdokumentation
An die Occpupy-Oakland-Familie und alle Unterstützerinnen von Occupy Oakland.
Wir schreiben in Rücksicht auf etwaige Missverständnisse, die vielleicht in Bezug auf den Move-In-Day letzten Samstag (28.1.) bestehen, als das unbenutzte Henry-J.-Kaiser-Kongresszentrum zurückverlangt wurde. Wir mussten einer heftigen Kampagne trotzen, die die Stadt und die Mainstream-Medien lancierten, um uns zu diskreditieren, und leider haben einige aus unseren Reihen solche Falschdarstellungen für bare Münze genommen. Wir hoffen, dass diese Erklärung dabei hilft, die Sache aufzuklären.
Wir erinnern uns daran, wie schön wir alle auf unserer Demonstration waren, ein bunter Haufen von Tausenden, zusammengekommen, um ein unbenutztes Gebäude in ein soziales Zentrum und ein neues Zuhause für Occupy Oakland zu verwandeln. Wir hatten hinten eine Kinderbrigade und vorne eine Reihe von Schildern, und in der Mitte eine feierliche Truppe von Genossen. Wir sollten ermutigt sein, dass da draußen so viele von uns sind, die willens sind, solche Aktionen zusammen durchzuführen und es wie schon beim Generalstreik und der Hafenblockade als Zeichen dafür sehen, was wir tun können, wenn wir solidarisch für den gleichen Zweck vereinigt sind.
Ja, wir trafen auf die harte Hand des Polizeistaates, als das Oakland Police-Department (OPD) sich dazu entschloss, unsere friedliche Demonstration in ein Kriegsgebiet zu verwandeln. Aber eine Sache, die nicht unbemerkt bleiben sollte, ist der Mut und die Widerstandsfähigkeit, die wir an diesem Tag auf den Straßen bewiesen. Ob es darum ging, hinter unseren Schildern auf eine militarisierte Polizeikette vorzurücken, unter Tränengasbeschuss Zäune herunterzureißen, um aus einem Polizeikessel zu entkommen, durch das YMCA zu entfliehen und dadurch Verhaftungen zu vermeiden (Wer immer uns reingelassen hat: Danke schön!), einen Feuerlöscher als Rauchvorhang zu benutzen, um die Flucht derer zu unterstützen, die im Rathaus waren, oder um den Befreiungsversuch unserer Genossen, als diese zur Gefangenensammelstelle Glen Dyer gebracht wurden: Die Bewohner von Oakland zeigten, zu was sie fähig sind und was aus uns noch werden könnte. Vor allem zeigten wir der Stadt und ihrer Schurken-Polizei, dass wir durch ihre Taktik weder eingeschüchtert noch verängstigt sind, solange wir wissen, dass wir uns gegenseitig den Rücken freihalten.
Lasst uns klarstellen: Wir sind keine Opfer sondern Überlebende der Polizeigewalt. Es steht außer Frage, dass wir der Polizei letzten Samstag militanten Widerstand geleistet haben. Es ist nur natürlich, so zu handeln, wenn unseren besten Absichten, eine neue Welt zu schaffen, so feindselig begegnet wird. Dieses Mal war der Ruf: „Wenn Oakland angegriffen wird, was machst dann du? Steh auf! Schlag zurück!“ keine leere Phrase. Gleichzeitig sollte es klar sein, dass nichts diejenigen abhalten wird, unabhängig gewaltfreie direkte Aktionen auf klarer Grundlage zu organisieren, wenn sie das wollen. Das meinen wir mit Diversity of Tactics.
