Kommunistischer Tresen XIX
Im Jemen spielt sich nach Angaben der UNO die derzeit „größte humanitäre Katastrophe der Welt“ ab. Durch den seit April 2015 andauernden Krieg zwischen der von Saudi Arabien unterstützten jemenitischen Regierung und den vom Iran unterstützten Huthi-Rebellen ist ein Großteils der Bevölkerung seiner Existenzgrundlagen beraubt worden. Über 70% der Bevölkerung sind auf humanitäre Hilfe angewiesen, die durch eine saudische Seeblockade oftmals nicht bis zu ihnen gelangt. 2 Millionen Menschen wurden aus ihren Häusern vertrieben. 400.000 Kinder sind lebensbedrohlich unterernährt. Über 85.000 Kinder sind bereits an den Folgen von Hunger und Krankheit gestorben. Die Bilder ihrer nur noch aus Haut und Knochen bestehenden Körper erinnern an jene, die in Deutschland zuletzt nach der Befreiung der Konzentrationslager zu sehen waren. In die hiesige Öffentlichkeit gelangen sie dennoch nur in den seltensten Fällen. Da eine Flucht nach Europa für die Menschen aus dem Jemen kaum möglich ist, kann ihr Leiden dauerhaft verdrängt werden.
Für das Kapital gelten diese geographischen Hürden nicht. Zu Beginn dieser Woche wurde bekannt, dass die deutsche Rüstungsindustrie seit Beginn diesen Jahres Produkte im Wert von 1 Milliarden Euro an die Kriegsallianz um Saudi Arabien verkaufte, obwohl seit Jahren auf deren massive Kriegsverbrechen – vom Aushungern der Bevölkerung bis zur Bombardierung von Schulen und Krankenhäusern – aufmerksam gemacht wird. Wenige Tage vor Jahresende hatten die Rüstungsunternehmen angesichts der Überlegungen zu einem Exportstopp an die Bundesregierung appelliert „rein politische Themen […] nicht auf dem Rücken von Unternehmen auszutragen“, also ihre Profite nicht aus Rücksicht auf totgebombte jemenitische Schulklassen zu gefährden.
Doch gegen die europäische Komplizenschaft an diesem mörderischen Treiben formierte sich in den vergangenen Wochen vermehrt Widerstand. In Berlin gelang es Aktivistinnen auf der Aktionärsversammlung von Rheinmetall die Bühne zu besetzen, um auf die Verwicklung des Konzerns in den Krieg im Jemen aufmerksam zu machen. Und nachdem das Beladen eines saudisches Handelsschiff bereits in Frankreich und Spanien nach Protesten verhindert wurde, konnten Ende Mai auch Hafenarbeiter in Genua durch einen Streik die Zirkulation der tödlichen Waren unterbinden. Ihnen möchten wird die Einnahmen unseres Tresens als zumindest symbolischen Ausdruck unserer Solidarität zukommen lassen.
Wie eh und je wird gesungen, vielleicht gelesen, diskutiert und der Versuch unternommen, einen Ort für all jene zu schaffen, die sich mit dem Bestehenden nicht abfinden.
21.6.2019, 20 Uhr, Brauni
(Braunschweigerstraße 53/55)
Auf diesem Tresen wurde das geplante Flugblatt „Ein Wort zum Jugendwiderstand“ nicht verteilt.