Der linksradikale Student
Warum man nicht an der Uni sondern gegen sie protestieren sollte
Vorwort zu einer Broschüre „Text gegen Studenten“ von der Initiative zur Beendigung der studentischen Epoche, Januar 2002
Der linksradikale Student – nach Überzeugung der meisten ihr zugehörenden Exemplare eine allmählich offenbar aussterbende Gattung. Dieser Endzeitstimmung entsprechend, sind auch die diversen in diesen Kreisen beliebten Beschäftigungen. Für die Interessierten sind im Sortiment:
Der wegen rapide sinkendem Angebot immer weniger Gelegenheit zum Zeittotschlagen gebende Besuch der sogenannten kritischen Seminare, im Privaten beliebig erweiterbar durch die für Außenstehende etwas mysteriösen Lesekreise oder Theoriegruppen, die sich aus den fleißigsten Teilnehmern der erwähnten Seminare rekrutieren. Häufig wird auch gleich ein zwar nicht so bezeichnetes, aber dennoch als solches fungierendes berufsvorbereitendes Praktikum gratis mitgeliefert, indem die betreffenden Studenten sich der Vorbereitung der kritischen Seminare widmen. Der Uni-Betrieb ist von diesen Studenten längst schon aufs Gründlichste und Erbarmungsloseste durchschaut, umso beruhigter und gelassener läßt es sich dann in dessen letzten Nischen bequem machen.
Ein zweites Grüppchen, das zwar eine Schnittmenge mit dem ersten bildet, dennoch mit diesem nicht identisch ist, mag sich mit dieser Beschränkung auf die Theorie nicht zufrieden geben. Es drängt zur Praxis und legt dabei überraschenden Eifer und Ausdauer an den Tag. Überraschend, weil diese Aktivisten unversehens doch immer wieder bei den von der Tradition überlieferten Formen des studentischen Protestes landen, sich aber von ihren historischen Vorbildern in einem nicht ganz unwesentlichen Punkt unterscheiden: Bildeten die linken Studenten einstmals noch die Avantgarde, die Inhalt und Richtung des Protestes vorgab und eine nicht ganz unerhebliche Menge an Gefolgsleuten hinter sich herzog, muß diese Avantgarde heute auch noch ihre eigene Masse bilden, da die meisten Studenten durchaus ausbildungswillig sind und eher den Strukturveränderungen an den Unis vorauseilen als umgekehrt. Die Metapher von den historischen Ereignissen drängt sich auf, die einmal als Tragödie geschehen und dann als Farce wiederkehren. Auch von studentischen Folkloregruppen ließe sich sprechen: Von der gesellschaftlichen Entwicklung offensichtlich überholt, werden Protestformen als Rituale immer und immer wieder inszeniert. Adressaten, die solchem Protest Gewicht beimessen würden oder ihr Handeln von diesem auch nur geringfügig beeinflußen liessen, existieren nicht. Man läßt die Protestler gewähren, bittet sie nur zwischendurch, daß sie doch auf das Beschmutzen der Wände der Uni-Gebäude mit Farbe verzichten mögen – sie seien doch auch sonst ganz liebe Menschen.
Die beiden genannten Gruppen zeichnen sich immerhin noch dadurch aus, daß sie der Realität angemessen ihrem Treiben nicht mit dem Eifer von Barrikadenkämpfern in der Hochphase der Revolution nachgehen, sondern für gewöhnlich eine gewisse Lust- und Perspektivlosigkeit offenbaren, sich also gewissermaßen im Wartestand auf bessere Zeiten befinden und die Tage bis dahin irgendwie mit linker Beschäftigung füllen wollen. Besonders nach der jeweils erneut verlorenen Schlacht sind auch die Aktivisten umstandslos bereit, ihre Rückzugsgefechte für studentische Partikularinteressen auch als solche zu begreifen und nicht als den Keim einer kommenden umfassenden Revolte.
