Antideutsche Kommunisten
Gegen Attac! – Über den Fetischismus in der Politik
Vortrag, gehalten im Sommer 2002 in Würzburg
I.
Ich will heute die globalisierungskritische Vereinigung Attac kritisieren und es ist gut, ein paar Worte vorauszuschicken, die erläutern, was Kritik normalerweise bedeutet. Kritik setzt voraus, daß der kritisierte Gegenstand ein wenigstens teilweise vernünftiger ist, da sonst jeglicher Punkt fehlen würde, an dem ansetzbar wäre. Die alte Religion im Mittelalter etwa war die Himmelsprojektion einer erlösten Menschheit, die auf der Erde kein Glück erwarten konnte, nicht nur, weil sie in ihrer Masse an ein Stück Land gebunden war, sondern weil die Mittel die sie zur Verfügung hatte, um sich die rohe Natur zu menschlichen Zwecken umzuformen, mager waren. Zwar war die Einführung der Dreifelderwirtschaft ein Produktivitätsfortschritt, aber vor der Anwendung der Chemie auf die Landwirtschaft waren die Erträge doch eher gering. Genauso die Windkraft oder Wasserkraft, die nicht mit der Dampfmaschine mithalten konnte. Die Religionskritik also konnte erst entstehen, als die Naturbeherrschung den Himmel profan erscheinen ließ. Praktisch wurde die Religion durch die große Industrie, theoretisch unter anderen von Feuerbach kritisiert. Fortan war die Religion als dürftige Kette entlarvt, die über dürftige Verhältnisse trösten soll. Wenn aber die Aufklärer statt eines jenseitigen Himmelreiches ein Himmelreich auf Erden forderten, so war die Erlösungshoffnung, als säkularisierte, aufgehoben. Die Religion wurde also nicht einfach verworfen, sondern sie wurde aus ihrer Abstraktheit befreit und so zur Utopie einer freien Menschheit. Statt ihre phantastische Realisierung im Himmel zu suchen, strebte man nach Erfüllung auf Erden.
Marx konnte wiederum den antireligiösen Pathos der Aufklärung aufnehmen und beweisen, daß unter gegebenen Bedingungen der eigene Anspruch, eine menschliche Welt zu bilden, scheitern muß. Selbst die herrschende Klasse, sagt Marx, besäße nur den Schein von Menschlichkeit, da ihr Genuß immer vom Geiz überschattet sei. Geizig aber mußte der Bourgeois sein, weil unterm Kapital das Mehrprodukt reakkumuliert werden muß. Dafür, daß er es war, sorgte die protestantische Askese, welche die eh notwendige Selbstkasteiung noch einmal ideologisch verbrämte. Die Arbeiter aber besaßen nicht einmal den Schein der Menschheit, sie waren die Negation der Menschheit, besaßen nichts als ihre Arbeitskraft und mußten diese an das Kapital verkaufen. Konnten sich die Bürger wenigstens einbilden, Subjekte zu sein, so blamierte sich dieser Anspruch an den Proletariern, die bloße Arbeitskraftbehälter waren und zu funktionieren hatten. Sie waren Objekt eines metaphysischen Subjektes, der Kapitalverwertung, die Marx kritisiert und die bei Hegel als „absoluter Geist“ erscheint, bei Adam Smith als „unsichtbare Hand“, und heute seltsam verdinglicht einfach „Sachzwang“ genannt wird.
Da aber die Bürger nicht bloß, wie heute, subjektive Automaten waren, die sich dem kapitalistischen Weltlauf so aalglatt anschlossen wie heute die Stundenten, sondern in ihrem aufklärerischen Eifer pathetisch wurden, den Beginn der Geschichte ankündigten und sich teilweise so aufführten, als wären sie bereits Menschen, da also überhaupt der Anspruch in der Welt war, selbige solle vernünftig sein, nur deshalb war Marx überhaupt ein Kritiker, wenn er nachwies, daß auch im Kapitalismus der Produktionsprozeß über dem Menschen herrscht und die einzelnen Subjekte gezwungen sind, sich als Charaktermasken des von ihnen selbst hervorgebrachten und betriebenen Produktionsapparats zu verhalten, der sich ihnen gegenüber verselbstständigt hat. Heute weiß man bekanntlich auch um der radikalen Geschiedenheit der Menschheit von ihrer eigenen Produktion, aber niemand stört sich noch an dem Dasein als Humankapital. Nicht das Dasein als Humankapital wird heute kritisiert, sondern der Begriff Humankapital, der dann auch mal Unwort des Jahres wird. Heute will niemand mehr die Emanzipation des Menschengeschlechts und das, obwohl die Welt wie sie ist für viele so unerträglich ist, daß sie wie in Erfurt durchdrehen und Amok laufen.
II.
