Bernd Volkert
Von Schweinen und Menschen
„Asoziale Drecksau!“ Die Worte, die der Fahrer der Strassenbahn, dabei seinen Kopf wie ein kranker Kranich aus seinem Strassenbahnfahrerfensterchen zwängend, mir hinterherbrüllte, nachdem ich in wohlweislich weitem Abstand zu seiner rollenden Maschine die Schienen überquert hatte, diese Worte blieben mir nach jenem Tag am tiefsten ins Hirn graviert. Und dies, obwohl vor dem Urteilsspruch des Wagenführers mir zunächst mein ohnehin schon vom letzten Geld und überdies eh nur noch gebraucht gekauftes Fahrrad, nein, nicht geklaut, sondern, während ich gerade beim Soziamt in der Warteschlange für die Hilfen in den ganz besonderen Lebenslagen meinen Geduldsund sonstigen Nerven eine, wie sich dann erwies, überflüssige Strapazensonderschicht geben durfte, sondern also mein Fahrrad vor der Behörde von was-weiss-ich-schon-wieder-wem mit was-weiss-ich-wievielen-Tritten in einen Totalschaden ummodelliert worden war. Und ich deswegen zum als Krisengespräch vereinbarten Treffen mit der Frau, welche die letzten drei Jahre meines Lebens mit mir geteilt hatte, in der U-Bahn fahren wollte, wobei ich aber in eine der als Fahrscheinkontrolle getarnten Strafgebührenverteilungsjagden geriet, weswegen ich den Weg durch die halbe Stadt zu Fuss hinter mich bringen musste, um dann, dort angekommen, noch vor der Wohnungstür stehend, die bis vor kurzem auch meine Wohnungstür gewesen war, in geschäftsmässiger Kürze von der Frau, die ich die letzten drei Jahre meines Lebens geliebt hatte, mitgeteilt zu bekommen, dass es sich nun doch um kein Krisengespräch, sondern um eine einseitige und dann auch glaubwürdig vorgetragene unwiderrufliche Trennungserklärung handle, worauf die Tür, die ich bis vor kurzem noch die meinige nennen durfte, sich wieder und zum allerletzten Mal vor meinen schon ein wenig feuchten Augen schloss. It’s a short way to the bottom, if you cannot rock’n’roll. „Asoziale Drecksau!“ Die Worte, die der Fahrer der Strassenbahn, dabei seinen Kopf wie ein kranker Kranich aus seinem Strassenbahnfahrerfensterchen zwängend, mir hinterherbrüllte, nachdem ich in wohlweislich weitem Abstand zu seiner rollenden Maschine die Schienen überquert hatte, diese Worte blieben mir nach jenem Tag am tiefsten ins Hirn graviert. Und dies, weil ich dem Urteilsspruch des Wagenführers, wenn auch nicht hinsichtlich Anlass, Ton und Absicht, so doch in der Sache schon recht gab an jenem Tag. Vorausgesetzt man hält Schweine nicht für eine per se verachtenswerte Art.