Wir nehmen wahr, dass es Communities gibt, die in den Vierteln in Mitleidenschaft gezogen wurden, in denen die Konflikte mit der Polizei stattfanden. Wir sind vor der Aktion in ganz Oakland unterwegs gewesen und bieten weiter jenen Unterstützung und Solidarität an, die negativ von den unentschuldbaren Aktionen des OPD beeinträchtigt wurden oder traumatisiert sind. Was wir am 28. Januar erfuhren, war eine überwältigende Unterstützung auf den Straßen Oaklands. Sei es, dass uns Umstehende Wasser brachten, um das Tränengas aus den Augen zu waschen, oder uns gewunken oder uns zugejubelt haben oder mit ihren Autos hupten oder aus ihren Wohnungen herunterkamen, um sich uns anzuschließen. Wir haben Solidarität aus erster Hand erfahren, statt nur Prozentpunkte in einer Umfrage.
Das OPD und die Stadt behaupten, wir seien Außenseiter und nicht aus Oakland (auch wenn 93% der OPD-Beamte außerhalb Oaklands leben). Diese Lügen sind für alle durchschaubar, die auf unsere Demos und Versammlungen kommen und ihre Freunde und Nachbarn neben sich sehen. Und die, die aus Solidarität letzten Samstag aus der gesamten Bay-Area kamen, von Dallas bis nach Los Angeles: Sie sind ein Teil von uns und wir ein Teil von ihnen. Sie sind unsere Genossen, und keine Presseerklärung der Stadt kann uns spalten. Unser Herz ist bei ihnen und bei allen Besetzungen, die innerhalb von 24 Stunden nach der Massenfestnahme vom 28. Solidaritätsaktionen organisierten (mehr als 26 bei der letzten Zählung). Wir lieben euch im tiefsten Sinne dieses Wortes. Von Anfang an ging es bei Occupy Oakland um die Ausführung direkter Aktionen und um Selbstverteidigung und um das, von dem wir behaupten, es sei unsere größte Stärke. Es ging immer um Leute, die füreinander einstehen und an radikalen Alternativen zum patriarchalen kapitalistischen System arbeiten. In diesem Geist gehen wir zusammen voran. Niemand kommt von irgendwo „draußen“, um unser Oakland aufzumischen, ganz anders als die vorstädtische Aufstandspolizei. Wir kommen von hier und von überall her und in unserer Bewegung sind alle, die sich uns anschließen, Zugehörige, die sich zusammen für ein besseres Oakland, eine bessere Welt stark machen.
Allerdings sind viele von uns angesichts der während des Tages begangenen taktischen Fehler frustriert, und wir haben aus ihnen zu lernen, wenn wir vorwärts kommen wollen. Aus unserem breiteren Umfeld kommen viele Fragen und kritische Beurteilungen. Wir heißen euch willkommen, sie in bessere Strategien für zukünftige Aktionen zu überführen. Wir müssen lernen, wie wir auf kluge und effektive Weise Gebäude übernehmen können. Wir müssen lernen, wie man sich geschlossen durch die Straßen bewegt, offensive und defensive Initiativen ergreift, Kommunikation in spannungsgeladenen Situationen improvisiert. Kritik ist wichtig, aber wir wollen, dass alle die Schwierigkeiten verstehen, im Angesicht einer so gewaltsamen Reaktion der Polizei eine solche Initiative durchzuführen. Der Staat befürchtet, dass eine erfolgreiche Gebäudeübernahme zur nächsten führen wird. Er hat Albträume von ganzen Blöcken leerstehender Gebäude, die als soziale Zentren und Widerstandsknoten benutzt werden und die Bewohner anderer Städte dazu anregen, dasselbe zu tun. Wenn das OPD auch gerade knietief in der Scheiße steckt: Sobald es dazu kommt, die Eigentumsverhältnisse in Frage zu stellen, dann ist alles möglich und die Leinen werden gekappt.
