Meister Yodas chinesische Glückskekse
Der Zeitpunkt.
Eine große Epoche hat das Jahrhundert geboren,
Aber der große Moment findet ein kleines Geschlecht.
Goldnes Zeitalter.
Ob die Menschen im ganzen sich bessern? Ich glaub’ es, denn einzeln
Suche man, wie man auch will, sieht man doch gar nichts davon.
G. G.
Jeder, siehst du ihn einzeln, ist leidlich klug und verständig,
Sind sie in Corpore, gleich wird dir ein Dummkopf daraus.
Die Adressen.
Alles ist nicht für alle, das wissen wir selber, doch nichts ist
Ohne Bestimmung, es nimmt jeder sich selbst sein Paket.
Vorsatz.
Den Philister verdrieße, den Schwärmer necke, den Heuchler
Quäle der fröhliche Vers, der nur das Gute verehrt.
Die bornierten Köpfe.
Etwas nützet ihr doch, die Vernunft vergißt des Verstandes
Schranken so gern, und die stellet ihr redlich uns dar.
Geschwindschreiber.
Was sie gestern gelernt, das wollen sie heute schon lehren,
Ach! was haben die Herrn doch für ein kurzes Gedärm!
Nicolai.
Nicolai reiset noch immer, noch lang wird er reisen,
Aber ins Land der Vernunft findet er nimmer den Weg.
Briefe über ästhetische Bildung.
Dunkel sind sie zuweilen, vielleicht mit Unrecht, o Nickel!
Aber die Deutlichkeit ist wahrlich nicht Tugend an dir.
An einen gewissen moralischen Dichter.
Ja der Mensch ist ein ärmlicher Wicht, ich weiß – doch das wollt’ ich
Eben vergessen, und kam, ach wie gereut mich’s, zu dir.
An **.
Gerne plagt’ ich auch dich, doch es will mir mit dir nicht gelingen,
Du bist zum Ernst mir zu leicht, bist für den Scherz mir zu plump.
An ***.
Nein! Du erbittest mich nicht. Du hörtest dich gerne verspottet,
hörtest du dich nur genannt, darum verschon’ ich dich, Freund.
Der Patriot.
Daß Verfassung sich überall bilde! Wie sehr ist’s zu wünschen,
Aber ihr Schwätzer verhelft uns zu Verfassungen nicht!
An die Obern.
Immer bellt man auf euch! bleibt sitzen! es wünschen die Beller
Jene Plätze, wo man ruhig das Bellen vernimmt.
Insekten.
Warum schiltst du die einen so hundertfach? Weil das Geschmeiße,
Rührt sich der Wedel nicht stets, immer dich leckt und dich sticht.
Selbstkritik.
Was das entsetzlichste sei von allen entsetzlichen Dingen?
Ein Pendant, den es jückt, locker und lose zu sein.
Das Subjekt.
Wichtig wohl ist die Kunst und schwer, sich selbst zu bewahren,
Aber schwieriger ist diese: sich selbst zu entfliehen.
Wechselwirkung.
Kinder werfen den Ball an die Wand und fangen ihn wieder,
Aber ich lobe das Spiel, wirft mir der Freund ihn zurück.
Wahl.
Kannst du nicht allen gefallen durch deine That und dein Kunstwerk,
Mach’ es wenigen recht, vielen gefallen ist schlimm.
Gewissensskrupel.
Gerne dien’ ich den Freunden, doch thu’ ich es leider mit Neigung,
Und so wurmt es mir oft, daß ich nicht tugendhaft bin.
Decisum.
Da ist kein andrer Rat, du mußt suchen, sie zu verachten,
Und mit Abscheu alsdann thun, wie die Pflicht dir gebeut.
Die Möglichkeit.
Liegt der Irrtum nur erst, wie ein Grundstein, unten im Boden,
Immer baut man darauf, nimmermehr kömmt er an Tag.
Analytiker.
Ist denn die Wahrheit ein Zwiebel, von dem man die Häute nur abschält?
Was ihr hinein nicht gelegt, ziehet ihr nimmer heraus.
Empiriker.
Daß ihr den sichersten Pfad gewählt, wer möchte das leugnen?
Aber ihr tappet nur blind auf dem gebahntesten Pfad.
Theoretiker.
Ihr verfahrt nach Gesetzen, auch würdet ihr’s sicherlich treffen,
Wäre der Obersatz nur, wäre der Untersatz wahr!
Letzte Zuflucht.
Vornehm schaut ihr im Glück auf den blinden Empiriker nieder,
Aber seid ihr in Not, ist er der delphische Gott.
Naturforscher und Transcendentalphilosophen.
Feindschaft sei zwischen euch, noch kommt das Bündnis zu frühe,
Wenn ihr im Suchen euch trennt, wird erst die Wahrheit erkannt.
An die voreiligen Verbindungsstifter.
Jeder wandle für sich, und wisse nichts von dem andern,
Wandeln nur beide gerad’, finden sich beide gewiß.
Philosophen.
Gut, daß ich euch, ihr Herren, in pleno beisammen hier finde,
Denn das eine, was not, treibt mich herunter zu euch.
Aristoteles.
Gleich zur Sache, mein Freund. Wir halten die Jenaer Zeitung
Hier in der Hölle und sind längst schon von allem belehrt.
Dringend.
Desto besser! So gebt mit, ich geh’ ich euch nicht eher vom Leibe,
Einen allgültigen Satz, und der auch allgemein gilt.
Einer aus dem Haufen.
Cogito ergo sum. Ich denke und mithin, so bin ich,
Ist das eine nur wahr, ist das andere gewiß.
Ich.
Denk ich, so bin ich! Wohl! Doch wer wird immer auch denken?
Oft schon war ich, und hab’ wirklich an gar nichts gedacht!
Ein Zweiter.
Weil es Dinge giebt, so giebt es ein Ding aller Dinge,
In dem Ding aller Ding’ schwimmen wir, wie wir so sind.
Ein Dritter.
Just das Gegenteil sprech’ ich. Es giebt kein Ding als mich selber!
Alles andre, in mir steigt es als Blase nur auf.
Ein Vierter.
Zweierlei Dinge laß ich passieren, die Welt und die Seele,
keins weiß vom anderen und doch deuten sie beide auf Eins.
Ein Fünfter.
Von dem Ding weiß ich nichts, und weiß auch nichts von der Seele,
Beide erscheinen mit nur, aber sie sind doch kein Schein.
Ich.
Damit lock’ ich, ihr Herrn, noch keinen Hund aus dem Ofen,
Einen erklecklichen Satz will ich, und der auch was setzt.
Ein Sechster.
Ich bin ich, und setze mich selbst, und setz’ ich mich selber
Als nicht gesetzt, nun gut! Setz’ ich ein Nicht-Ich dazu.
Ein Siebenter.
Vorstellung wenigstens ist; ein Vorgestelltes ist also,
Ein Vorstellendes auch, macht, mit der Vorstellung, drei!
Der Teleolog.
Welche Verehrung verdient der Weltenschöpfer, der gnädig,
Als er den Korkbaum erschuf, gleich auch die Stöpsel erfand.
Das philosophische Gespräch.
Einer, das höret man wohl, spricht nach dem andern, doch keiner
Mit dem andern; wer nennt zwei Monologen Gespräch?
Pflicht für jeden.
Immer strebe zum Ganzen und kannst du selber kein Ganzes
Werden, als dienendes Glied schließ’ an ein Ganzes dich an.
(Quelle: Musenalmanach)