Kritik, darauf wollte ich hinaus, braucht ihren Gegenstand als Thesis, um dann über ihn immanent hinausgehen zu können. Die Kritisierten müssen irgendein Bild von der Welt haben und sei es auch ein falsches und außerdem den Anspruch auf Glück äußern, an dem die Welt wie sie ist gemessen werden kann. Auch der Glücksbegriff kann ein falscher sein, Hauptsache er ist vorhanden. Kritik muß es also mit Leuten zu tun haben, die selbstständig Denken wollen und können und die also der menschlichen Vernunft zugänglich sind. Dazu ist vorauszusetzen ein Gedächtnis. Nur wer sich an die Erfahrungen des bisherigen Lebens erinnert, kann auch in der Gegenwart vernünftig handeln. Bekanntlich kann heute schon nach der Tagesschau kaum jemand sagen, was eigentlich für Meldungen kamen. Gibt es kein Gedächtnis, so gibt es keine Entwicklung und folgerichtig sind ohne Ausnahme alle infantil. Arbeiter, wenn sie streiken, führen sich auf wie am Kindergeburtstag und machen tatsächlich eine Polonaise. Dementsprechend sind ausnahmslos und mit einer gewissen Notwendigkeit die politischen Bewegungen heute gestrickt. In ihrem Agitationen ist nichts enthalten, ihre Polemiken fade, ihre Feste trist, ihre Redner schlecht. Es macht Mühe, irgendetwas zu finden, das in die richtige Richtung weist. Völlig medienkonform nennt man sich und seine schäbigen Aktionen auch noch kreativ oder spannend. Politische Bewegungen sind heute wesentlich Apparaturen, die eventuelle Unzufriedenheit aufsaugen, ehe sie sich ernsthaft artikulieren kann. Sie müssen dabei nicht vom Staat gelenkt werden, es ist sogar effektiver, wenn der Staat sie im Verfassungsschutzbericht aufführt, obwohl jeder Staatschützer weiß, daß eine neue Steuer nichts zersetzendes hat. Die seltsamen Teenager, die es manchmal gibt, die Aufnäher tragen, auf denen geschrieben steht: „Wilde Vögel fliegen hoch in der Luft, während die Spießer alle nur auf dem Boden bleiben“ oder „Fische wie ich schwimmen stets gegen den Strom, ihr aber mit dem Strom“ und die sich als Zeichen ihres Protestes einen Mumia-Sticker irgendwo anstecken und sich die Haare bunt färben, müssen eingebunden werden. Aus dem Mumia-Sticker soll schnell die Friedenstaube werden. Der Unterschied ist bescheiden, nur daß die Führer von Attac, die dies erledigen, keine Kinder sind, sondern kindliche Erwachsene. Solche Gruppen sind lästig und nicht reformierbar. Sie tun was sie tun müssen, und dies ist das genaue Gegenteil von Aufklärung. Ein Aufklärer müsste besagte Teenager freundlich darauf hinweisen, daß ihre romantischen und naiven Freiheitssehnsüchte höchstens der Anfang von Kritik, daß die Verhältnisse sehr viel schlimmer für das gedrückte Menschengeschlecht sind, als wir in unserem überwiegend jungen Alter es wissen können und das man besser dafür sorgt, sich einen Begriff von der Welt zu machen, also ein paar kluge Bücher von Marx liest oder von jemandem, der ähnlich klug denkt, als die eigenen zufälligen Gedanken für den Gipfel der Opposition zu halten. Dies ist nicht die Aufgabe von Attac, die dafür sorgen, daß unter keinen Umständen kluge Menschen selbstständig denken und sich am Ende eine Praxis ergibt, die tatsächlich nicht nur Einfluß auf die Ökonomie nimmt, sondern diese sich aneignet und vollkommen umgestaltet.. Die Ideologie von Attac ist, wie ich am Ende dieses Referates zu zeigen versuche, reaktionär. Kommunisten, denen es im Ernst daran gelegen ist, sich die menschliche Produktion anzueignen, können mit Vertretern von Attac nicht reden. Sie können es freilich versuchen, aber sie werden sich schlechter verstehen als die Leute in Babylon.
III.
Nun genauer und Ausführungen über die Verdrehtheit des Vereins, der immer das Gegenteil von dem macht, was er behauptet.
a) (Ohnmacht)
In den Medien wird Attac des öfteren als ebenso erfolgreich wie Greenpeace bezeichnet. Diese Gruppe hat bekanntlich nichts vernünftiges erreicht, noch nicht einmal im Umweltschutz, wenn man vernachlässigt, daß wir jetzt alle gezwungen sind, unseren Müll zu sortieren und die Tiere nun auch im Grundgesetz ihre Stelle haben, zur endgültigen Demütigung der Menschen.
Die Erfolgsstory von Attac sieht ähnlich aus. Ihre Flugschrift Bushtrommel konstatiert, daß immer mehr Menschen sich von ihnen freiwillig verblöden lassen wollen. Die Bushtrommel: „Attac wird für immer mehr Menschen zum Hoffnungsträger, die vermeintliche Ohnmacht zu überwinden.“ Nur zum Vergleich: Kommunisten haben solche Ziele nicht, wie die, zum Hoffnungsträger zu werden. Die Arbeiter, so hieß es früher, müssen sich schon selbst befreien. Es rette sie kein höhres Wesen, nicht Allah, nicht Attac. Nicht emanzipierte Menschen suchen sich einen Verein, der ihre Hoffnungen trägt, sondern Sklavennaturen. Da freut sich natürlich die Organisation, die wie schon erwähnt die Menschheit in Knechtschaft halten möchte. Was macht also das höhere Wesen, der Träger der Hoffnungen, wie eins Mutter Theresa: Er hilft die vermeintliche Ohnmacht zu überwinden. Als ob die Ohnmacht im Spätkapitalismus keine wirkliche wäre, als ob die stumpfsinnige Arbeit, zu der sich die Menschen heute lächelnd zwingen, nicht ebenso stumpfsinnige Menschen hervorbringen würde, die dann in ihrer Freizeit TV glotzen oder Halt im Diskobeat suchen. Statt also über die allerrealste Ohnmacht zu reden, wird sie als eingebildete behandelt, die durch Beitritt zu Attac schon verpufft. Pax Christi ist zurecht in diesem Verein.
