Stellungnahme zur Besetzung der ehemaligen Traveler’s Aid Society
Besetzung der ehemaligen Traveler's Aid Society
Letzte Nacht – nach einem der beeindruckendsten Tage des Widerstands in letzter Zeit – unternahmen einige von uns von Occupy Oakland einen wichtigen nächsten Schritt: Wir weiteten die Besetzung auf ein leerstehendes Gebäude in der Nähe der Oscar Grant Plaza aus. Wir haben das in erster Linie getan, um uns eine Unterkunft zu sichern, von der aus wir die Organisation in den kommenden Wintermonaten fortführen können. Wir haben aber auch gehofft, das nationale Rampenlicht auf Oakland dafür zu nutzen, andere Besetzungen in kälteren, nördlicheren Regionen zu ermutigen, sich neue Orte anzueignen und in überdachte Räume umzuziehen, um so der Repression des Wetters zu widerstehen, nachdem sie sich so mutig der Repression der Polizei und des politischen Establishments widersetzt hatten. Wir wollen, dass es diese Bewegung auch nächstes Frühjahr noch gibt und die Aneignung von ungenutzten Räumen ist unserer Ansicht nach im Moment der nächstliegendste Schritt, um vorwärts zu kommen. Wir hatten schon Pläne, diesen Ort ab heute als Bibliothek zu benutzen, als Ort für Seminare und Workshops und als Schlafsaal für Leute mit Gesundheitsproblemen. Wir hatten schon angefangen, Bücher aus der Bibliothek umzuziehen.
Das auserwählte Gebäude war perfekt: Nicht nur war es ganz in der Nähe der Oscar Grant Plaza; es war früher das Gebäude der Traveler’s Aid Society gewesen, einer Non-Profit-Organisation, die Dienste für Obdachlose zur Verfügung gestellt hatte, aber durch Kürzungen öffentlicher Mittel den Mietvertrag verloren hatte. Da Occupy Oakland jeden Tag Hunderte von Menschen mit Essen und Unterkunft versorgt und sie in die täglichen Aufgaben des Camps einbezieht (wenn sie es wünschen), denken wir, dass wir die idealen Mieter dieses Ortes sind, auch wenn wir nicht bereit sind, dafür zu zahlen. Das alles sollte ohnehin keine Überraschung sein; es wird in der Bewegung jetzt schon seit Monaten über eine solche Aktion geredet und die Vollversammlung von Oakland hat kürzlich dafür gestimmt, solche Besetzungen zu unterstützen, auf materielle und sonstige Weise. Business Insider diskutierte diese Entscheidung in einem Artikel mit dem Titel „Das Unvermeidliche ist passiert“.
Es ist uns bewusst, dass eine solche Aktion illegal ist, genauso wie es auch illegal ist, auf dem Oscar Grant Plaza zu zelten, zu kochen und zu leben, wie wir es schon eine Weile tun. Es ist uns bewusst, dass das Eigentumsrecht besagt, dass wir uns letzte Nacht des Hausfriedensbruchs, wenn nicht gar des Einbruchs, schuldig gemacht haben. Trotzdem wurden wir von der heftigen Polizeiaktion überrascht. Wieder einmal mobilisierten sie Hunderte von PolizistInnen, bis an die Zähne bewaffnet mit Bean-Bag-Gewehren, Tränengas und Blendschockgranaten, obwohl diese angeblich „nicht-tödlichen“ Waffen letzte Woche beinahe jemand getötet hätten. Die Stadt hat Hunderttausende von Dollars ausgegeben, um das Recht eines einzigen Vermieters zu schützen, ein paar Tausend Dollars monatlich zu verdienen. Warum? Während die Hafenblockade – eine Aktion, die Verluste von Millionen von Dollars verursachte – keinen Widerstand hervorrief, wurde auf den Versuch, ein einziges leerstehendes Gebäude einzunehmen, schnell und brutal reagiert. Die Antwort: Sie fürchten diesen logischen nächsten Schritt der Bewegung mehr als alles andere. Sie fürchten ihn, weil sie wissen, wie viel Anklang er finden wird. Überall in den USA stehen Tausende von Geschäfts- und Wohngebäuden leer, während immer mehr Menschen gezwungen sind, auf der Straße zu schlafen, oder in die Armut getrieben werden, wenn sie versuchen, ihre Mieten trotz Arbeitslosigkeit oder Hungerlöhnen zu zahlen. Wir verstehen, dass der Kapitalismus ein System ist, dem menschliche Bedürfnisse gleichgültig sind. Er ist ein System, das gleichzeitig Hunderttausende von leeren Häusern und Hunderttausende von Obdachlosen produziert. Die Polizei ist die Trennlinie zwischen diesen Menschen und diesen Häusern. Sie sagen: Ihr könnt in Eurem rattenverseuchten Park bleiben. Ihr könnt hier draußen zelten, so lange Ihr wollt. Aber sobald Ihr die Eigentumsrechte bedroht, greifen wir Euch an, mit aller Gewalt.
Es ist nicht mehr klar, wer in Oakland das Sagen hat. Zur gleichen Zeit, als sich das OPD und die Alameda County Sherrifs in Montur warfen und sich bereit machten, Köpfe einzuschlagen und Leute auf der 16th St. mit Gas zu beschießen, gab Bürgermeisterin Quan eine Erklärung ab, dass sie mit uns über die Rückgabe des Gebäudes an die Traveler’s Aid Society reden wollte. Es ist klar, dass die Feindschaft zwischen der Bürgermeisterin und der Polizei so stark geworden ist, dass die Polizei jetzt eine autonome Kraft ist, die ihre eigenen Entscheidungen trifft, ohne Rücksicht auf das Rathaus. Umso weniger Grund für uns, ihnen zuzuhören oder ihre Autorität anzuerkennen.
Wir verstehen, dass ein Großteil der Diskussionen über letzte Nacht sich um die Gewaltfrage drehen werden (sie meinen allerdings meistens Gewalt gegen „Eigentum“, was irgendwie seltsamerweise damit gleichgesetzt wird, Menschen zu verletzen). Wir wissen, dass es viele verschiedene Ansichten zu dieser Frage gibt, und wir sollten den Platz schaffen, darüber zu reden. Aber wir wollen den Bullen und der Bürgermeisterin Folgendes sagen: Es wurde erst „gewalttätig“, als die Polizei kam. Die Kampfbullen marschierten in der Telegraph St. auf, und dann wurden die Barrikaden angezündet. Die Kampfbullen marschierten in der Telegraph St. auf, und dann flogen Flaschen und Fenster wurden eingeworfen. Die Kampfbullen marschierten in der Telegraph St. auf, und dann tauchte überall Graffiti auf.
Das Fazit ist klar: wenn die Polizei keine Gewalt will, dann soll sie gefälligst wegbleiben.
3/11/2011
Quelle: http://www.indybay.org/newsitems/2011/11/03/18697018.php