Vortrag
Achim Szepanski: Die Ekstase der Spekulation. Kapitalismus im Zeitalter der Katastrophe
„Spekulativer als spekulativ, das ist die Ekstase des spekulativen Kapitals. Mit einem Blick auf Baudrillard erweist sich die Spekulation als der Modus einer schwindelerregenden Vervielfältigung des Kapitals, als eine transfinite Pornographie des Geldes, die uns totalitär in Beschlag nimmt. Es kündigt sich ein schwereloses Finanz-Kapital an, das in einer Orbitalbewegung mit Lichtgeschwindigkeit zirkuliert.
Der Globus mutiert zum vernetzten und durchgehend geöffneten Finanz-, Handels-, Einkaufs- und Produktionszentrum, mit einem Überfluss von Derivaten, Produkten, Dingen und Informationen (und Müll). Das Über regiert: Überspekulation, Überakkumulation, Überschuldung und Überverschmutzung. Es ist die spekulative Kapitalisierung, die – untrennbar verbunden mit dem Aufstieg der vernetzten Computer – in Folge von ekstatischen Steigerungsexzessen zum Über geführt hat: Zu viel Kapital, aber auch zu viele Bilder und zu viele Zeichen, die jeglichen historischen Sinn neutralisieren und eine weiße Zensur durch Exzess ausüben.
Eine Ökonomie, die mit immer mehr Zahlungsversprechen auf die Zukunft gefüllt ist, welche wahrscheinlich gar nicht eingelöst werden können, ist eine grotesk aufgeblähte Ökonomie, die nicht in der Lage sein wird, den in ihr angesammelten Überfluss und Müll zu entladen. Die daraus resultierenden gegenwärtigen ökonomischen, sozialen und geopolitischen Spannungen und Konflikte, für deren Kennzeichnung der Begriff der »Polykrise« gebraucht wird, weisen auf einen katastrophischen Kapitalismus hin, man denke an das globale finanzielle Kapital und seine Blasenbildungen (die durch Zentralbanken gefördert wie reguliert werden), an die Verschuldung und Inflation, den schwelenden Konflikt zwischen den USA und China, die Tendenzen einer zunehmenden Faschisierung oder an die Klimakrise.
Bei Katastrophen sind politische Funktionen, die Ökonomie und die materielle und soziale Fabrik gestört oder so weit unterbrochen, dass eine Rückkehr zur Normalität in weite Ferne rückt. Die Katastrophe ist ein Loch zwischen davor und danach, das durch die alte Rationalität nicht absorbiert werden kann, während eine neue Normalität auf sich warten lässt. Man könnte die Katastrophe auch eine Black Box nennen, in der die Rationalität des Modellierbaren, des Wissbaren und des Vorhersehbaren zusammenbricht. Die Rede von der Katastrophe darf aber nicht dazu führen, dass der kritische Diskurs sich in die Idee der eigenen Zukünftigkeit verliebt, um sich zum Schluss einer Konservierung zuzuwenden, der des Planeten, der Humanität und der Kultur der Konsumtion (während das spekulative Kapital die Zukunft kalt und rational kalkuliert). So würde man nur das Spektakel des Endes der Welt oder der Apokalypse medial produktiv machen.
Die Schafe haben die Bestien der Apokalypse abgelöst. Der Höhepunkt des Zusammenbruchs wird sich selbst filmen, seine eigene Dauer dokumentieren, noch bevor er eintritt, den Sieg des Endes filmen, die Auslöschung der Weltbevölkerung als Testfeld für die Möglichkeiten des reinen filmischen Exzesses.“
• Sonntag, 25. Mai • 20 Uhr • West Germany, Skalitzer Straße 133
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