Wer ist schwarze Block? Wo ist der schwarze Block?
Übersetzung eines universitären Kollektivs aus Turin, dass diesen Text im Anschluss an die Krawalle in Rom am 14. Dezember 2010 veröffentlichte. Dort hatte es ziemlich geknallt, nachdem das Misstrauensvotum gegen Berlusconi abgelehnt wurde. Er wurde einige Jahre später von französischen Genossinnen und Genossen übersetzt und auf der kooperativ verwalteten Seite paris-lutte.info erneut gepostet. Und so auch hier weitere 2 Jahre später auf deutsch, da der schwarze Block innerhalb des Protests dieses Frühjahrs 2016 in Frankreich wieder auftauchte und man gedanklich scheinbar nicht besonders viel weiter ist.
Et al., April 2016.
Diese in den meisten Zeitungen nach jedem Aufstand, wie dem in Rom am 14. Dezember 2010, wieder auftauchende Frage verdient eine Antwort. Wollt ihr sehen, wie unsere Gesichter aussehen, wenn sie nicht mit Schals, Helmen oder Kapuzen maskiert sind?
Es sind die gleichen Gesichter, die für eure vergammelten Wohnungen Miete zahlen, die Gesichter derer, denen ihr unbezahlte Praktika oder Vollzeitjobs für 1000 Euro anbietet. Es sind die Gesichter, die tausende Euro bezahlen, um an euren Seminaren teilzunehmen. Es sind die Gesichter der Jugendlichen, die ihr schlagt, wenn ihr sie mit etwas Gras in den Taschen erwischt. Es sind die Gesichter derer, die sich aus dem Bus flüchten müssen, wenn die Kontrolleure erscheinen, weil sie sich die Reise nicht leisten können.
Es sind die Leute, die eure Lendenstücke in den schicken Restaurents medium kochen und dafür 60 Euro pro Abend kriegen – schwarz. Es sind diejenigen, die euch eure Kaffees bei Starbucks zubereiten. Es sind diejenigen, die auf eure Anrufe antworten mit „112, kann ich Ihnen helfen?“ Diejenigen, die Nahrung bei Lidl einkaufen, weil die der anderen Supermärkte zu teuer ist. Diejenigen, die eure Ferienlager für 600 Euro im Monat betreuen. Diejenigen, die die Regale in den Läden aufräumen, wo ihr euer Bio-Gemüse einkauft. Es sind diejenigen, denen die Prekarität jede Lebensenergie wegfrisst, diejenigen, die ein Scheißleben haben, aber entschieden haben, dass sie genug davon hatten, das alles zu akzeptieren.
Wir sind Teil einer Generation, die, für einen Tag, aufgehört hat, sich das Blut mit der Neurose eines in der Prekarität vergangenen Lebens zu vergiften und die Krawalle unterstützt hat. Wir sind die Zukunft, der ihr zuhören müsst und der einzige gesunde Teil einer mit Metastasen bedeckten Gesellschaft. Was sich gerade in London, Athen oder Rom abspielt, ist von historischer Wichtigkeit. Plätze sind mit Leuten überfüllt, die vor Freude platzen, wenn die Polizeiautos Feuer fangen. Unsere Existenz selbst ist in diesen Schreien: die Existenz derer, die nicht glauben können, dass sich die gewählten Regierungen gegen ihre Bürger wendeten und sie jahrzehntelang für die vom Finanzsektor und den multinationalen Konzernen begangen Fehler bezahlen ließen; die Existenz derer, die jetzt anfangen zu denken, dass wir alle zusammen anfangen können, ihnen Angst zu machen. Diese Ausrufe waren wütend und freudig – aus dem gesunden Teil der Gesellschaft ausbrechend, während sich der vergiftete in der Abgeordnetenkammer versteckte.
Der schwarze Block hat wieder zugeschlagen. Ihr wärt besser beraten, wenn ihr jetzt um euch schaut. Gerüchte sagen, ihr könntet einige von ihnen während eurer Seminare, in der Bibliothek, an der Kaffeemaschine, in der Bar, am Strand, selbst im Bus treffen.
Autonomes, universitäres Kollektiv aus Turin, 16. Dezember 2010
Quelle: https://paris-luttes.info/qui-sont-les-blacks-blocs-ou-sont-1965?lang=fr