Gift N°4
Nochmal zur Mikroorganisationsfrage
Die Abgrenzungen von den formellen Gruppen und Organisationen ist einfacher als die gelungene informelle Organisation. Offensichtlich ist es genauso falsch, sich auf sein eigenes Selbst zurückzuziehen und in der Isolation beständig Recht zu behalten. Die Isolation des Menschen, seine Abstraktion zum Individuum ist genauso eine bürgerliche Form wie die falsche Vereinigung eben dieser Individuen in schrecklichen Kollektiven. Insbesondere braucht jede Organisation immer viele Hände, Köpfe, Fähigkeiten, Leidenschaften. Man muss sich ergänzen lernen und wollen. Natürlich kann es dabei auch zu regelmäßigen Treffen kommen, da man sich absprechen muß. Der Umstand, dass die Bürokraten der formellen Organisation eben immer mit dem Treffen anfangen, noch bevor klar ist, warum man sich trifft, darf nicht von der Notwendigkeit von Treffen ablenken. Eher ist die Frage, wer trifft sich wann und wozu. Selbst die vom Kapital zur Gesellschaft vereinigten Asozialen treffen einander und sei es an der Kasse eines der Depots für Dinge, via Tinder oder sie treffen wenigstens den Liefersklaven von Deliveroo. Oder in einer dieser Arbeitsstätten.
Missverständnisse über den Charakter der jeweiligen Treffen scheinen mir eine der Quellen der Unorganisation unserer Kräfte zu sein. Man kann sich Freitags kollektiv zu einer Party oder auch an einem Tresen treffen. Sowieso in einem der offiziellen Orte. Es gibt ja Discos und Kneipen. Auch hier hängt der Verlauf der Treffen davon ab, ob diese Orte allgemeine Treffpunkte des Ordens sind und etwa selbst von Mitgliedern oder Sympathisanten dieses Ordens betrieben werden, wenn auch zu kommerziellen Zwecken oder ob sie aus rein kommerziell Gründen betrieben werden. Aber davon abgesehen werden diese Orte des lieben Geldes wegen betrieben, und man braucht sich um die Organisation derselben keine Gedanken zu machen. Das hat Vorteile, etwa den, dass diese Orte besser aussehen, aber natürlich auch enge Beschränkungen. Sie reichen aber aus, eine kritische Menge von Leuten des Ordens vorausgesetzt, dass sich viele Leute überhaupt kennen lernen können und das ist eine der Voraussetzungen jeder wirklichen Vereinigung. Dieser Effekt wird noch verstärkt, wenn man in den kommerziellen Räumen auch zu einmaligen Versammlungen ruft, Vorträge hält oder halten läßt, Filme zeigt, etc. Dadurch wird der angezogenen Kreis verdichtet, die Leute bekommen einen Zweck vorgesetzt, ihre Treffen bekommen den Schein eines Grundes.
Dieser Grad der Organisation ist im Grunde schnell erreicht. Man kann sich dort bereits für kleinere Taten absprechen und den Rest bequem per Email abhandeln. Diesen für die tiefere Organisation sicher nicht genügende Raum muß dennoch erst einmal ausgeschöpft werden. Er bildet den Nährboden für alles weitere und die Möglichkeit die eigenen Ideen und Taten zu verbreiten. Aber schon bald existiert das Bedürfnis nach weiterer Verdichtung. Ein Resonanzboden braucht Resonanz. Also trifft man sich privater, aber unter politischem Deckmantel. Diskussionen, Lesekreise, Singkreise, vereinzelte Treffen, um die Mikroaktionen vorzubereiten und sich verbindlicher abzusprechen. Diese Form findet spontan statt und bedürfen kaum der Erläuterung. Ihr Zweck ist klar definiert. Diese Treffen können auch am Tag stattfinden und das ist politisch gesehen deutlich schwieriger, weil verbindlicher und mit weniger enthemmenden Substanzen gesättigt. Je nach Lokalität und Jahreszeit sogar Rauchfrei.