Indem Attac behaupten, durch ihre schäbigen Forderungen würde die Menschheit Herr über ihre Lage werden, zementiert Attac die schicksalhaft erscheinenden Verhältnisse. Daß sie dabei so tun, als ob sie nicht länger an das neoliberale Schicksal glauben und nun kühn aufbegehren, soll nur noch ein paar Nägel ins berühmte Brett vor den Kopf rammen. Die Lohnarbeit, das alle erfassende Sozialsystem, die Staaten, die Völker, die Polizei, der Markt, das Geld und all die anderen höchst realen Ausdrücke menschlicher Erniedrigung sind den Freunden der Tobinsteuer natürlich ebenso schicksalhaft wie dem Broker, dem Banker oder anderen unsympathischen Zeitgenossen. Da sie die Ohnmacht nur als Kategorie überwinden, bleibt diese real ungebrochen, nur die Menschen tun in ihrer Ohnmacht so, als seien sie es nun dank Attac nicht mehr. Ganz ähnlich wie in der Werbung, die auch verspricht man sei frei, wenn man nur Bacardi trinkt . Dieser glaubt auch niemand.
b) Bildung
„Attac versteht sich als Bildungsbewegung mit Aktionscharakter und Expertise.“ Erklärtermaßen sind sie stolz darauf, kein kommunistischen Manifest zu besitzen und lesen wird es auch niemand. Man schimpft einfach über die neoliberale Ideologie, ohne freilich einen Begriff von Ideologie zu haben. Die neoliberale Ideologie werde einfach von bösen Neoliberalen gestreut, welche die Tobinsteuer verhindern wollten. Die Steuer wiederum soll, so der Plan, den Arbeitern in Rußland und Somalia genug zu essen verschaffen. Ein spießiger Bildungsverein wie die Volkshochschule will Attac sein, mit Aktionscharakter. Zum Beispiel die Geldgier anprangern und ein absolut kreativ selbst gebasteltes goldenes Kalb umherziehen um so darauf aufmerksam zu machen, daß es zu viel Sucht nach Geld und materiellen Gütern gebe und dabei die echten Werte und Ziele vernachlässigt würden. Die Mythe auf die sich naiv bezogen wird, will, das die Menschen zum lieben Herrgott beten, statt goldene Kälber anzubeten.
Das Theorie/Praxisproblem wird einfach so gelöst: Die abgedroschensten Phrasen werden mit Aktionen von unten gepaart, die so wirkungslos sind, daß sich die Polizei noch nie ernsthaft für sie interessiert hat. Dazu gibt es Expertise, nämlich einen eigenen wissenschaftlichen Beirat, indem dann echte Professoren sitzen, die als Experten die notwendige Glaubwürdigkeit bürgen, die der Schwachsinn sonst nicht hätte. Statt die Volkswirtschaftslehre als der Astrologie verwandte Veranstaltung zu denunzieren, darf dann jemand wie der Volkswirt Elmar Altvater Expertisen schreiben, in denen zweifelsfrei nachgewiesen wird, daß der Diskontsatz erhöht werden müsse, wenn die Arbeiter endlich von der Bildzeitung erlöst werden sollen. Ich gehe davon aus, daß niemand von Ihnen den Herrn Altvater liest, seine Bücher sind auch so verfasst, daß sie nicht gelesen werden müssen.
c) (Basisdemokratie)
„Im Mittelpunkt stehen bei Attac die Menschen, die vor Ort aktiv werden.“ Wieder dieselbe Zementierung der Verhältnisse, in denen bekanntlich der Mensch so wenig im Mittelpunkt steht wie beim Verein Attac, der bei aller gepriesenen Demokratie doch von Politikkadern geleitet wird und deren Verlautbarungen, wie die Bushtrommel, nicht von der Basis kommen. Das Postulieren menschlicher Zustände wird von der Werbung genutzt und ist immer durchsichtige Propaganda. Der Glaube, daß Menschen ihre Ohnmacht überwinden, indem sie einfach aktiv werden, ist dumm. Aber der Aktivitätsfetisch um seiner selbst willen ist notwendig, sonst würde der unhaltbare Zustand der Welt ins Bewußtsein kommen, den alle versuchen durch Scheinaktivität vergessen zu machen. Was dabei rauskommt, wenn man solche politische Scheinaktivität zu lange betreibt, sieht man an den alten Aktivisten der Friedensbewegung, die immer wieder aus ihren Löchern kriechen und auch nach zwanzig Jahren activity nichts vernünftiges zur Welt zu sagen haben und die dann Mahnwachen gegen Gewalt organisieren.
IV.
Attac sind wie ein Chamäleon. Gegen die Presse blöken sie, daß sie ganz brav seien und für die Demokratie, und wenn Linke sie kritisieren, so schwenken sie einfach um und tun so, als ob sie auch Links wären. Ein Martin Höfft brachte für die Würzburger Attac-Gruppe folgendes zu Papier: „Die Globalisierungskritik von ATTAC ist prinzipiell anti-neoliberal ausgerichtet. Sie wendet sich damit gegen eine Ideologie, die zwar erst in der Ära Thatcher/Reagan an Bedeutung gewonnen hat, die sich aber – wie der Name schon andeutet – auf den ökonomischen Liberalismus (und die klassische Nationalökonomie) des 18./19. Jhd. bezieht. Die Kategorien des Marxismus, die damals für die Kritik der klassischen Nationalökonomie entwickelt wurden, sind deshalb auch heute noch für die Kritik des Neoliberalismus von erheblicher Bedeutung und werden von beinahe allen Wortführern der Globalisierungskritik verwendet.“ Attac redet nie wie Marx daher, daß kann man überall nachlesen und sie behaupten dies auch sonst nie, warum also jetzt? Es gibt viele Organisationen, die statt für die Wahrheit und damit für die Emanzipation des Menschengeschlechts zu wirken, Werbung für sich machen wollen und dementsprechend sich auf den Kunden einstellen.
