Vortrag von Tove Soiland am 28.9. im Laidak
Der Imperativ des Genießens im Lockdown. Warum die Linke in/an der Coronakrise scheiterte
Neuere marxistische Ansätze, die sich an der Lacanschen Psychoanalyse orientieren, sprechen davon, dass die postfordistische Gesellschaft von einem „Imperativ des Genießens“ (an)getrieben wird. Wie verhält sich diese Diagnose zu einer Gesellschaft, die sich, unter wenig plausiblen Gründen, in die fast absolute Askese eines Lockdowns begibt?
Anders gefragt: Wie ist zu verstehen, dass dieselbe Linke, die bis zur Corona-Krise jede kleinste Festschreibung mit Argusaugen verfolgte, um sie als Ausgeburt gesellschaftlicher Normierung an den Pranger zu stellen, nun so bereitwillig die massivsten Einschränkungen akzeptiert, ja, sich gar zu deren vehementesten Fürsprecherin macht?
Der Vortrag reflektiert diesen Widerspruch vor dem Hintergrund der These, dass die Linke kein Verhältnis zu jener Dimension der menschlichen Seele hat, die Lacan das Reale nennt. Vielmehr versucht sie, diese Dimension wegzusperren, nicht ohne dabei in die Sackgasse zu geraten, dass sie dies mit Mitteln tut, denen in ihrer Maßlosigkeit und Sinnentstelltheit genau jene Dimension des Realen anhaftet, die sie so geflissentlich loswerden will. Gerade weil sie von dieser Dimension keinen Begriff haben will, wird sie in einer nun pervertierten Form von dieser heimgesucht, gemäß einer Über-Ich-Logik, die, den Verzicht mit Verzicht nährend, in eine Grausamkeit mündet, die umso gefräßiger wird, je mehr sich das Subjekt ihr unterstellt.
• Schankwirtschaft Laidak • Boddinstr. 42/43 • Berlin-Neukölln • Sonntag, 28. August 2022 • ab 19:00