Dann gibt es die Möglichkeit explizit kommunistischer Tresen. Der Raum hierfür ist besser außerhalb der kommerziellen Ware-Geld-Beziehung zu wählen. Natürlich müssen die Unkosten gedeckt sein, aber für die wirkliche Geldbeschaffung für die Opposition taugt das nur begrenzt und auch die teilnehmenden Individuen und Cliquen müssen ihren Erwerb jenseits dieses Raums suchen, wie es überhaupt selten klappt, die Eigenvermarktung mit der Revolution zu verbinden. Solche Räume setzen bereits eine Struktur voraus, oder man borgt sich eine Struktur. Gerade die Lokalitäten der Autonomen bieten sich dafür an, früher oder später wird man aber bessere Räume brauchen oder die Räume der Autonomen würden gemeinsam verbessert.
Was die genaue Innenarchitektur angeht, sollte man nicht sehr wählerisch sein. Es muß Platz für alle sein. Aber es gibt keinen Zwang zur Ungemütlichkeit. Neben fehlender Innenarchitektur und Abgeranztheit ist eine der Hauptschwächen autonomer Räume, dass die Betreiber und Nutznießer derselben dazu tendieren, sich selbst gegenseitig zu agitieren und zwar mit einer Unzahl von oft wenig gelungenen Aufklebern, Postern und Flyern. Man sieht zwar sofort ein, dass man mit denselben kaum weitere Kreise der Gesellschaft beunruhigen wird, aber man sollte dann vielleicht auch einsehen, dass man sich dann damit nicht selbst belästigen braucht. Andererseits ist auch hier die Verbreitung gewisser Ideen nützlich. Besser wär es aber, und dazu dienen diese Räume ja auch teilweise, wenn man hier Verteilungsknoten für die weitere Verteilung einführt, aber das hängt wiederum an der Qualität der Propaganda.
Soweit etwa der Stand vieler Subszenen der Radikalen. Einige Zutaten fehlen oder sind schlecht gemischt. Die wichtigste ist eine lebendige Idee; eben die Qualität der Propaganda: Aufklärung auf allen Ebenen. Dazu ist hier nur zu sagen, dass diejenigen Recht haben, die eben die ganze Aufklärung studieren, diskutieren, in sich aufnehmen und verbreiten. Dazu gehört etwa der spekulative Idealismus Hegels genauso wie der bürgerliche Materialismus Feuerbachs. Der idealistische Materialismus Marxens genauso wie die bürgerliche Sexualaufklärung Freuds. Dazu gehören die Illuminaten wie die Versuche der ersten großen Arbeiterbewegung und die Melancholie der kritischen Theorie. Schönberg, Beethoven, Eisler genauso wie Slime, Jazz und Rolling Stones. Dazu gehört die Literatur und nicht nur die sogenannte revolutionäre Literatur. Schreiben lernt man von Kafka besser als von Thälmann. Es gibt keinen Grund Lenin den Bronté-Schwestern vorzuziehen. Bei all diesen Sachen ist der Wahlspruch: Zurück zu den Quellen. Die sogenannte Zweitliteratur ist selten gut und wenn sie es ist, nennt man sie wieder Literatur. Aber man darf bei allem nicht vergessen, dass all dieses Studium die Gegenwart nicht ersetzen kann. Literatur, Musik, Theater: Es muss gegenwärtige Varianten davon geben. Selbst das Zitat wird überschätzt. Bei aller Vermittlung mit der Vergangenheit – und der Verlust jeglicher Geschichte begleitet den gegenwärtigen Aufstieg des Autoritarismus – geht es um die Unmittelbarkeit, um die Gegenwart. In ihr müssen Zukunft und Vergangenheit erscheinen.
Dann gehört zum Studium der Aufklärung aber auch die wirkliche Aufklärung. Letztlich die Geschlechtsreife, dumm ausgedrückt. Also zunächst Gendertrouble und irgendwann der Garten der Lüste. Man kann den Zusammenhang gelungener sexueller und revolutionärer Vermittlung gar nicht eng genug nehmen!