Anders sieht es mit einem dritten Grüppchen aus – weil es vielleicht mittlerweile das größte ist, kann man auch von einer Gruppe sprechen -, das die großen Zeiten schon beinahe gekommen sieht und sich auch benimmt, als ob eine vorrevolutionäre Epoche hereingebrochen sei. Jede Mißfallensäußerung eines x-beliebigen Studenten über sein Studium, die Uni, seine finanzielle Lage, sein Leben wird mit Heißhunger als Ansatzpunkt für propagandistische Agitation aufgenommen, für ein Zeichen, wie sehr die Verhältnisse schon am Kippen seien. Die Massen sind schon da, man muß sie nur mobilisieren, in Bewegung setzen, ihrem Unmut ein Ziel geben. Wir da unten müssen ja nur die da oben von ihren Machtsesseln entfernen, dann wird alles gut. Angespornt wird diese Gruppe von den Kämpfen, die sie an jedem noch so abgelegenem Ort der Erde für sich entdeckt, irgendwie geht’s ja selbst in Tora-Bora noch um die Abschaffung des Kapitalismus. Vorzugsweise verweist man aber auf die Städte, in denen sich anläßlich internationaler Politiker- oder Wirtschaftstreffen ein paar Zehntausend oder Hunderttausend Menschen für die Rückkehr des alten Sozialstaatsmodells auf der Straße eingesetzt haben. Der Vernunft sind die Vertreter dieser Richtung erfahrungsgemäß nicht zugänglich, jeder Widerspruch und jedes Argument wird nur als Aufforderung verstanden, ihren Missionseifer noch zu verstärken.
Schließlich bleiben noch jene Studenten, die politische Aktivität an der Uni generell von vornherein als unerquicklichen Teilbereichs-kampf verstehen und deswegen ihre linksradikalen Aktivitäten vollständig außer-halb der Universitäten ansiedeln. Wie’s denen dann ergeht ist ein anderes Thema. Allerdings dürften Studenten dieser Art ohnehin den geringsten Anteil der gering-fügigen Linken an den Unis darstellen.
Was fast allen gemein ist, die in diese Gruppen fallen – und das sind alle, die sich als Linke verstehen und mehr oder weniger regelmäßig zur Uni kommen – ist ihr affirmatives Selbst-verständnis, Student oder Studentin zu sein. Dies ist nur ein Zeichen für die Bereitwilligkeit zur Identifikation mit der ihnen zugewiesenen Position innerhalb des gesellschaftlich Ganzen, welche nicht unbedingt die schlechteste ist. Das Ganze zu negieren und zu denunzieren, wie es notwendig wäre, wäre damit aber die Negation ihrer selbst und zumal ihres objektiven Konkurrenzvorteils. Das verinnerlichte kapitalistische Prinzip des marktkonformen ‚Hauens‘ und ‚Stechens‘ – z.B. alle zwei Jahre qua ritualisierter Demonstrationen und Besetzungen – kann nicht viel mehr als Kritik am Bestehenden zulassen, um durch Appelle an oben, den Abstand nach unten zu sichern. Dass dabei nicht viel Emanzipatorisches übrig bleibt, soll dann durch pseudo-revolutionäre und autoritäre Agitationsversuche gegenüber KommilitonInnen und anderen BürgerInnen oder durch liberalistisch-herablassende Solidarisierungen mit ‚unseren muslimischen Kommilitoninnen und Kommilitonen‘ kaschiert werden. Sich in erhitzten Disputen positiv aufs studentische Gewicht für (den Standort) Deutschland zu beziehen, sich also auf die internationale Konkurrenz einzuschießen, ist dabei z.Zt. eher verpönt. Von sich als den Studierenden, von denen das Wohl und Wehe der Welt ganz besonders abhinge, zu sprechen, ist dagegen durchaus verbreitet.
Wer sich jedoch auf ein so unsicheres Kollektiv wie ‚Studierende‘ nicht verlassen möchte, verläßt sich im Dschungel der zweiten Natur lieber auf sich selbst und auf den guten Ratschlag aus dem ersten Semester: kritisch zu sein. So werden kritische Seminare und kritische Tutorien besucht oder gar kritische AK’s zu kritischen Themen organisiert, wie z.B. obligatorische Protest-AG’s „Kritische Wissenschaft“ oder „Uni und Gesellschaft“. Hier stellt man dann überrascht fest, daß Hochschule und Gesellschaft in einem „dialektischen Verhältnis“ stehen und dass das gar nicht gut ist, weil die Gesellschaft nicht gut ist. Also werden noch mehr kritische Seminare und kritische Bücher an der Uni gefordert, um die Gesellschaft noch besser kritisieren zu können, anstatt die Uni als konsequenten Ausdruck dieser Gesellschaft mit ihr abschaffen zu wollen. Die unablässige Kritik, die nicht mal unbedingt konstruktiv sein will, weil sie die Frage ‚wofür‘ ignoriert, wird dabei schnell zur Profilierung, um sich das wissenschaftliche Pöstchen zu sichern oder die eigene Stellung innerhalb der Linken und gegen andere Linke zu festigen.