Abgesehen von der offensichtlichen Falschheit der Aussage, Attac hätte mit Marx etwas gemein, ist die Meinung, Marx hätte Kategorien entwickelt, die man als fertiges Werkzeug heute verwenden kann, selbst schon ganz und gar gegen alle Intention von Marx, der keine Kategorien entwickelte, sondern der die Sache selbst kritisieren wollte. Seine Kategorien waren immer Kategorien der Welt, also eben nicht seine Kategorien. Er schuf nicht die Kategorie der Lohnarbeit um die klassische Nationalökonomie zu kritisieren, sondern er fand die Lohnarbeit als moderne und gegenüber der Antike durchaus emanzipierte Form der Sklaverei vor. Er wollte die Lohnarbeit selbst abschaffen und damit auch die Kategorie der Lohnarbeit. Wenn die Kategorien die Herr Marx verwendete tatsächlich seinem Hirn entsprungen wären und ein anderer wiederum das gute Recht hätte, sich andere Kategorien zu basteln, so wären die Bücher von Marx nichts wert. Alle Gedanken über die Welt machen überhaupt nur Sinn, wenn sie wahre Gedanken sind und also von anderen nachvollzogen und selbst gedacht werden können. Der Ausdruck Marxist, der bis heute weitgehend unhinterfragt durchgeht, verweist auf die Schwierigkeit auch derer, die – im Gegensatz zu Attac – die Kritik des Herrn Marx zur Kenntnis nehmen, zu begreifen, daß Marx keine Weltanschauung verkündete, sondern – wie er sich ausdrückte – den versteinerten Verhältnissen ihre eigene Melodie vorsang. Die Melodie empfing Marx von den Verhältnissen selber. Man braucht deshalb nicht Anhänger von Marx zu sein. Anhänger haben Sekten, wie die Christen oder Attac, die sich zum Hoffnungsträger ihrer Gläubigen stilisieren. Statt dessen kann man Marx lesen und begreifen und dann anfangen, die Welt ähnlich selbstbewußt zu denunzieren, wie er es tat. Die erstaunliche Kraft der marxschen Polemik bekommen tumbe Anhänger nicht hin.
V.
Ich komme nun dazu, den reaktionären Gehalt der Globalisierungsgegner ins Licht zu rücken. Die Begründung, die Herr Höft für den Gebrauch marxistischer Kategorien angibt, lese ich noch einmal vor: „Die Globalisierungskritik von ATTAC ist prinzipiell anti-neoliberal ausgerichtet. Sie wendet sich damit gegen eine Ideologie, die zwar erst in der Ära Thatcher/Reagan an Bedeutung gewonnen hat, die sich aber – wie der Name schon andeutet – auf den ökonomischen Liberalismus (und die klassische Nationalökonomie) des 18./19. Jhd. bezieht.“ Marx würde den liberalen Kapitalismus kritisieren und weil wir uns angeblich wieder in einer liberalen Phase des Kapitalismus befänden, deshalb sei Marxens Kritik wieder brauchbar. Der Herr wird Marx nicht gelesen haben. Es ist heute üblich, sich auf Autoritäten zu berufen, die man kaum kennt. Was er Marx unterschiebt ist sein Alltagsverstand, der da ganz grob lautet: Erst war der Kapitalismus schlecht, weil liberal und alle waren nur egoistisch, jeder seines eigenen Glückes Schmied. Dann aber kam die soziale Marktwirtschaft und federte die Übel des Kapitalismus ab. Jetzt aber käme wieder die liberale Ideologie und würde allen schönen Menschheitsfortschritt, den die Sozialgesetze des Herrn Bismarck mit sich brachten über den Haufen schmeißen. Der Staat wäre auf dem Rückzug und dies sei schlimm. Damit würden nämlich die privaten Interessen stärker werden und die seien nicht durch die Demokratie legitimiert. Weil diese Weltsicht angeblich irgendwie auch die des Marx sein soll, so will ich einige Missverständnisse aus dem Weg räumen. Man kann ja bei Marx nachlesen, ob er auf der Seite des Staates gegen das private Interesse war. In seiner lesenswerten Schrift: Die heilige Familie oder Gegen Bruno Bauer und Konsorten schimpft Marx über die Terroristen mit ihren klappernden Guillotinen, also über die Jakobiner, die wohl eine der frühsten Bewegungen waren, die gegen den privaten Eigennutz den Staat und die Tugend in Anschlag brachten. Bis heute glauben Sozialisten und Sozialdemokraten Marx in der Tradition der Jakobiner. Die reale Geschichte berichtet dagegen folgendes von Marx aufgeschriebenes:
„Nach dem Sturz Robespierres beginnt die politische Aufklärung, die sich selbst hatte überbieten wollen, die überschwenglich gewesen war, erst sich prosaisch zu verwirklichen. Sturm und Drang nach kommerziellen Unternehmungen, Bereicherungssucht, Taumel des neuen bürgerlichen Lebens, dessen erster Selbstgenuß noch keck, leichtsinnig, frivol und berauschend ist; wirkliche Aufklärung des französischen Grund und Boden, dessen Gliederung der Hammer der Revolution zerschlagen hatte und welchen nun die erste Fieberhitze der vielen neuen Eigentümer einer allseitigen Kultur unterwirft; erste Bewegungen der freigewordenen Industrie – dies sind einige Lebenszeichen der neuentstandenen bürgerlichen Gesellschaft.“
Der Staat wurde ganz prinzipiell abgelehnt, Marx interessierte die Hervorbringung des Individuums aus dem freien und gleichen Tausch, es war der Eigennutz, der ihm gefiel. Die Staatsgewalt ist das Selbstdementi des von der Aufklärung bejubelten freien Individuums und Notwendig, weil im Gegensatz zum Menschheitspathos der Aufklärer, die Ausbeutung, also die Unterjochung des Menschen unter den Menschen nicht nur weiterging, sondern gar auf höhere Stufe gehoben wurde.
