Halle braucht das schiefe Haus
Kundgebung vor dem Amtsgericht in Halle an der Saale
Man soll differenziert sein, gerade in heutigen Zeiten. Bei vielen unserer modernen Wohnparzellen kann ein Umzug nicht schaden; und wenn die Mieten an die Eigentumsbestien nicht steigen würden und es geeignete Häuser gäbe: Ein Tapetenwechsel ist wahrscheinlich niemals falsch. Dann wieder gibt es Räume, an denen so ein wenig Tradition haftet, dass man sie nicht beliebig verpflanzen kann, und, schlimmer noch, die in unserer Welt gar nicht so leicht zu verpflanzen sind, da die Eigentumsbestien ja leider doch ein Auge drauf haben.
In Halle gibt es sicher einige nette Leute, aber es gibt dort eben auch das schiefe Haus. Man könnte sagen, drinnen wohnt eine Wohngemeinschaft, man könnte sagen, das schiefe Haus sei ein Wohnprojekt. Aber diese Begriffe sind ungenau. Es ist mehr und weniger als dies und besser. Das Haus ist etwas heruntergekommen und tatsächlich renovierungsbedürftig, aber gerade durch diese äußerliche Armut ein freier und gemeinschaftlicher Ort. Es wohnen dort nämlich nicht nur einige Gesellen, im halböffentlichem Ess- und Wohnzimmerzimmer können auch Feste und sogar Konzerte gefeiert werden. Die Einsamen könne sich treffen, die Liebe hat einen – im Winter – kalten Ort. Wenn irgendwo in Halle der heilige Geist seine Aura verbreitet, dann dort. Covid erträgt man tapfer und im wesentlichen affirmativ. Aber man ist dabei angenehm bigott. Bigotter als andere.
Mit anderen Worten: Niemand kann wollen, dass dieses Haus aufhört. (Sie hatten ein schiefes Klavier und haben zugelassen, daß dasselbe die Burg heruntergeschmissen wurde. Das spricht ein wenig für die Räumung.) Selbst wenn die aktuellen Bewohner aus irgendwelchen Gründen nicht mehr wollten, man könnte es spielend anderen Bewohnern geben. Wobei eine gewisse personelle Kontinuität dem Haus die Seele gab, und die Bewohner wollen ja!
Egal. Es gibt da nämlich auch den Besitzer. Er hat den ulkigen Namen „Wohnprojekte Herold“. Andere Bestien heißen „Akelius“ oder „Deutsche Wohnen“. Man soll sich nicht von ungebräuchlichen Namen ablenken lassen. Der Besitzer hat eigenen Bedarf oder jemand seines Fleisches hat denselben. Gerade dort. Es versteht sich, dass ein guter Teil, wenn nicht der gute Teil Halles, also eigentlich alle guten Hallenserinnen und Hallenser für das schiefe Haus in seiner bisherigen Form sind. Die Bestie hat da kaum Freunde. Aber sie hat Paragraphen. Personifizierte Paragraphen. Genannt: „Paragraphen auf zwei Beinen“ oder auch „durch Fleisch und Blut lebendig gemachte Paragraphen“. (Unüblicher ist der Ausdruck Richter.) Es gibt also einen Prozess in den heiligen Hallen Halles. Im Amtsgericht.
Es wird aber auch eine Kundgebung vor dem Amtsgericht Halle geben. Am 18.3.2021 um 8 Uhr in der Frühe. So ihr in Halle wohnt, geht da hin! So ihr jemanden in Halle kennt: Schickt ihn hin. Benutzt Mail und den Short Message Service, Zuckerbuch und WasLos.
Imaginäre Kommunistische Partei
Und hier noch ein ausführlicher Text zum schiefen Haus: „Wohnen gut, alles gut“ von Quextrott Feeper
Plakat für die Kundgebung
Weihnachten 2019 im schiefen Haus.
Chorprobe des Freud-Kanons im schiefen Haus.