Selbst wenn die Universitäten einst dem Verwertungsinteresse nicht vollständig unterworfen gewesen sein sollten, ist dieser Bereich spätestens durch die Popularisierung im Zuge der 68er-Studentenbewegung in die Logik des Kapitals integriert worden. Mit den Massen, die seit Ende der 60er in den Hochschulen auf Verwaltungsaufgaben vorbereitet wurden, setzte sich auch der in ihren Köpfen sedimentierte Abdruck der objektiven Verhältnisse als positivistische Wissenschaft in vielen Varianten durch. Die objektiven Herrschaftsverhältnisse erschlugen somit jegliche Möglichkeit all jener Gedanken an den Universitäten, die versuchten, der herrschenden Totalität eine Annäherung an Wahrheit entgegenzusetzen. Die Forderung nach einer Demokratisierung erfüllt somit nichts weiter, als die Zementierung des Bestehenden, weil sie eben keine Herrschaftsfreiheit sondern die perfekte Form der anonymen Herrschaft darstellt. Das blinde Festhalten an den Normen der Bildung und Wissenschaft, wie sie einst z.B. von W. v. Humboldt gegen direkte Herrschaft aufklärerisch formuliert wurden und gerne mal vom Verfassungsgericht gegen die ‚Studierendenschaft‘ in Anschlag gebracht werden, ignoriert beflissentlich ihre gesellschaftliche Bedingtheit und Realität, zumal in der institutionalisierten Form ‚Hochschule‘, und fällt jener deshalb um so bedingungsloser zu. Den Prozess der Demokratisierung wieder rückgängig machen zu wollen, wäre dagegen nur ein reaktionärer, wenn auch u.U. gesellschaftlich notwendiger, Verteilungskampf um die Vorteile, die Hochschulen in Bezug auf die Schlacht um den gesellschaftlichen Misthaufen versprechen. So oder so war die Universität nie ein Ort, der sich gegen bestehende Herrschaft richtete und wird nie ein solcher sein.
Daß die Studierenden – zumal die protestierenden – dieses Urteil in ihrer Praxis bestätigen und sich aus der Befangenheit in ihren Partikularinteressen nicht lösen können und wollen, egal wieviel allgemeinpolitisches, vorgeblich gesellschaftskritisches Wortgedöns sie verwenden, zeigte sich gerade bei den jüngsten Streikversuchen. Um nur irgendwie erfolgreich zu sein, wenigstens ‚etwas‘ zu erreichen, andere nicht abzuschrecken (man selbst will natürlich viel mehr), wird die Mahnung ‚realistisch zu sein‘ vor sich hergetragen. Doch bedeutet dieser Realismus, in der Theorie die Realität zu verkennen und in der Praxis zugunsten eines illusionären Pragmatismus sich alles zu untersagen, was ernsthaft über die Verhältnisse hinausweist. Die meisten der Texte sind so voll von Anbiederei an das bestehende Ganze, so voller Selbstüberschätzung der angehenden Akademiker als die Ratgeber, welche diese Gesellschaft gerade noch braucht, um aus ihr endlich ein gutes Gemeinwesen zu machen, so durchdrungen vom Willen zum Konstruktiven und so bar jeder Vernunft, bar jeder Bereitschaft zur rücksichtslosen Kritik geschweige denn zur Infragestellung der eigenen Rolle, daß es niemanden verwundern sollte, wenn z. B. in den Augen der Protestierenden einer der zentralen Skandale während des Streiks an der FU war, daß der FU-Präsident sich nicht auf einen Dialog mit ‚den Studierenden‘ einlassen wollte und sich ihre Resolution nur mit sichtlichem Desinteresse und Widerwillen anhörte.
