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Sergio Leone: Once Upon A Time The Revolution
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„Die Revolution ist keine Abendgesellschaft, kein Literaturereignis, kein Gemälde und keine Stickerei; sie kann nicht mit Eleganz und Höflichkeit durchgeführt werden. Die Revolution ist ein Akt der Gewalt...“ (Mao Tse-Tung)
Das Menetekel des Wunsches, diese Gesellschaft zu revolutionieren, die Produktionsweise umzuwälzen und die Produktivkräfte anders hervorzubringen und besser zu verwenden, ist eigentlich und durchsichtig von Professor Adorno wie folgt auf den Punkt gebracht worden: „Gegen die, welche die Bombe verwalten, sind Barrikaden lächerlich; darum spielt man Barrikaden, und die Gebieter lassen temporär die Spielenden gewähren.“ Oder: „Die Zeiten, da man noch Barrikaden bauen konnte, sind fast schon so selig, wie die, da das Handwerk einen goldenen Boden hatte.“ Kein Wunder also, dass die Revolution in der von radikalen Studenten geprägten Linken ab den 60er Jahren eher als Revolutionsromantik vorkam. Insbesondere die mexikanische Revolution eignete sich gut als Projektionsfläche, da sie schon lange gescheitert war, aber gleichzeitig als Bauern- und Banditenrevolution den Anschein erweckte, die rein Unterdrückten zu repräsentieren, die dann natürlich am Ende doch die Geprellten waren.
Jetzt mit der Königsgrippe scheint die Revolutionsromantik einmal mehr zu verblassen: „Als wir die Rue Saint-Denis hinaufgingen, blieb unseren armseligen Mündern nur ein armseliges dreisilbiges Wort: ‚li-ber-té‘. Es klang nach der ‚Re-vo-lu-tion‘, die, aus einer ganz anderen Zeit kommend, am 16. März 2019 auf magische Weise die Champs-Élysées in Wallung brachte, wie eine Rückkehr zum absoluten politischen Minimum. Eine Sache ist es, die Revolution zu skandieren, die man nicht zustande bringt. Eine andere ist es, eine Idee für sich zu reklamieren, die so ätherisch ist, dass sie den Eingang zu den Gefängnissen der Republik zieren kann.“
Eine gute Gelegenheit also, um sich sowohl mit Revolution wie mit Revolutionsromantik zu beschäftigen. Der Film Es war einmal die Revolution von Sergio Leone sollte dabei helfen. Er schildert die Freundschaft eines armen mexikanischen Banditen mit einem inzwischen exilierten Sprengstoffexperten der Irischen Republikanischen Armee (IRA). Juan und John. Beide wollen mit der Revolution nichts zu tun haben. Juan noch nie; der große Traum des Banditen ist die Bank in Mesa Verde. John träumt nicht mehr; der Ire hat das Thema schon durch und plant seine Sprengkunst für einen Minenbesitzer einzusetzen und nicht mehr für die IRA. Es kommt anders. Der Bandit schiebt dem Iren einen Mord an eben diesem Minenbesitzer und einigen Soldaten in die Schuhe, der Ire rächt sich, indem er sich scheinbar doch auf den Bankraub einläßt. Aber das Städtchen Mesa Verde ist inzwischen ein Stützpunkt der Gegenrevolution geworden, der inzwischen vogelfreie John hat Kontakt mit einer Zelle Aufständiger aufgenommen, und statt Gold befinden sich politische Gefangene in den festen Mauern der Bank. Was latent als sogar seichte Komödie anfängt, gewinnt an Ernst. Die neuen Freunde werden in die Revolution gezogen.
Der ganze Film hat sein Zentrum in einem kurzen Gespräch zwischen dem Banditen und dem Iren: „Revolution? Erzähl mir nichts über Revolutionen. Ich weiß alles darüber. Leute, die lesen können, gehen zu denen, die nicht lesen: ‚Es muss sich was ändern.‘ Also ändern die armen Leute was, und dann setzen sich die Bücherleser um einen Tisch und reden und reden und essen und essen. Und was ist mit den armen Leuten? Die sind tot!“ Worauf der Ire ein Buch von Bakunin in den Schlamm wirft.
Die feindlichen Truppen rücken heran, die revolutionäre Armee zieht sich auf Geheiß eines intellektuellen Anführers zurück und versteckt sich, während Juan und John symbolisch alleine eine riesige Übermacht aufhalten. Es hilft nichts, die Revolutionäre werden gemetzelt, es gibt durch (angedrohte) Folter erzwungenen Verrat durch eben dem intellektuellen Anführer. John und Juan wollen sich nach Amerika absetzen, aber der Zug dorthin wird von einer revolutionären Vorhut überfallen, und die beiden landen noch tiefer in der Revolution. Die Armeen Villas und Zapatas sind im Anmarsch, und es gilt noch 24 Stunden auszuhalten. Der Film endet düster in einer - man weiß nicht genau, ob siegreichen - letzten Schlacht im Stahlgewitter der Maschinengewehre, mit dem Tod des irischen Revolutionärs und dem Stoßseufzer des Banditen: „Was wird aus mir?“
Die Musik zum Film schrieb der Ennio Morricone, sonst eher bekannt aus dem Film Die Arbeiterklasse kommt in den Himmel aus demselben Jahr. Letzterer ist ein direkter Kommentar zum latenten Bürgerkrieg in Italien in den 70ern. Es war einmal die Revolution versteht man aber auch besser vor den Hintergrund der sich zunehmend entfaltenden Arbeiterkämpfe in diesem Land zu dieser Zeit.
Der inhaltlich dichte Film hat - sagt man - seine Längen und tatsächlich ziehen sich die einzelnen, statischen Szenen mitunter etwas sehr. Daher fangen wir diesmal pünktlich um 19:30 an. Offen ist der Raum ab 19:00.
Es war einmal die Revolution
Regie: Sergio Leone
Musik: Ennio Morricone
1971, 156´
• Manteuffelstraße 20 • Berlin-Kreuzberg • Mittwoch, 1.2.2023 • 19:00 (Filmanfang pünktlich um 19:30)