Natürlich ist es schwierig, einen Raum angemessen zu füllen, sobald man ihm den pathetischen Namen „Kommunistischer Tresen“ gegeben hat. Experimente sind es und man soll bei allem die positiven Seiten sehen, da solche Ausschweifungen immer ihre Reize haben. Was unterscheidet aber ein solches Gelage von jedem anderen? Es spricht natürlich auch dann nichts dagegen, da ein Gelage mit Leuten die man kennt oder die man kennen lernen kann immer gut ist. Aber wozu dann der Name? Zunächst wird durch die Raumwahl und das Setting der Kreis der Personen eingegrenzt. Eigentlich sollte diejenigen, die an irgendeiner Form der Organisierung interessiert sind durchaus die Mehrheit bilden. Es ist ja gerade der explizite Zweck der Versammlung, diese zu vertiefen und zu erweitern. Dann vereinigen sich sind viele politische Freundeskreise in einem Raum. Diese Kreise überlappen sich selbstverständlich, da sie sonst niemals in diesen Raum gekommen wären, die Fähigkeit regelmäßig wenigstens 50 Leute zu versammeln kommt nur durch die Kommunikation privater Cliquen zustande. Die Sache ist dann aber die, dass eben die einzelnen Kreise oft auf sich bezogen bleiben, die Leute für eine wirkliche Vermischung nicht bereit sind. Etwa der Club für sich ist daran gescheitert.
Das Bedürfnis der Einsamen nach Kreisen von Freundinnen ist durchaus notwendig. Essen, Fernsehen, Picknick und Ausflug. Es gibt viele Gelegenheiten dieses Bedürfnis zu stillen. Ein kommunistischer Tresen gehört streng genommen nicht dazu. Hier ist eigentlich die Idee, über den Kreis hinauszugehen, es gibt Individuen und auch diese müssen angesprochen werden. Optimalerweise kann man alleine auftauchen und einen ebenso geselligen wie politischen Abend verbringen. Im Grunde kann man ja offen Fragen: „Was willst du eigentlich hier?“ Und man kann zurückfragen: „Ihr kennt euch, ihr trefft euch und ihr habt altes Werkzeug gekreuzt auf eurer rotes Shirt gemalt. Und wenn ihr kaum singen könnt, ihr macht es trotzdem. Ich bin dem Aufruf gefolgt und sei es, dass der Fernseher mir trister erschien. Also was ist euer Begehr?“ Vielleicht sollte man die wenigstens in Berlin manchmal vernachläßigte Sitte strenger befolgen, nach der man sich einander vorstellt, sich und anderen ins Gedächtnis ruft, warum man sich kennt und welche gemeinsamen „Abenteuer“ einen verbunden haben. Aber es gibt hier kein Schema, aber die Vorstellung bleibt nicht auf den bloßen Namen beschränkt zu bleiben. Schnaps und Tabak helfen, aber auch nur ein wenig. Letztlich muß man sich einfach klar machen, daß die Suche nach gemeinsamen Zwecken und Taten der Grund solcher Treffen ist. Es geht darum, wie die Resonanz verbreitert werden kann. Der Klärung des eigenen negativen Geistes ist dabei um so mehr gedient, als alle gezwungen sind, ihren privaten Kodex, ihre skurrile Form des Humors, ihre ungebräuchlichen Begriffe zu universalisieren und anderen begreiflich zu machen. Auch Englisch oder andere Sprachen als die Deutsche ist nützlich, da man dann die eigenen sperrigen Phantasien auch noch in ungewohnten Wörtern ausdrücken muß.
Dieses nach außen gehen der Kreise ist also der eigentliche Zweck dieser immernoch sehr niedrigschwelligen kommunistischen Tresen. Der tiefer Zweck liegt auf diese Weise sogar außerhalb des Tresens selbst. Es ist der öffentliche Raum, auf den jede solche Versammlung hinauswill. Aber zunächst müssen die sich mehr oder weniger privat auf einander beziehenden Zirkel über sich hinausgehen, sich vermischen, einen größeren Kreis bilden oder auch frei nach Göthe: einen Kreis von Kreisen. Das funktioniert nur, wenn sich Leute der innerhalb der verschiedenen, in Wirklichkeit niemals abgeschlossenen Kreise halbwegs gut miteinander vertragen und sie sich bereits einen gewissen Grad der inneren Befriedigung gewähren. Haben die einzelnen Kreise noch genug inneren Quatschbedarf, dann bleibt es eben bei den einzelnen Kreisen, die sich zufällig in einem Raum verabreden. Auch dann gibt es genug Querkontakte.
