Anhang II: Propagandaarchiv
Text eines anarchistischen Plakats, das vor dem Streik auftauchte:
Was ist ein Generalstreik?
Er ist die Unterbrechung des normalen Funktionierens des Systems. Er blockiert die Flüsse der Menschen und des Handels. Er sabotiert die Zahnräder, die nötig sind für das Funktionieren des Systems. Er attackiert diejenigen, die verantwortlich sind für unsere Unterdrückung. Er konfrontiert die Verteidiger und falschen Kritiker des aktuellen Paradigmas. Er bedeutet, in unseren alltäglichen Räumen (Nachbarschaft, Arbeit, Schule etc.) zu kämpfen. Er geht heraus auf die Straßen und teilt das Bisschen, das wir haben: Wut, Brot und Träume. Er nutzt das ganze Arsenal der Werkzeuge, welche die Geschichte der Unterdrückten uns zur Verfügung gestellt hat.
Ein Generalstreik kann nur wild sein, alles andere ist Selbstparodie. Wir sehen uns am 29. März auf den Straßen!
Text eines Flugblatts, das vor dem Streik an Jugendliche verteilt wurde:
Sie haben Deine Zukunft gestohlen. Die oberflächliche Wohlfahrt, den amerikanischen Traum, mit denen sie früheren Generationen imponiert haben, die können sie euch nicht länger versprechen. Kein Diplom, kein Gesundheitssystem, kein Kredit, keine Karriere, kein Auto, keine Rente, kein iPod, kein Skiurlaub. Vergesst alles. Jetzt beladen sie euch mit dieser Zukunft: Ein gnadenloser Wettbewerb aller, die sich anstrengen, einen festen Arbeitsplatz zu bekommen als Bullen, als Bänker, als Metrowachen, Manager oder Ingenieure, und jenen, die davon leben werden müssen, von einem prekären Kurzzeitjob zum anderen zu wechseln, Werbeflyer zu verteilen, Touristen und reichen Leuten hinterherzuputzen, zu arbeiten als Kellner, Kassierer, Huren, Köche, Schrottsammler, sich den Arsch aufreißen auf dem Bau oder die Augen ruinieren vor dem Bildschirm. Anders gesagt, die Bastarde ohne Bewusstsein, die als Söldner, Streikbrecher oder Ausbeuter arbeiten wollen, werden triumphieren und alle anderen werden zurückgelassen ohne Rente, Gesundheitsfürsorge oder Lohn.
Schaut euch eure Freunde genau an: Wer von ihnen würde euch aus eurer Wohnung werfen, wenn ihr die Miete nicht aufbringen könnt? Wer von ihnen würde euch ins Gefängnis sperren für Diebstahl oder Drogenhandel als Mittel zum Überleben? Wer von ihnen würde euch feuern, nur um seinen Profit zu steigern? Das sind diejenigen, die die Welt übernehmen und eure Zukunft kontrollieren werden, während alle unter euch, die ehrlich, solidarisch und bescheiden sind, wie Dreck behandelt werden.
Sie haben die Welt zerstört, die ihr bewohnen werdet. Sie haben das Wasser und die Luft vergiftet durch ihre Gier und ihre Missachtung der Natur. Sie haben die Wälder abgeholzt, um sie in Waren zu verwandeln. Sie haben das Klima kaputt gemacht – aus reiner Laune und Arroganz. Sie haben unseren Verstand verseucht mit einer autoritären, pedantischen Erziehung und einer verblödenden Kultur. Sie haben unser Wissen gestohlen, wie wir uns selbst ernähren können, uns selbst heilen, unsere eigenen Häuser bauen und unsere Konflikte selbst lösen können, sodass wir von ihrer Lohnarbeit, ihrer Polizei und ihrer Justiz abhängig bleiben. Damit wir nur zu lernen haben, ihnen zu dienen, ihnen zu gehorchen und die Maschinen zu bedienen, die sie uns aufzwingen anstelle unserer eigenen Werkzeuge. Sie ließen die Geschichte verschwinden, so dass wir nicht verstehen, wie dies geschehen konnte, wie wir vor dem Kapitalismus lebten und wie wir in unserer eigenen Zukunft leben könnten, die von uns geschaffen wäre und nicht von ihnen, diesem gierigen Pack von Ausbeutern, Autoritäten, Folterern und Mördern.