Diejenigen, die uns vorwerfen, wir würden das nur machen, um ein Spektakel zu inszenieren, wir würden eine Konfrontation mit der Polizei suchen oder wir wären unaufrichtig in unseren erklärten Zielen, machen uns sprachlos. Wir sind dieselben Leute, die innerhalb eines Monats ein zweitägiges Festival geplant haben, um unser neues Zuhause zu eröffnen, die so viele Sachen gesammelt und hergebracht haben, um daraus einen bequemen und sicheren Ort zu machen. Wir haben wohl bedachte Regeln für das Verhalten und die Ausschlüsse angefertigt, um der geschlechtlichen Gewalt zu begegnen, die wir auf dem Camp sahen, und wir erarbeiteten Verteidigungsstrategien gegen Polizeirazzien. War das ein Spiel? Natürlich war es das, genauso wie der Aufbau unseres Zeltdorfes auf dem Oscar Grant Plaza (OGP) am 10. Oktober oder der Aufruf zu einem Generalstreik binnen einer Woche oder die Stilllegung der Häfen. Fast jede der von uns geplanten Aktionen ist voller Risiken und unbekannter Faktoren. Beschuldigt uns der Naivität, wenn ihr nicht anders könnt (und schließt euch uns dann an, um bessere Aktionen zu erfinden), aber beschuldigt uns nicht der Arglist oder versteckter Motivationen.
Während wir damit fortfahren, die Aktionen von letztem Samstag zu reflektieren, dürfen wir nicht vergessen, dass viele aus unserem Umfeld voller Schmerzen und Traumata sind und wir die Unterstützung und die Sorge füreinander brauchen. Mehr als 400 von uns wurden letztes Wochenende festgenommen. Einige von uns sind nach wie vor inhaftiert, stehen erfundenen Vorwürfen gegenüber oder haben verfassungswidrige Bleib-Weg-Anordnungen erhalten. Der Missbrauch, mit dem wir hinter Gittern konfrontiert waren, muss erzählt und weitererzählt werden, da er nicht nur die andere Seite der Repression gegen Abweichungen darstellt, sondern die alltägliche Gewalt des Gefängnis-Industrie-Komplexes gegen alle Gefangenen. Es wurde noch nicht genügend von der Solidarität erzählt, die wir füreinander hinter Mauern und Zellen aufbrachten, die dafür entworfen wurden, uns zu trennen und zu isolieren. Als wir aus Santa Rita herauskamen, gingen wir nicht nach Hause, sondern schlossen uns den zu Dutzenden draußen wartenden Genossen an, warteten auf die anderen und bejubelten jede Freilassung, fütterten und pflegten sie mit Essen und Trost.
Aber viel wichtiger ist, dass die Zeit, die wir im Inneren verbracht haben, eine starke Erinnerung daran war, was wir bekämpfen und warum. Überall auf der Welt schmachten Millionen Gefangene im Gefängnis; in Kalifornien allein sind es fast 200.000 Inhaftierte, überwiegend Farbige als Folge des institutionalisierten Rassismus des Justizsystems. In Santa Rita trafen wir einige dieser Insassen, die uns unterstützende und ermutigende Worte sagten. Wenn wir uns am 20. Februar zu unserer Occupy-the-Prison-Aktion zusammentun, werden wir diese Gefangenen in unseren Herzen tragen.
Das breiter gefasste Umfeld von Occupy Oakland muss wissen, dass wir noch nicht am Ende sind und dass wir fortfahren werden, zukünftige Hausbesetzungen zu planen sowie weitere Aktionen. Wir wissen, dass wir einen weiten Weg zu gehen haben, und müssen uns weiter übertreffen, Brücken schlagen (und reparieren) und unsere Bewegung ausweiten. Trotz allem immer eine schöne unfertige Arbeit. Wir freuen uns auf euere Rückmeldungen und konstruktive Kritik, da wir aus unseren Fehltritten lernen und zusammen vorankommen. Bitte kommt und schließt euch uns an!
Mit Liebe, Wachsamkeit und Solidarität,
die Occupy Oakland Move-in Assembly
5/2/2012
Quelle: http://occupyoakland.org/2012/02/a-statement-from-occupy-oaklands-move-in-assembly