Ein Problem sind auch die verschiedenen Rollen der Individuen. Oder vielmehr, dass die Individuen ihre Rollen verabsolutieren. Bei den Kommunisten gibt es welche, die diese Sache zu einem guten Teil ihrer Identität machen. Abgesehen davon, dass dies ins eigene Gegenteil umschlagen kann und wird – gerade in Deutschland bleibt der Radikalenverein dadurch ewig Juvenal –, gibt es auch Menschen. Die identitären Kommunisten fühlen sich dabei oft als die wirklichen Kommunisten, da sie politisch aktiv sind und tatsächlich würde ohne sie wenig laufen. Aber der Sinn des Lebens ist nich die Politik und so werden die anderen glücklicherweise die Mehrzahl bleiben. Dumm ausgedrückt: Sobald dann die Produktion und Verteilung umorganisiert wird, sind alle irgendwie dabei, weil das was wir momentan Arbeit zu nennen gezwungen sind, dann in die allgemeine Tätigkeit der Gattung übergeht und niemand wird abseits stehen wollen., wenn endlich die Frage gestellt werden darf, wie wir leben wollen. Das ist die wirkliche Bewegung, die das verwirklicht, was wir heute Kommunismus nennen. Das aber, was man heute Politik nennt, hat damit nichts zu tun. Es ist daher ein Irrglaube zu denken, die Leute müßten sich ausgerechnet politisch organisieren. Die Organisierten brauchen daher auch keinen Standesdünkel zu entwickeln. Zu viele darf und kann es davon nicht geben, wer soll sonst überhaupt die Revolte wagen. Das machen nämlich selten die Organisierten! Können sie gar kaum, da sie bereits bei der Polizei bekannt sind und Angst haben. So sehr es also die immer in verdinglichten Formen bleibenden, organisierten politischen Radikalen geben wird und so sehr sie sogar Notwendig sind: Sie dienen niemals der künftige Organisation des freien Lebens, sondern höchstens der Organisation des Beginns ebendieser freien Assoziation, wenn sie ihr nicht gerade entgegen stehen. Sprich die sogenannten Unorganisierten sind immer in der absoluten Überzahl und sie sind es, die – anders als Moses – das gelobte Land betreten dürfen und es sich dann darin gut einrichten.
Das Mißverständnis besteht also oft darin, dass die irgendwie organisierten Individuen denken, die anderen für ihre Form der Organisation zu gewinnen zu müssen. Letztlich ist die Vorstellung die, dass die informelle Organisation nur eine Vorstufe der strengen Parteiorganisation ist und diese dann am Ende den Staat übernimmt oder einen neuen aufbaut. Der rote Oktober hängt den Kommunisten leider sehr im Nacken. Bei diesen Leuten gibt es einen Überhang der Organisation und sie agitieren fremde Leute oft mit der Aufforderung eine Organisation zu bilden oder einer solchen beizutreten. Am besten auch noch International. Lol. Daran erkennt man Leute, die nicht wissen, um was es geht. Sogenannte Unpolitische haben oft ein stärkeres Bedürfnis nach Freiheit, als unser Agitatoren und man kann sie sogar leicht dazu gewinnen, etwas dafür zu machen. Nur einem unausgegorenem Verein will sich niemand anschließen, man schämt sich ja regelrecht oft der Phrasen unserer Agitatoren und sie schämen sich glücklicherweise meist selbst. Man muß die zu ihrem Glücke unpolitischen Menschen nur in Ruhe lassen; niemand ändert gerne die eigene, liebgewordene Denkweise und ersetzt sie schon gar nicht durch irgendwelche Phrasen der Linken. Aber oft kann man auf völlig freier Basis kooperieren. Sei es, dass jemand ein Auto hat, es fahren kann und man gerade eine Kleinigkeit zu transportieren hat. Kurierdienste für revolutionäre Propaganda lassen sich so bewerkstelligen, da immer wer jemanden kennt, der gerade hier oder dort hinfährt. Oder es kommt heraus, dass jemand Musik machen kann, Kleinkunst produziert, Mit Theaterleuten Kontakt hat, DJane ist oder gar Harfe spielt. Vielleicht sind es auch die Kinder, die man austauschen kann, um etwas Ruhe im Alltag zu bekommen und wenigstens die Gildenpresse zu studieren, Es gibt oft Möglichkeiten irgendeiner Mikrokooperation, die allen gefällt und ohne, dass man sich gleich mit irgendeinem Unsinn identifizieren muss und sei es mit der Wahrheit selbst. Nur auf diese Weise gelangten etwa die Kinder von Bern zu einiger Bekanntheit. Gerade auf dieser freien Grundlage brauchen dann die Politiker unter den Hobbyradikalen auch nicht mit ihren Zwecken und Inhalten hinter den Berg zu halten. Sobald kein Zwang besteht, diese zu übernehmen, werden sie besser verdaut und am Ende sogar irgendwie adaptiert. Und der Spott der Zivilisten über die verdinglichten Formen des gegenwärtigen „Kommunismus“ kann durchaus helfen, es muß ja Widerstände geben, wenn die Kommunisten recht haben.