Die verschwundene Geschichte ist die Geschichte unseres Widerstands, unseres Kampfes gegen alle Autorität, und deswegen ist sie der Boden für den Samen einer Zukunft ohne sie. Doch wenn sie die ganze Welt zerstören, wenn sie sie in einen unbewohnbaren Ort verwandeln, werden wir ewig von ihrer Technologie und ihrer Kontrolle abhängig sein, und es wird keine Zukunft für niemand geben.
Verbrennt also. Verbrennt die Zukunft, die sie euch zugewiesen haben. Verbrennt die Pläne, die sie euch aufzwingen wollen. Verbrennt ihre inhumane Autorität, verbrennt ihre falsche Weisheit. Verbrennt alles, was eine Lüge ist, um die Möglichkeit zu schaffen, wie unwahrscheinlich auch immer, dass die Samen einer neuen Welt aus der Asche der alten sprießen. Und vertraut niemandem, außer euren Freunden, jenen, die beweisen, dass sie solidarisch sind, jenen, welche Wut empfinden. Und wenn sie euch „gewalttätig“ nennen, wenn sie euch „unvernünftig“ heißen, wenn sie verlangen, dass ihr aufhört, oder wenn sie versuchen, euch zu rekrutieren, dann tun sie es, weil sie fürchten, die Kontrolle zu verlieren oder einfach als autoritäre Idioten entlarvt zu werden, die die Welt und die Zukunft zerstört haben.
Verbrennt alles, um neu zu beginnen – ohne sie.
Für den unbefristeten Streik, für die Rückkehr von Sabotage, Feuer, Rache und für permanenten Aufstand.
Ein Poster in einem Viertel, das zum Streik aufruft und die geplanten Aktionen des Tages auflistet:
Text eines anarchistischen Plakats, das nach dem Streik verbreitet wurde:
Das Ende des Gehorsams
Ihr musstet uns schlagen, uns ins Gesicht schießen, uns mit Gas angreifen. Ihr musstet uns festnehmen und misshandeln, uns einsperren und isolieren. Ihr musstet uns bedrohen mit neuen Gesetzen und allen erzählen, wir seien „Terroristen“. Ihr musstet all das tun und noch mehr, um uns dazu zu kriegen, unsere Köpfe zu senken. Doch trotz allem, das ihr getan habt, habt ihr nicht bekommen, was ihr wolltet.
Im Angesicht all eurer Bedrohungen, all eurer Befehle und Erpressungen, haben wir am 29. März Freudenfeuer auf den Straßen entzündet. Wir waren keine kleine Gruppe, wir waren keine 300 oder 2000. Wir waren viel mehr. Wir waren die, auf denen ihr jeden Tag herumtrampelt, und euch dabei denkt, wir würden uns nicht verteidigen. Wir waren diejenigen, die ihr bis zum letzten Tropfen in prekären Jobs auspresst. Die, die ihr auf die Straße werft, wenn ihr ihre Häuser beschlagnahmen wollt oder wenn sie die Miete nicht zahlen können. Jene, die ihr verwaltet wie Ressourcen, wie Zahlen in euren Statistiken. Am 29. März gehorchten wir euch nicht, und plötzlich begann alles zu wanken. Nun sind wir uns unserer Stärke bewusst. Wir spüren, wie eure Welt zerbröselt und wir werden euch nicht helfen, sie erneut aufzubauen.
Wir ziehen es vor, unsere eigene aufzubauen. Das Ende des Gehorsams!