Eric Ostrich
Marginalien zu einer Marginalie mit großen Zielen

„The Left is dead.“ – So lautet Teil eins des Slogans der Wahl der aus den USA kommenden, sich derzeit aber in zahlreichen Ländern festsetzenden Gruppe Platypus, die – eingeladen von TOP – am letzten Sonntag den Monarch für eine Veranstaltung gemietet hatte, zu der sie den wartenden Leuten immerhin schon zwanzig Minuten nach dem angekündigten Beginn Zulass gewährte. „The Left is dead… And they proved it“, wie mein Begleiter nach einer Weile treffend urteilte: Auch leiser, kurzer Austausch über vom Podium kommende Äußerungen wurde unterbunden, Essen und Rauchen waren verboten, und schließlich war auf den in Druckform fürs Publikum vorliegenden drei Referaten des Abends, die ermüdend vorgelesen wurden, auf jeder Seite oben vermerkt: „Please do not cite without permission.“
They want to stay in control, obviously. Und wahrscheinlich macht das ja auch Sinn angesichts des ambitiösen Plans, den Platypus im Monarch verkündete und bei dem dieser Abend nur eine Etappe darstellen sollte: „We want to become leaders of the international Left“. Der strategische Aspekt dieses Drangs nach linker Weltherrschaft erklärt wohl auch die ansonsten verwirrende Assoziationstätigkeit der Gruppe in Deutschland, die Kollaborationen mit TOP, dem Freiburger ISF und der Klassenlosen-Szene umfaßt: In jedem Land soll als Erstes die vorhandene Linke möglichst in vollem, widersprüchlichen Umfang inkorporiert werden, um sie dann nach dem eigenen Bilde umzugestalten.
Die Absicht, alles in den Griff zu bekommen und zu behalten, war vermutlich auch der Grund, warum bei der ersten Nachfrage, die von einem TOP-Mitglied gestellt wurde, der in angemessener Länge von vielleicht zweieinhalb Minuten versuchte, bei der von Platypus aufgeworfenen und in ihrem Sinne gleich, wie oben angegeben, beantworteten Leadership-Frage nachzuhaken, dieser erstmal vom Podium einen Rüffel erteilt bekam: Co-Referate verbitte man sich, woraufhin zwei Platypen ihrerseits mit einem fünfzehnminütigen Referat scharf an der Frage vorbei antworteten. Ach ja, Teil zwei des Platypus-Slogans fehlt noch. Der geht so: „Long live the Left!“ Glaubt man meinem in solchen Dingen kundigen Begleiter, stehen die Chancen für die Verwirklichung dieser Forderung allerdings eher schlecht. Der hielt die Vortragenden – neben dem bisher Angedeuteten – auch aus Gründen der Längen und Drögheit ihrer Ausführungen eher für Zombies, die möglicherweise eine Methode gefunden haben, durch Reden ihre Zuhörer ebenfalls zu Untoten zu machen – zumal der etwas diffuse, offenbar von einem durch den Verlust der Sowjetunion immer noch verwirrten Post-Trotzkismus gespeiste Inhalt auch nicht geeignet ist, das Denken zu schärfen, sondern die Gehirne eher breiartig erweicht.
Eine Umbennung der Gruppe in ‚Platitudes‘ ist vielleicht anzuraten. Zumindest für diesen Abend kann man jedenfalls als Fazit einen anderen, alten Slogan wieder aufwärmen: „DIE LANGEWEILE IST KONTERREVOLUTIONÄR. In jeder Form.“
Gastbeitrag auf www.classless.org