In seiner Kritik am Programmentwurf der Sozialdemokraten zu Gotha – das war der Parteitag, auf dem sich beide Arbeiterparteien vereinigten – wirft er dem Pogramm vor, es sei trotz allem demokratischen Geklingel vom „Untertanenglauben“ an den Staat verpestet. Und kommt daher zu folgendem Schluß:
„In der Tat steht das internationale Bekenntnis des Pogramms noch unendlich tief unter dem der Freihandelspartei … Bismarcks ‚Norddeutsche [Allgemeine Zeitung]‘ war vollständig im Recht, wenn sie zur Zufriedenheit ihres Meister verkündete, die deutsche Arbeiterpartei habe in dem neuen Pogramm dem Internationalismus abgeschworen.“
Im Gegensatz zu Pogrammen der heutigen Staatsanbeter, war im Gothaer Programm von der praktischen „Aufhebung der Ausbeutung in jeder Gestalt“ ebenso die Rede, wie von der „Abschaffung des Systems der Lohnarbeit“. Aber die Forderungen des Pogramms waren durchaus untertänig, etwa nach Einführung einer progressive Einkommenssteuer oder nach allgemeiner und gleiche Volkserziehung durch den Staat. Die Arbeiterparteien waren damals schon wie heute: Emanzipation nicht durch die reale Aktivität, die Praxis, sondern durch Bittstellungen an den Staat. Nicht das Volk erkämpft sich die Rechte, sondern der Staat soll sie gewähren, auf das der bewußtlose Teil der Menschheit, das grummelnde Volk immer eines bleiben muß. Ich erwähnte schon, daß die verwirrten Bittsteller behaupten, der aktive Mensch würde bei ihnen im Mittelpunkt stehen. Die Forderung nach einer Steuer aber ist etwa ebenso abstrakt wie die verhasste Börse. Die immer gerne geforderte Demokratisierung des IWF hat, was die Macht der Einzelnen angeht, keine Auswirkung. Der Staat ist heute schon demokratisch und niemand hat Macht. Der internatonale Währungsfond ist außerdem eine Gläubigerinstitution. Die Kredite, die sie vergeben, sind nicht oktroyiert, sondern freiwillig und von den Regierungen der Krisenstaaten gerne genommene. Gläubiger lassen aber nicht ihre Schuldner mitbestimmen, das ist auch nicht ihre Aufgabe. Man kann sich nicht darüber beklagen, daß Gläubiger einen Gläubigerstandpunkt vertreten.
Glaube an den Staat war nicht das, worauf Marx hinaus wollte, er wollte den Staat nicht stärken, sondern abschaffen. Attac drehen diesen Gedanken um. Sie sehen im Staat nicht den Terroristen, der die individuellen, egoistischen Triebfedern der Menschen zügeln soll, sondern diejenige Instanz, die den Raubtierkapitalismus gezügelt hat. Der egoistische, auf sein eigenes Interesse bedachte Mensch gilt tendenziell als Raubtier. Als terroristisch gilt ihnen dann im Gegenteil der zweckentfremdete Staat, der selbst egoistisch handle. Es liegt aber im Wesen des Staates seine Interessen, seinen es die der Industrie, des Volkes oder sonstige, zu verfolgen.
Zu klären ist, was zwischen den beiden Raubtierphasen des Kapitalismus passierte, also in jenen 150 Jahren, in denen das Kapital durch den Staat angeblich wenigstens gebremst wurden. Schon die deutsche Industrialisierung war nicht liberal wie die englische. Es gab hier zur Gründerzeit keine kecken und frivolen Bürger. Der Staat mußte mithelfen, die Industrie durch – von Marx mißtrauisch beäugte – Schutzzölle zu schützen. Die demokratische Revolution 1848/49 war wenig glorreich. Es wurde der König gezwungen, den Hut vor den gefallenen Arbeitern zu nehmen, anstatt ihm den Kopf abzuschlagen, wie die kecken Franzosen. Der König konnte die Konterrevolution organisieren, gegen das schwache und ängstliche deutsche Bürgertum. Die Nation wurde nicht durch die Bürger gestiftet, wie in Frankreich, sondern der Reichsschmied Bismarck mußte 1871 den für die Kapitalakkumulation notwendigen Staat durchsetzen lassen. Die Sozialgesetze gehen auch auf den Reichskanzler zurück, der damit die Sozialdemokraten befrieden und den Gedanken an Emanzipation auslöschen wollte. Auf den Reichskanzler will sich Attac nie beziehen, obwohl dies stringent wäre. Die kapitalistische Entwicklung brachte die Herrschaft der Monopole hervor, die den kecken Eigentümern ein Ende setzten. Im ersten Weltkrieg metzelten sich die Proleten untereinander ab, erste Erfahrungen mit Giftgas wurden verdrängt. Nach kurzen, beinahe schon neoliberalen Intermezzo in der Weimarer Republik versuchten die Deutschen in der bisher größten vereinten Staatsaktion die Erde durch den Massenmord zu beglücken. Dank der Arroganz der Supermacht USA verlor Deutschland den Krieg und die angebliche Sternstunde der sozialen Marktwirtschaft schlug, die doch in Wahrheit eben auf Bismarck zurückgeht, in der kriegsbedingten Staatswirtschaft weiterentwickelt wurde und im Nationalsozialismus ihren vorläufigen Höhepunkt fand, der dann die von den alten Sozis geforderte gleiche Volkserziehung durch den Staat in die Tat umsetzte. Egoistisch waren die Menschen nach Hitlerjugend und Bund Deutsche Mädels sicher nicht mehr. Wenn Attac und viele andere Organisationen heute so stolz darauf sind, ein „breites gesellschaftliches Bündnis“ zu sein, so kommt dies auch aus dieser Tradition. Die NSdAP war die erste Volkspartei, die NS-Frauenorganisation der größte Frauenverband.
