Der beschämende Graben
Letztes Jahr kamen die KRG und die irakische Regierung überein, einen 35 Kilometer langen und über 2 Meter tiefen und etwa zwei Meter breiten Graben an der irakisch-syrischen Grenze von Kurdistan auszuheben. Angeblich aus Sicherheitsgründen. Der Graben trennt Cizîrê in Westkurdistan von Irakisch-Kurdistan im Süden. Der Tigris deckt fünf Kilometer dieser Grenze ab, so dass man dort keinen Graben braucht. Die nächsten zwölf Kilometer wurden von der KRG gebaut und die abschließenden achtzehn Kilometer von der irakischen Regierung.
Sowohl die KRG und die irakische Regierung sagen der Graben wäre eine notwendige Maßnahme, wegen der Furcht um den Frieden und die Sicherheit im Irak inklusive der Region Kurdistan. Aber die Leute haben grundsätzlich einige schwerwiegende Zweifel über diese Ängste. Was für eine Angst? Vor wem? Vor der Isis/IS? Es ist für Gruppen wie die Isis/IS unmöglich über diesen Teil Syriens in den Irak oder die KRG zu gelangen, da er durch die YPG und YPJ verteidigt wird und Cizîrê von dem Isis/IS komplett gesäubert wurde. Jedenfalls weiß der Mehrheit des kurdischen Volks, dass es einige Gründe gibt, den Graben auszuheben. Zunächst sollen die Syrier daran gehindert werden, vor dem Krieg nach Irakisch-Kurdistan zu fliehen. Außerdem ist der Anführer der KRG, Masoud Barzani – wie oben bereits erklärt – über die PKK und PYD besorgt und daher will er und die KRG sie und alle anderen von der DSV daran hindern, in diesen Teil von Kurdistan zu kommen. Zweitens wird der Graben die Wirksamkeit der Sanktionen erhöhen, die gegen Westkurdistan mit dem Zweck erlassen wurden, es unter Druck zu setzen und zu erwürgen, bis zu dem Punkt, an dem sie kapitulieren und die Bedingungen der KRG akzeptieren. Allerdings habe ich das Gefühl, dass die Kurden in Syrisch-Kurdistan vor die Wahl gestellt, entweder zu kapitulieren oder zu verhungern, allerdings den Hungertod wählen werden. Daher nennt die Mehrheit der Kurden, wo immer sie leben, den Graben den „beschämenden Graben“…
Es gibt keinen Zweifel, dass die Sanktionen das kurdische Leben in Cizîrê lähmen, da die Leute alles brauchen. Etwa Medizin, Geld, Ärzte, Krankenschwestern, Lehrer, Techniker und Experten in den industriellen Gegenden, vor allem für die Inbetriebnahme der Ölfelder und Raffinerien. In Cizîrê gibt es tausende Tonnen Weizen, den sie gerne für 200-250 Dollar pro Tonne an die irakische Regierung verkaufen würden, aber die zahlt 600-700 Dollar pro Tonne Weizen woanders.
Es gibt Leute in Westkurdistan, die nicht verstehen, warum die KRG – eine Kurdische Selbstverwaltung – und ihr Präsident, Masoud Barzani – der sich selbst einen großen kurdischen Führer nennt – ihre eigenen Leute in einem anderen Teil Kurdistans zu Tode hungern wollen.
In Qamishli riefen die Tev-Dem zu einer großen, friedlichen Demonstration für den 9.Mai 2014 auf. Einige Tausend nahmen teil und demonstrierten gegen die, die den beschämenden Graben aushuben. Es gab viele kräftige Reden verschiedener Leute und Organisationen, etwa der Volkskammer und vieler anderer Gruppen und Komitees. Keine ihrer Reden erhöhte die Spannung zwischen ihnen. Die Reden konzentrierten sich in der Hauptsache auf Verbrüderung, gute Beziehungen und Kooperation zwischen beiden Seiten der Grenze, die Aussöhnung aller zerstrittenen Parteien und auf den Frieden und die Freiheit. Schließlich wurde die Angelegenheit zu einer Straßenparty und die Menschen tanzten glücklich und sangen vor allem Hymnen.