Für die Betroffenen ist es – das können wir durchaus nachvollziehen – schlimm und ernüchternd, wenn ihr zur Schau getragener Wille, endlich mitmachen zu dürfen, von den Ansprechpartnern an der Spitze der Uni-Hierarchie ignoriert wird. Aber noch ist ja nicht aller Tage Abend. Daß auch der Uni-Präsident Protesten nicht immer und grundsätzlich abgeneigt ist, zeigte sich letzten Freitag, als er seine Untergebenen zu einer Demonstration für vernünftige Sparpolitik im Hochschulsektor rief, die dann natürlich darin bestehen müsse, daß das Institut des Präsidenten erhalten werde. Wieviel streitlustige Studenten sich der Frontbildung des akademischen Standes in diesem Falle angeschlossen haben, ist uns nicht bekannt. Der konsequente Standort-Ökonomismus und der objektiv überholte, aber zur Mobilisierung noch immer geeignete, Antikommunismus brachte jedenfalls mehrere tausend Menschen dazu, vor dem Berliner Kongreßzentrum gegen die Senatskoalition von Sozis und PDS aufzubegehren. Eine Protestform und -größe, von der Studi-Aktivisten nur noch träumen können. Sofern sich die Studierenden jedoch noch ein linkes Selbstverständnis leisten, werden sie einige Bauchschmerzen mit dem vom Präsidenten initiierten Frontalangriff haben. Dabei scheinen uns die inhaltlichen Differenzen durchaus überwindbar zu sein. Daß sowohl die Uni-Leitung als auch die politisierenden Studenten den Staat für eine Instanz halten, von der durch Druckausübung und Appelle das Gute zu erwarten sei, ist dabei eine Basis, auf der man sich schon getroffen hat, ohne es selbst zu wissen. Daß es letztlich darauf hinausläuft, sich vom gesellschaftlich zu verteilenden Kuchen das als angemessen empfundene Stück zu ergattern, ist der zweite zentrale Punkt, an dem ebenfalls objektiv Einigkeit besteht. Das könnte der Beginn einer wunderbaren Freundschaft sein, wenn die Studierenden noch ein wenig lernen: Was nicht mehr geht, ist das Klagen darüber, daß die Uni-Leitung im Interesse eines ungestört verlaufenden Studienbetriebs selbst-verständlich die Polizei als Exekutivorgan des den gesellschaftlichen Zusammenhang garantierenden Staates zu Hilfe bitten muß, wenn die Studierenden mal wieder gegen den falschen Gegner protestieren und Uni-Gebäude besetzen. Denn: Vom Präsidenten lernen heißt Siegen lernen, sollte vielleicht tatsächlich die Schlußfolgerung für künftige Uni-Proteste sein. Hat dieser doch zumindest verstanden, dass Markt, Staat und Senat nicht getrennt voneinander zu denken sind. Will man also erfolgreich sein, muß man diese Elemente als Teile des totalen Verwertungszusammenhangs begreifen. Will man nicht nur erfolgreich, sondern auch realistisch sein, sollte man sich an den FU-Präsidenten halten. Doch zu dieser Konsequenz ihrer eigenen Position werden die Protest-Studis schon noch kommen. Von links können solche Geburtswehen einer konformistischen Revolte im Zeichen der Standortkonkurrenz nur mit Amusement betrachtet werden.
