Editorische Notiz von Ralf B. Korte
Niemals mit der Idee der Kultur paktieren – TIQQUN
Das Thema ‚Aufstand‘ ist mit der Übersetzung des Manifestes l’insurrection qui vient in die bürgerlichen deutschsprachigen Feuilletons geraten. Im vorweihnachtlichen Onlinehandel 2010 taucht der Titel gar unter den 300 derzeit meistverkauften Büchern bei Amazon auf. So unsichtbar das Komitee der Verfasser sich präsentiert, so sichtbar sind die in seinen Flugschriften geborgenen Gesten: Traditionslinien der Avantgarden, insbesondere des französischen Situationismus, mischen sich mit soziologischen Analysen zu engagiertem Text, der gerade deshalb funktioniert, weil er Sehnsüchte von Schreibtischmenschen mit intellektueller Verve zu romantischen Handlungsanweisungen koppelt. Das ästhetische Moment verschmilzt mit & zu insurrectioneller Praxis, die als solche teils inszeniert, teils verhüllt werden muss, um sich entfalten zu können. Die Frage des Aufstands ist, im Wissen um die Korrumpierbarkeit aller Widerstände innerhalb des kulturökonomischen Komplexes postindustrieller Gesellschaften, stets in & gegen etablierte kulturelle Dynamiken zu entwickeln: die zitierte Aufforderung TIQQUNs, nie mit der Idee der Kultur zu paktieren, läuft z.b. ausserhalb der imaginären Institution Kultur ins Leere...
... Perspektive, weiterhin Heft für zeitgenössische Literatur und somit interessiert, diverse Operationen auf dem Kulturbetriebstheater zu entziffern, widmet sich mit der vorliegenden Ausgabe den Aufstandsbeschreibungen. Hierfür wurde die Redaktion zu einem temporären Editionskollektiv erweitert, das aus Bernadette Grubner – Ralf B. Korte – Bernd Volkert besteht.