Es sind dies die verleugneten Wurzeln der Attac-Positionen. Es quillt aber doch immer wieder heraus. Ein Interview zwischen einem gelangweilten Reporter und einem Sprecher von Share ist von der Internetseite von Attac herunterladbar. Man hielt die naiven Worte des Wortführers wohl für publizierenswert. Share ist Teil eines Netzwerkes für die Volkskontrolle der Finanzmärkte. Zunächst eine Frage: Der Interviewer meinte, man hätte ja an der Sowjetunion gemerkt, „daß Planwirtschaft nicht funktioniert. Ohne jede Einflußnahme neigt die Wirtschaft aber auch zu so etwas wie Hemmungslosigkeit. Ist möglicherweise die gute alte soziale, ich sag mal deutsche, Marktwirtschaft ein Rezept für die Welt?“
Die Sowjetunion hat recht gut funktioniert. Die Lage nach dem ersten Weltkrieg war in Rußland katastrophal. Keine Moral bei den Truppen, die Deutschen auf dem Vormarsch, Hungersnot, stillstehende Produktion, Bürgerkrieg. das ganze Land noch mitten im zaristischen Feudalsystem, also ohne Industrie. Marx lehrte, daß nur die Arbeiter der fortgeschrittenen Industrieländer die Produktionsmittel aneignen können. Logisch, weil nur diese Industrie zum Aneignen besitzen. Lenin aber, in der Situation, daß gerade die Proleten der fortgeschrittenen Länder den Krieg am meisten bejubeln, drehte den Spieß um. In der Peripherie solle nun die Revolution losgehen. Aber daraufhin, das sah der Plan vor, müsse in Europa und den USA derselbe Weg gegangen werden. Dies geschah bekanntlich nicht. Trotzdem aber schafften es die Bolschewiken die Revolution siegreich zu beenden, und unter grauenerregenden Disziplinierungsmaßnahmen das Land zu industrialisieren und zur Weltmacht zu führen, die die Mordmaschine der Deutschen stoppte. Erstaunlich gut funktionierte die Planwirtschaft.
Auf der anderen Seite – der Reporter ist ein ausgewogener Geist – auf der anderen Seite also „neige die Wirtschaft ohne Einflußnahme auch zu so etwas wie Hemmungslosigkeit“ – „So etwas wie“ – der Reporter kann kaum Deutsch und warum er daß Wort „auch“ benutzt ist nicht einsehbar, weil doch die Wirtschaft in der Planwirtschaft eben nicht so etwas wie ungefähr hemmungslos ist. Und was ist die goldene Mitte, der dritte Weg zwischen Kommunismus und Liberalismus? der Reporter sagt, was Attac verleugnet, es ist die soziale, deutsche Marktwirtschaft. Soviel zur Frage, nun die Reaktion.
Kein ungläubiges Kopfschütteln wegen solchem Sprachmüll, sondern der Wortführer grenzt sich eilfertig von aller Vernunft ab und sagt: „Keiner redet von Planwirtschaft“ Wäre auch wirklich schlimm, die menschliche Naturbearbeitung, -umformung und -aneignung planen zu wollen. Und wie ist das mit der deutschen sozialen Marktwirtschaft, dem vom Außenminister liebevoll so genannten „rheinischem Kapitalismus“? Unser Gerechter ist aus dem Konzept gebracht und stammelt: „Naja, ob man nun aus Deutschland das Rezept für die Welt nehmen sollte? – ist ja nicht allein ein deutsches Modell.“ Er muß drucksen. Ein gutes Modell dürfte ja nun auch aus Deutschland kommen, der Kommunismus zum Beispiel. Aber der negative Nationalist vor dem Tabubruch redet sich raus. Seine Utopie käme ja gar nicht aus Deutschland, wenigstens nicht allein. Stimmt immerhin. Zumindest heute scheint ganz Europa und auch der Bund der Völker, die UNO vom Antisemitismus durchtränkt.
VI.
Attac will natürlich weder antisemitisch, noch nationalistisch sein. Es ist auch nicht so, daß sie dies bewußt wären, aber Antisemitismus ist ein Phänomen, das sich nicht bewußt herstellt. Auch den inzwischen von mir etwas überstrapazierten Herrn Höft ist aufgefallen, daß blöderweise die von ihm sicher nicht gemochten jungen Nationaldemokraten ähnlich daherreden wie Attac und daß man mitunter die Verlautbarungen zu Israel und den Vereinigten Staaten wild durcheinanderschmeißen könnte und niemand würde die Autorenschaft mehr erkennen. Er schließt deshalb aus der Beliebigkeit Attacs ausdrücklich „Rassismus, Antisemitismus, Fremdenfeindlichkeit, Chauvinismus und verwandte Ideologien“ aus und begründet dies damit, „dass eine verkürzte Kapitalismuskritik tendenziell anfällig ist, von völkischen, rassistischen und antisemitischen Bewegungen für ihre Zwecke instrumentalisiert zu werden“.
Dummheit Nummer eins ist das Gerede von der angeblich verkürzten Kapitalismuskritik des Vereins Attac. Die Einführung einer Steuer, ob nun wünschenswert oder nicht, ist keine Kritik am Kapitalismus, auch keine, die zu kurz greift. Will jemand drei Prozent mehr Lohn, so ist dies keine Kritik an der Lohnarbeit. Genauso ist die gefordert Änderung des Verhältnisses zwischen Markt und Staat keine Kritik am Markt oder ein neues Gesetz für die Börse keine Kritik an der Börse.
