Bekanntmachung
Plakat der imaginären kommunistischen Partei (woa) zur wirklichen Spaltung des Tresens.
Plakat auf dem vorletzten kommunistischen Tresen am 20.1.2020. Hier außerdem ein Bericht dieses Tresens.
Bekanntmachung der Imaginären Kommunistischen Partei (woa)
Der Tresen ist die letzten Monate in einen schwer erklärbaren Miniaufruhr geraten. Um dem Rätsel dieser politischen wie menschlichen Probleme näher zu kommen, seien drei Meinungen darüber zitiert, die hoffentlich Klarheit über den Gesamtprozess geben:
I. Der Verfassungsschutz ist entspannt:
„Die Verweildauer in der autonomen Szene ist für viele junge Menschen aber lediglich eine Lebensabschnittsphase und somit oftmals nur von geringer Dauer. Im Alter zwischen 25 und 30 Jahren verlassen vor allem diejenigen wieder die autonome Szene, die ins Berufsleben eintreten und/oder eine Familie gründen wollen. Sogenannte Alt- Autonome bilden eher die Ausnahme, sie spielen aber aufgrund ihrer Erfahrungen eine nicht zu unterschätzende Rolle in der Szene und können aus dem Hintergrund auf sie Einfluss nehmen.“
II. Hegel wiederum ist realistisch, also lakonisch und - dies sei zur Warnung einiger vorausgeschickt - heterosexuell:
„Besonders sind Jünglinge diese neuen Ritter, die sich durch den Weltlauf durchschlagen müssen und es nun für ein Unglück halten, daß es überhaupt Familie, bürgerliche Gesellschaft, Staat, Gesetze, Berufsgeschäfte usf. gibt, weil diese substantiellen Lebensbeziehungen sich mit ihren Schranken grausam den Idealen und dem unendlichen Rechte des Herzens entgegensetzen. Nun gilt es, ein Loch in diese Ordnung der Dinge hineinzustoßen, die Welt zu verändern, zu verbessern oder ihr zum Trotz sich wenigstens einen Himmel auf Erden herauszuschneiden. Diese Kämpfe nun aber sind in der modernen Welt nichts weiteres als die Lehrjahre, die Erziehung des Individuums an der vorhandenen Wirklichkeit, und erhalten dadurch ihren wahren Sinn. Denn das Ende solcher Lehrjahre besteht darin, daß sich das Subjekt die Hörner abläuft, mit seinem Wünschen und Meinen sich in die bestehenden Verhältnisse und die Vernünftigkeit derselben hineinbildet, in die Verkettung der Welt eintritt und in ihr sich einen angemessenen Standpunkt erwirbt. Mag einer auch noch so viel sich mit der Welt herumgezankt haben, umhergeschoben worden sein - zuletzt bekommt er doch sein Mädchen und irgendeine Stellung, heiratet und wird ein Philister so gut wie die anderen auch: die Frau steht der Haushaltung vor, Kinder bleiben nicht aus, das angebetete Weib, das erst die Einzige, ein Engel war, nimmt sich ohngefähr ebenso aus wie alle anderen, das Amt gibt Arbeit und Verdrießlichkeit, die Ehe Hauskreuz, und so ist der ganze Katzenjammer der übrigen da. -“
III. Und weil auch der französische Säufer Debord einen Teil zur Lösung beitrug, nämlich in einem Brief an Juvénal Quillet vom Donnerstag, den 11. November 1971, sei auch dieser zitiert:
„Die Antwort von Schu erscheint mir sehr ehrlich und stellt bestimmt eine Diskussionsgrundlage für Euch her. Aber ich finde, dass er ‚den Revolutionär‘ zu sehr idealisiert: Entweder man erkennt jemandem diesen Titel infolge ausgezeichneter Absichten zu, was keinen Mangel zulässt und sogar eine Auszeit von ein paar Monaten zu einem Verschulden machen würde (allerdings räumt er selbst ein, dass das bei ihm vor kurzem der Fall war), oder man spricht ihm diesen Titel ab – aber würde man deshalb wagen, ihn als einen Verräter oder Bourgeois zu bezeichnen? Ich glaube, man würde viel gewinnen, wenn man dieses Etikett weniger für die gesamte Existenz eines Individuums benutzen würde, sondern mehr in Bezug auf konkrete Ideen und Handlungen. Man kann jedes Individuum revolutionär nennen, das so oft wie möglich etwas objektiv Revolutionäres vollbringt, und das sich darüber hinaus weigert (oder überhaupt keine Lust hat), irgendetwas zu tun, das als eindeutig konterrevolutionär aufgefasst werden muss. Ich bin selbst nicht sicher, ob ich ‚ein Revolutionär‘ bin, bzw. kann ich nur deshalb so bezeichnet werden, weil ich sozial gesehen niemals etwas anderes gemacht habe. Aber ich denke, dass mich auf persönlicher Ebene auch noch zahlreiche andere Merkmale charakterisieren (ich bin auch ein ‚Anti-Künstler‘, ein Säufer, ein Spieler, ein fauler Sack etc.)“
Die drei Zitate sprechen hoffentlich für sich. Die Konsequenzen muss jede individuell ziehen, wenn es sich auch um objektive und gesellschaftliche Zwänge handelt, für die sich niemand schämen muss!
Imaginäre Kommunistische Partei (woa)
20.1.2020