Wenn man erst einmal erkannt hat, dass ein Organismus verschiedene Organe braucht, die frei miteinander kooperieren, dass dazu verschiedene Aspekte nötig sind, dann kann man die sogenannten Rollen durchaus fruchtbar machen, eine eigenwillige Dynamik kann dann entstehen. Ein kommunistischer Tresen bekommt dann einen tieferen Sinn und schnell wird man sehen, dass es auch nüchterne Treffen braucht, um die Kooperation zu bewerkstelligen. Aber vieles geht sehr leicht von der Hand, wenn man nur etwas verbindlich ist oder wenn sich jemand findet, der nicht nur die Übersicht über einzelne Operationen wahrt, sondern, ohne sich zu sehr zu beklagen, viele der übrig bleibenden Aufgaben selbst übernimmt. Das sind eben oft, wenn auch nicht immer, die Hobbykommunisten. Solange sie nicht allzu eitel sind und übersehen wie viele doch auch etwas zum Gelingen einer partikularen Sache beitragen, können sie darauf sogar stolz sein, da sie sich dabei oft überarbeiten und ein wenig den Faden daran hindern, zu reißen.
Vieles hier geht selbst an eben die lose organisierten Freizeitkommunisten. Der Autor ist ein solcher. Oft hat er schon gehört, dass man eine revolutionäre Organisation brauche. Daher dieser Text, daher auch schon ähnliche Texte. Jeder aber steht da wie sie steht. Sympathisch ist, wenn jemand Unorganisiertes nach einer Organisation verlangt. Es ist dies immer auch der Wille, irgendwas zu tun. Oft reicht heute schon ein einfacher Botendienst. Die Kommunikees müssen wenigstens eine minimale Verbreitung finden, Texte geschrieben, übersetzt, gesetzt und gedruckt werden. Aber viele dieser Organisationsaufforderungen verpuffen im Nichts. Zweifellos leben wir in romantischen Zeiten und mehr in der Phantasie als in der Wirklichkeit. Leute, die aus jeder politischen Organisation herausgefallen sind oder nie in einer waren, müssen ihrerseits Orte und Menschen suchen, an und mit denen Diskussionen geführt werden, müssen sich dann und wann in den Minimalprozeß einklinken, wenigstens Feedback geben, warum es ihnen nicht gefällt oder warum sogar doch. Alles geht dann viel besser voran, alle sind dann motivierter. Lao Tse sagt: „Es sei besser 50 Leute machen etwas, als 5 Leute machen viel“. Die Wahrheit ist aber: „10 Leute machen noch mehr, wenn 500 Leute etwas machen.“ Nur soll man nicht glauben, es gäbe in diesem Prozess eine Hierarchie. Es kann nicht weiter darum gehen, dass die Revolutionäre die Macht übernehmen wollen oder müßten. Dieser Irrglaube ist seit exakt 100 Jahren praktisch widerlegt und hatte theoretisch niemals recht.
23.10.2017 – Aus Gift N°4