Gar nicht lustig finden wir hingegen die vermeintlich radikalere Fraktion: Der griffige Slogan, unter dem die Aktivitäten allerorten standen, lautete: ‚Bildung ist keine Ware‘. In einer Gesellschaft, in der ohnehin alles längst dem Wertgesetz unterworfen ist, plädiert man also für eine Ausnahme von der Regel, die im Bereich des Geistes gelten soll. Stellt sich allerdings die Frage, was Bildung denn sonst sein soll, wenn keine Ware. Betrachtet man zur Ergründung dieser Frage die diversen, im Zusammenhang mit dem Protest entstandenen Veröffentlichungen, begegnen einem die abgeschmacktesten Vorstellungen von einer der Gesellschaft enthobenen Wissenschaft, die von einem neutralen Ort völlig interessensfrei dieser Gesellschaft mal eben die Leviten lesen soll zum Zwecke ihrer immanenten Verbesserung. Was sich dahinter verbirgt, ist die europäische Tradition des Antiamerika-nismus: Hier soll der deutsche Geist, die deutsche Fähigkeit zur tiefgründigen Reflexion zum Wohle der Gemeinschaft ausgespielt werden gegen die anglo-amerikanische Oberflächlichkeit, gegen undeutsche nüchterne Pragmatik und Egoismus. Wer hier an unzulässige Unterstellung glaubt, sollte wiederum die Veröffentlichungen der Studenten lesen. Immer wieder wird dort die Kommerzialisierung der Bildung, der Universität etc. beklagt, und so gut wie nie fehlt die Benennung des Schuldigen: das internationale Kapital in Form der EU, der WTO, der U.S.A. Die deutschen Politiker tauchen darin nur als Verräter und als Erpreßte auf, Verräter am deutschen Bildungsideal, Erpreßte der internationalen Mächte. Dazu ins Bild paßt – dies sei noch angemerkt – eine begeisterte Beschlußfassung auf einer FU-Vollversammlung gegen den ‚amerikanischen Krieg‘ in Afghanistan und auf der selben Versammlung die ebenso breite empörte Ablehnung einer Solidaritätserklärung mit Israel, die man nur als Provokation verstanden wissen wollte. Ein gut-deutsches Kollektiv also im Kern, deren einzelne Beteiligte sicherlich ihren Weg machen werden in dieser Gesellschaft. Hier ergibt sich unseres Erachtens kein Agitationsfeld für Linke, auch hilft hier keine Polemik mehr. Solche Teile müssen konsequent bekämpft werden. Da werden einem beinahe die sogenannten ‚Neoliberalen‘ oder sich selbst als ‚Modernisierer‘ Bezeichnenden in den Uni- oder Bildungspolitik-Strukturen sympathisch. Aber nur beinahe. Ernsthaft schließlich zu hoffen, irgendwas sei in der ganzen ‚Scheiße‘ (Marx), also indem man dort irgendwie kritisch mitmacht, noch zu gewinnen, geht nur auf Kosten einer völligen intellektuellen Selbstaufgabe.
Wer das Vorgetragene nun als unzulässige Pauschalisierung oder als Miesmacherei ablehnen will, dem sei gesagt, daß wir derartige Vorwürfe vehement zurückweisen und durchaus standhaft behaupten, daß das Gesagte schon seine Richtigkeit hat. Die Lage der Linken nicht nur aber auch an den Unis ist so mies, wir brauchen uns gar nicht anstrengen, es noch schlimmer darzustellen, und die aktuellen links inspirierten Aktivitäten dort sind durchweg perspektivlos, sind entweder Beschäftigungstherapie oder illusionärer Aktivismus oder schlimmeres. Für die ominösen Linken an den Unis kann das nur heißen, sich heraus zu halten. Damit jemand ‚agitierbar‘ ist, muß er ansatzweise schon selbst zu denken begonnen haben, muß er selbst diesem Protest der Konformen schon Skepsis entgegenbringen, um dann ‚außerhalb‘ sein Unbehagen als formulierte Kritik vorzufinden. Worauf es ankäme, wenn überhaupt für die Linke an den Unis noch was zu ‚holen‘ sein sollte, wäre die nüchterne Besinnung auf diese objektiv verzweifelte Lage, weiter der Verzicht, den realen Verhältnissen durch Anpassung hinter-herzulaufen, schließlich die öffentliche Denunzion der rundweg als schlecht erkannten Verhältnisse. Dazu gehörte eben auch die Kritik und Diffamierung der Studenten und ihrer affirmativen Proteste, welche bedigungslos und nicht hinterrücks wieder anbiedernd zu sein hat. Wird man deswegen dann als ‚Vertreter der reinen Lehre‘ oder ähnliches beschimpft, sollte dies als Hinweis aufgefaßt werden, daß man auf dem richtigem Weg ist. Auf besserem jedenfalls, als wenn man des Mitmachens zuliebe die Grundsätzlichkeit des eigenen Anspruchs unter den Tisch fallen lassen würde. Diejenigen, die das tun, enden praktisch nur in der Ununterscheidbarkeit und sind weniger ‚radikale Linke‘ oder ähnliches als protestierende Studenten. Und das scheint der ganze Aufwand dann doch nicht wert. Dem ist erfolgreich studieren und reich werden durchaus vorzuziehen.