Die zweiten Aussage, daß die Positionen Attacs von Nazis instrumentalisiert werden könnten, ist ebenfalls unhaltbar. Daß die Postionen ganz unschuldig sind und dann diese hinterhältigen Nazis kämen um sie zu klauen, ist doch sehr seicht. Diese Ansicht der Dinge ist verbreitet und zeigt wie bewußtlos die Globalisierungskritiker sind. Untersuchen wir die angeblich von der NPD instrumentalisierten Positionen, die bei den Antibushdemonstrationen verbreitet wurden. Ich stütze mich auf eine Ausgabe der Bushtrommel. Die Flugschrift ist überschrieben mit dem Satz: „Die Arroganz der Supermacht“. Uncle Sam ist zu sehen, der mit der Welt Jojo spielt. Die Herren der Welt würden nun der ganzen anderen Welt ihre Interessen oktroyieren; alle würden mit der neoliberalen Ideologie infiziert, die als willkürliche politische Maßnahme mißverstanden wird. Die WTO, der IWF und die Weltbank erscheinen als willige Erfüllungsgehilfen der neoliberalen Grundideologie. Ein Virus droht alle zu infizieren und die Grundfesten unserer Demokratie zu untergraben. Die in den letzten „150 Jahren dem Kapitalismus abgetrotzten Errungenschaften“ würden nun auf dem Altar der Finanzmärkte geopfert.
Die Sozialreformen des Herrn Bismarck waren Antwort auf die drohende kommunistische Revolution, sie waren Befriedungsmaßnahmen und durch und durch kapitalistisch. Das, was eventuell nicht kapitalistisch wäre, sollte durch die Errungenschaften abgehalten werden. Die Trennung in Finanzmarkt = Kapitalismus und Sozialsystem = dem Kapital fremde, ja dem Kapital gar abgetrotzte Errungenschaft des Menschengeschlechts, dessen Dasein auf ewig dazu bestimmt sei, von Versicherungskonzernen verwaltet zu werden, ist der Spaltung von produktiver Arbeit in der Fabrik und unproduktiver Spekulation verwandt. Das scheinbar so Konkrete wird dem scheinbar Abstrakten gegenübergesetzt. Die Kritik an der Zirkulationssphäre, die die Produktion ignoriert, affirmiert diese, so wie sie ist. Die Zirkulation würde die gute Produktion im Nachhinein verderben. Ich habe keine Ahnung, ob der Ausruf einer Attac-Frau auf dem diesjährigen Ostermarsch, nämlich, daß Geld keine Werte schaffe, in sonstigen Attackreisen in dieser Form getätigt würde. Er folgt aber direkt aus der Attacposition. Genauso ist Herr Lafontaines Buch ein rechtes.
Wer hilft gegen die arroganten Herren der Welt? Herr Christoph Bautz, der Öffentlichkeitsreferent von Attac Deutschland, meint die Alternative sei Europa. Er sagt im Wortlaut: „Auch wenn die Politik der EU derzeit vom gleichen neoliberalen Zeitgeist infiziert ist, so scheint doch eine Abkehr und eine Rückbesinnung auf wohlfahrtstaatliche Tradition wesentlich leichter durchzusetzen“ Ich übersetze: Europa ist vom Virus infiziert, ist beinahe schon zersetzt, aber er ist dennoch nicht das europäische Virus, sondern artfremd und deshalb hier leichter zurückzudrängen als in den USA. Die aus der Medizin stammende Vokabel „infiziert“ bezieht sich auf dem menschlichen Körper. Wenn Europa infiziert ist, so ist Europa ein Körper. Früher sagte man Volkskörper. Jetzt kommt wahrscheinlich wieder die NPD und verdreht und zweckentfremdet willkürlich die doch so gut gemeinte Position. Um den europäischen Körper zu heilen, muß sich Europa auf die Traditionen rückbesinnen und zur sozialen, ich sag mal deutschen Marktwirtschaft finden. Aber, sagt der Depp von Share, sie ist ja nicht nur eine deutsche Marktwirtschaft.
Es folgt das Fazit des Mister Bautz: „Die deutsche und europäische Politik“ muß „auf entschiedene Distanz zum amerikanischen Unilateralismus gehen und jedweder militärischer Politik im Zeichen der angeblichen Terrorismusbekämpfung eine entschiedene Abfuhr erteilen. Die Schmusekurs-Politik der uneingeschränkten Solidarität mit Amerika muss ein Ende haben“. Der Gegenblock zur USA, das folgt logisch, wird bewaffnet sein müssen und er bewaffnet sich gerade. Mag sein, daß Attac noch von Frieden redet, aber jeder ahnt, daß man dies irgendwann bleiben lassen muß. Der Inhalt der Hetze gegen Amerika ist Krieg und zwar keiner für Öl, sondern einer für Blut. In der gerne von Nazis entfremdeten und für ihre Zwecke mißbrauchten Parole „Kein Blut für Öl“ steckt drin, daß man gerne für anderes bereit ist, sein konkretes dickes rotes Blut zu spenden, nur nicht für privates Interesse. Etwa um die armen Palästinenser zu retten, die von der arroganten Israelis ausgerottet werden, wie Norbert Blüm sich vor kurzem ausdrückte. Auch Norbert Blüm ist kein Nazi, aber die Nazis werden seine Worte ganz ähnlich wie diejenigen von Attac verdrehen und am Ende dasselbe sagen.
Der Titel Bushtrommel ist vom Spiegel abgelauscht, der auch den arroganten Amerikanern unterstellte, sie seinen wie Neger. Der Spiegel titelte „Bushkrieger“. Im dazugehörigen Leitartikel wurden die Amerikaner zu „den Herren der Welt“. Im Text erfährt man dann, daß dies wiederum nicht vom Spiegel stammt, sondern vom Obermullah des Iran, einem Antisemiten. Der aber wird es von Attac haben und für seine Zwecke benutzen.
