Die politische Situation in Cizîrê
Wie erwähnt hat sich der größte Teil von Assads Truppen aus der Region zurückgezogen, aber einige halten sich immer noch in einigen Städten Cizîrês auf. Das Regime hat immer noch die Kontrolle über die Hälfte der Hauptstadt (al-Hasakah) während sich die andere Hälfte in den Händen der YPG (Volksverteidigungseinheiten) befindet. Regierungstruppen verharren auch in einer weiteren Stadt der Region (Qamishli), wo sie ein kleines Gebiet im Stadtzentrum kontrollieren. Allerdings nutzt die überwiegende Mehrheit in den besetzten Gebieten nicht deren Ämter und Dienste. Die Truppenstärke des Regimes in dieser Stadt beträgt zwischen 6 und 7 Tausend und sie kontrollieren nur den Flughafen und das Postamt.
Beide Seiten scheinen die Position, Macht und Autorität der anderen anzuerkennen. Sie unterlassen Zusammenstöße oder Konfrontationen, ich nenne diese Situation die Politik des „Weder Frieden noch Krieg“. Das heißt nicht, dass es in al-Hasakah oder Qamishli keine Zusammenstöße gegeben hätte. Zusammenstöße kommen vor und verursachen den Tod vieler Menschen auf beiden Seiten, aber bislang sorgt der Anführer der arabischen Stämme dafür, dass beide Seiten koexistieren.
Beide Seiten haben aus dem Rückzug der syrischen Armee Vorteile gezogen: So musste die Armee nicht mit den kurdischen Demonstranten und ihren Militärkräften kämpfen. Das ersparte ihnen eine Menge Kosten. Ferner braucht die Regierung diese Gegend nicht vor anderen Oppositionskräften schützen, da dies die kurdischen Streitkräfte an ihrer Stelle tun. Auch hat Assad, indem er sich aus dem Land der Kurden zurückzog, Kräfte freigestellt, die anderswo und gegen andere Gegner eingesetzt werden können. Durch den Abzug von Assads Truppen aus Kurdistan, kann dieses nun durch die kurdische Bevölkerung geschützt und verteidigt werden. Tatsächlich schützen die Einheiten, welche die Menschen verteidigen, ihre eigenen Leute vor jedem Angriff jeder Macht – auch der Türkei – und das viel besser als die syrische Armee.
Die kurdische Bevölkerung hat außerdem auf folgende Weise profitiert:
1. Sie haben aufgehört gegen die Regierung zu kämpfen. Das hat ihr Land und ihr Eigentum geschützt, viele Leben gerettet und die Leute in Frieden und Freiheit gelassen. Das hat für alle eine Möglichkeit geschaffen, in Frieden und ohne Angst zu leben, während sie ihre eigenen Geschäfte betreiben.
2. Die Regierung zahlt immer noch die Löhne ihrer alten Angestellten, wenn auch die meisten von ihnen im Moment unter der Kontrolle der DSV arbeiten. Das hilft der wirtschaftlichen Lage dort.
3. Die Situation erlaubt es den Leuten ihr eigenes Leben zu bewältigen und ihre eigenen Entscheidungen zu fällen. Das heißt auch, dass es den Leuten erlaubt ist unter der Herrschaft der Tev-Dem und der DSV zu leben. Je länger das passiert, desto größer ist die Chance, dass sie sich etabliert und eine Machtbasis schafft.
4. Das gibt den Volksverteidigungseinheiten und den Frauenverteidigungseinheiten die Möglichkeit, falls nötig, terroristische Gruppen und insbesondere den Isis/IS zu bekämpfen.
In Cizîrê gibt es mehr als zwanzig politische Parteien unter den Kurden und Christen. Die Mehrheit davon ist aus jeweils eigenen Gründen in Opposition zur PYD, der Tev-Dem und der DSV und wollen sich weder der Tev-Dem noch der DSV anschließen. Allerdings haben sie die völlige Freiheit ihre Aktivitäten durchzuführen, ohne jede Einschränkungen. Das einzige, was ihnen fehlt, sind Kämpfer oder Militärs unter eigener Kontrolle.