Veranstaltung, Laidak, 7.6.2015, 19:30
Und mal wieder … Definitionsmacht
Gabs vor schon einiger Zeit ein wenig beinahe Streit mit den sogenannten Feministen zweier feindlicher Lokalitäten (Kaffeetisch und Tristezabar). Letztere hatten ohne weitere Begründung ein Hausverbot gegen einen der Laidakwirte ausgesprochen: Die gefürchtete Definitionsmacht einer Frau und ihrer angeblichen Unterstützer hatte gegriffen. Das Ganze war recht lahm, aber immerhin gabs damals ein wenig persönliche Zerwürfnisse zwischen Leuten die mit der Sache gar nichts zu tun hatten. Und politisch gabs immerhin ein Flugblatt gegen Kaffeetisch und Tristeza, eine ungedruckte Broschüre und eine Veranstaltung mit Les Madeleines. Außerdem noch die Veröffentlichung eines nachdenklichen Essais von Franza Ranner zum Thema Geschlechter und Linke.
Jetzt gibts einen Nachschlag, nämlich eine weitere Veranstaltung im Laidak:
»„V*rg*w*lt*g*r wir kriegen Euch!“ – über den Begriff der Vergewaltigung, Definitionsmacht und die aktuelle Rechtslage in Deutschland.
Der früher beliebte T-Shirt-Aufdruck „Vergewaltiger wir kriegen Euch!“, der einst zur Selbstjustiz aufrief, ist heute kaum noch außerhalb feministischer Archive anzutreffen – zumindest nicht ohne Triggerwarnung oder Unkenntlichmachung der Vokale. Das Wort „Vergewaltigung“ bringen viele nicht einmal mehr über die Lippen, Begriffe wie „Grenzverletzung“ oder „Übergriff“ werden hingegen zunehmend zum Sammelsurium für alles und nichts. Der Anspruch, Gewalterfahrungen ausschließlich subjektiv von Betroffenen bestimmen zu lassen, scheint konsequenterweise zu einer allgemeinen Sprachunfähigkeit geführt zu haben.
Andererseits ruhen sich gerade diejenigen, die im Zuge von Definitionsmachtdebatten immerzu klare Begriffsbestimmungen einfordern, weiterhin auf den juristischen Definitionen des bürgerlichen Strafgesetzbuches aus. Nicht nur, dass infolgedessen sämtliche Formen sexualisierter Gewalt, die nicht einer „Vergewaltigung“ nach Paragraf 177 entsprechen, regelmäßig unter den Tisch fallen, auch wird die positive Thematisierung von Fragen der Selbstbestimmung in sexuellen Beziehungen (Safer Sex, Reproduktive Entscheidungen, Kommunikation über Bedürfnisse und Grenzen, etc. ) in der Regel komplett außen vor gelassen.
Dass sowohl juristische wie auch individuelle Gewaltdefinitionen der Realität sexualisierter Gewalt nicht gerecht werden (können), soll Thema des Vortrags sein. Die Beschäftigung mit der Definitionsmacht mag sinnlos geworden sein, die Auseinandersetzung mit sexualisiert Gewalt ist es leider nicht.
Lisa Frei war zeitweise aktiv in einer Unterstützungsgruppe für Betroffene sexualisierter Gewalt in Berlin und arbeitet momentan als Sexualpädagogin mit Kindern und Jugendlichen, unter anderem zu den Themen Sexuelle Selbstbestimmung / Sexualisierte Gewalt.«
• Schankwirtschaft Laidak • Boddinstr. 42/43 • Berlin-Neukölln • Sonntag, 7.6.2015 • 19:30