Von der „Achse des Friedens“ war zu hören. Die gibt es tatsächlich. Der „Unilateralismus pur“ (Attac) der USA wird mittlerweile von einer weltweiten Bewegung bekämpft. In Kairo gibt es regelmäßig antisemitische Massendemonstrationen, der Iran bastelt an einem neuen Atomprogramm um auch militärisch die Supermacht vom Thron zu stürzen bzw. Israel von der Karte zu streichen. Europa rüstet auf. Die von Attac geschätzte UN teilt tatsächlich deren Ansicht und beschimpfte Israel und die USA jüngst in Durban. Ob dies nun eine von Attac begrüßte Aktion war, oder ob die Show der Antisemiten in Durban schon eine Instrumentalisierung und Verdrehung war, weiß ich nicht. Europa schmiedet neue unheilige Allianzen mit der islamischen Welt. Haider besucht den Diktator des Irak, der syrische Staatschef Assad besucht Berlin. Die Außenminister der EU treffen sich mit den Außenministern der arabischen Staaten und der Herr Möllemann macht, was er und seine FDP seit nunmehr 50 Jahren machen so überdeutlich, das Joschka Fischer zur Ruhe mahnen muß. All diese Zweckentfremdungen werden von Attac nicht zu Kenntnis genommen, sie teilen ja dieselben Grundprämissen. Es ist genau diese Politik, die als zwar viel zu ungenügend, aber doch immerhin in die richtige Richtung gehend verklärt wird.
Herr Höft soll nun noch einmal zu Wort kommen, weil er uns, also die Antideutschen Kommunisten völlig unvermittelt erwähnt und dann beinahe so etwas wie ein Dialog zustande kommt, wenn ich ihm antworte. Er kritisierte ,ich habe es vorgelesen, daß die Rechten die Linken immerzu über den Tisch ziehen würden und meint: „Daraus aber zu schließen – und das tun die Antideutschen Kommunisten –, dass jede Kapitalismuskritik, die sich auf die Sphäre des Finanzkapitals konzentriert und für eine Stärkung demokratischer, (heutzutage noch) nationalstaatlicher Entscheidungsgewalt einsetzt, automatisch strukturell antisemitisch sei, geht an der Realität der globalisierungskritischen Bewegungen und von ATTAC völlig vorbei.“
Eine Kapitalismuskritik ist eine am Kapitalismus. Sie kann sich daher nicht auf eine einzelne Sphäre, etwa die des Finanzkapitals beschränken. Produktion und Zirkulation sind eine Einheit. Dies ist trivial. Was in der Fabrik produziert wird, wird im Warenhaus verkauft und nur wenn dies auch geschieht ist die Kapitalakkumulation gelungen. Genauso gehört der Staat zum Kapitalismus. Wer also eine Stärkung des Staates fordert, der ist kein Kritiker des Kapitalismus. Wir haben daher auch nie behauptet, daß jede auf die Sphäre des Finanzkapitals konzentrierte Kapitalismuskritik strukturell antisemitisch ist. Weil wir so etwas nie zu einer Kapitalismuskritik adeln würden. Das Wort struktureller Antisemitismus wird von uns auch gemieden. Die Denkform von Attac ist die antisemitische Denkform. Konkret gegen Abstrakt, Staat gegen Markt, Fabrik gegen Bank, das Volk gegen die da Oben, die Welt in den Fängen der Börse und des Uncle Sam, unsere Demokratie gegen die privaten Neigungen, das Kollektiv, die Völker gegen die Einzelnen. Es ist freilich nicht immer der Jude im Fadenkreuz. Aber jeder weiß, daß die Globalisierungsbewegung gegen Israel hetzt, das heute als Jude unter den Staaten herhalten muß. Auf den Demonstrationen in Berlin gegen Israel marschierten Linksruck und der islamische Djihad nebeneinander. Die italienischen Globalisierungsgegner initiierten eine Boykottkampagne gegen das demokratische Israel.
Die Flucht in den Staat ist autoritäres Reflex auf die drohende kapitalistische Krise. Die Unabwägbarkeiten des Marktes sollen vom Staat sistiert werden, bei allen Freiheitsgeschwafel werden sich die Individuen unterordnen müssen. Die deutsche Krisenlösungsstrategie ist weltweit auf dem Vormarsch. Ob die Hanseln von Attac eine Rolle spielen werden, oder ob sie einfach nur den linksdeutschen Teil auf kommende Aufgaben vorbereiten und dann ähnlich der Ökobewegung wieder verschwinden, dies wird sich zeigen. Attac ist sich seiner Aufgabe zu unbewußt, als das sie ernsthaft Führungsqualitäten besäßen. Kommt die Krise tatsächlich, so wird ein Ruck durch Deutschland gehen müssen. Das Attac in Zukunft eine Vorreiterrolle spielen wird, glaube ich nicht, sie sind doch sehr naiv, wenn sich etwa ein Sprecher darüber beklagt, daß der Bundeskanzler ihr Pogramm nicht kennt. Als ob es die Aufgabe des Bundeskanzlers wäre, dumme Attacprogramme zu lesen. Der Sprecher sagte: „Wenn der Kanzler uns nicht verstehen will, auch wenn wir unsere Forderungen seinen angeblich engsten Beratern erläutern, dann erübrigt sich wohl in Zukunft der Dialog.“ Man dient sich so schön der Macht an, aber die will einen am Ende gar nicht, weil sie ja schon den Fischer hat und den Möllemann, außerdem den Herrn Bundespräsident Rau und den Herrn Exbundespräsident Herzog. Die können auch mahnen und warnen. So bleibt die Regierung arrogant, weil sie sich hoffentlich nicht zu sehr für die Bitten des Volkes interessiert, daß heute auf einem Niveau ist, wie die Bauern, die 1905 gegen den Zaren aufbegehrten und meinten, daß Väterchen Zar schon gut sei, nur von Beratern schlecht informiert.